Essen-Kettwig. Jürgen Wagener ist mit der Kamera versteckten Kleinoden in Essen-Kettwig auf der Spur. Mit seinem Fotoband geht es auf Entdeckungstour.
Die meisten von uns eilen durch die Straßen, oft genug den Blick aufs Smartphone und nicht auf die Umgebung gerichtet. Dabei haben die Häuser links und rechts von uns, und vor allem ihre Türen, viel Interessantes zu bieten. Der Kettwiger Jürgen Wagener ist ein aufmerksamer Betrachter der funktionalen Ein- und Ausgänge. Mit seiner Kamera hat er schon unzählige Exemplare erfasst. Die schönsten sind jetzt in einem Fotoband versammelt: „Kettwiger Türen“.
Es gibt eine Reihe von versteckten Türen in Kettwig
Jürgen Wageners Fotoband ist passend zu Ostern erschienen: Beim Durchblättern begibt man sich nämlich auf die Suche. Nicht nach bunten Eiern, sondern nach Örtlichkeiten: „Diese Tür habe ich schon mal gesehen. Aber wo genau war das doch gleich?“
Der Kettwiger nimmt es mit einem amüsierten Augenzwinkern zur Kenntnis. „Es gibt eine Reihe von versteckten Türen, da muss man schon mal über einen Hof oder durch eine der engen Altstadtgassen gehen, um die Kleinode zu entdecken“, beschreibt der 83-Jährige seine Motivjagd.
Tür gehörte zum Portal des evangelischen Krankenhauses
So eröffnet sich beispielsweise hinter einem Törchen am Kringsgat ein kleiner Hof – idyllisch mit Sitzbank und Blumenbeeten. Die mit Stuckarbeiten verzierte weiße Tür zum Wohnhaus gehörte einst woanders hin – zum Portal des evangelischen Krankenhauses in Kettwig, weiß Jürgen Wagener. Das Gebäude selbst beherbergte lange Pferdestallungen für Anspanndienste „und nach dem Krieg gab es dort eine Kohlenhandlung“.
Jürgen Wagener ist im besagten evangelischen Krankenhaus zur Welt gekommen. Die ersten acht Jahre seines Lebens wuchs er in der Straße Zur alten Fähre vor der Brücke auf, wo der Vater eine Konditorei betrieb. Er besuchte die Pestalozzischule („eine Volksschule, die gibt es schon lange nicht mehr“) und absolvierte eine Optikerlehre.
Auch interessant
Das Fotografieren war schon in der Jugend sein bevorzugtes Hobby. So verschlug es Wagener nach der Ausbildung auch zunächst zur Ufa Werbefilm. Dort war er als Kameramann tätig.
„Wir haben Industrie- und Dokumentarfilme gedreht, aber auch Zeichentrickfilme“, berichtet er. In den späten 1960er Jahren kriselte allerdings das Gewerbe, der Kettwiger kehrte in den erlernten Beruf zurück. 35 Jahre arbeitete er in der optischen Industrie.
Der Kettwiger widmet sich Details wie Klopfern und Knäufen
Seitdem er im Ruhestand ist, hat Jürgen Wagener sein Hobby weiter ausgebaut, dokumentiert das Kettwiger Alltagsgeschehen. Seit zweieinhalb Jahren rücken immer wieder Türen in den Fokus. „Sie erzählen viel über die Menschen, die hier wohnten und wohnen“, meint er.
Buch und Poster
Der Hardcover-Fotoband „Kettwiger Türen“ von Jürgen Wagener hat 56 Seiten im A4-Querformat und ist für 19,80 Euro im Buchhandel sowie über den Verlag auf www.hummelshain.eu erhältlich (ISBN 978-3-943322-446).Dazu gibt es ein Poster, das 25 Kettwiger Türen zeigt. Es kostet acht Euro und ist im Handel und beim Verlag erhältlich.
Ob die Türen aus Holz sind oder dieses nachahmen, ob sie schwer und reich verziert sind, oder schmucklos bleiben: Den Kettwiger fasziniert die Wirkung am Haus, er nimmt aber auch gerne Details, wie zum Beispiel Knäufe, Klopfer, Stuck- und Fensterelemente, auf. „Türen repräsentieren einerseits Wohlstand und Selbstbewusstsein. Die abgeblätterten Exemplare voller Gebrauchsspuren erzählen andererseits vom schweren Alltag.“
Den Vorteil einer Klöntür erfährt er in Schuir
Ab und zu werde er von Anwohnern angesprochen, „die etwas misstrauisch sind“, oft wecke sein Auftreten aber auch Interesse. Etwa bei einem Landwirt in Schuir, der stolz aus seiner Klöntür herausschaut. „Klöntüren haben den Vorteil, dass der obere Teil zum Lüften – oder eben zum Klönen – aufgemacht werden kann, ohne dass Kleinvieh ungebeten hereinspazieren kann“, weiß der Fotograf.
Er regt dazu an, den Blick beim nächsten Spaziergang durch die Heimat neu und anders zu lenken. Ob man mit seiner Türsuche richtig liegt, lässt sich übrigens schnell nachschlagen: Ein Register gibt am Buchende Auskunft über die Orte.