Essen. Zur Bekämpfung der Wasserpest auf dem Baldeneysee hat der Ruhrverband ein neues Mähboot in Betrieb genommen. Dank eines Tüftlers fährt es autonom.
Die aktuellen Temperaturen fühlen sich zwar eher nach Winter- denn als Wassersport an. Doch auf dem Baldeneysee rückt der Saisonstart näher. Pünktlich hat der Ruhrverband ein neues Mähboot in Betrieb genommen. Der Clou: Es fährt autonom, ganz ohne Steuermann.
Autonomes Fahren, das kennt man sonst aus der Autoindustrie, wo erste Versuche mehr oder minder erfolgreich verlaufen. Auf dem Baldeneysee lässt sich die neue Technik bald im Einsatz gegen die alljährlich wiederkehrende Wasserpest bestaunen.
Der automatische Fahrassistent hält trotz Wind und Strömung Kurs auf dem Baldeneysee
Die Geschichte dahinter liest sich wie eine Erfolgsstory aus einem Erfindermagazin. Denn den GPS-gesteuerten Fahrassistenten hat ein Tüftler und Hobby-Segler entwickelt. Stephan Werbeck heißt der Mann. Sein Revier ist der Hengsteysee, der – wie der Baldeneysee – in der warmen Jahreszeit regelmäßig zuwuchert. Die Elodea, eine aus kanadischen Gewässern stammende Wasserpflanze, verdirbt den Seglern den Spaß an ihrem Sport. Stephan Werbeck wollte dem nicht länger tatenlos zusehen und entwickelte in Kooperation mit der Fernuniversität Hagen eine automatische Bootssteuerung.
Selbstfahrende Mähroboter kennt man aus so manchem Garten. Auch in der Landwirtschaft kommt die Technik längst zum Einsatz. Das besondere an dem autonomen Mähboot ist jedoch: Wie ein guter Navigator muss der vollautomatische Fahrassistent auch Wind und Strömung mit berücksichtigen.
Die Messer des Mähbootes erwischen die Wasserpest bis in zwei Metern Tiefe
Werbecks Praxistests auf dem kleineren Stausee ruhraufwärts liefen so erfolgreich, dass der Ruhrverband den Tüftler vom Hengsteysee mit einem Hersteller von größeren Mähbooten zusammenbrachte, berichtet Markus Rüdel, Sprecher des Wasserversorgers.
Das Ergebnis der fruchtbaren Zusammenarbeit ist zehn Meter lang, drei Meter breit und zehn Tonnen schwer. Im Hafen am Hardenbergufer hat das neue Mähboot festgemacht. Angetrieben wird es von einem 120 PS starken Dieselmotor. Während der Saison verstärkt es die „Nimmersatt“, das Mähboot des Ruhrverbandes mit konventioneller Steuerung.
Dank des GPS kann das neue Boot den See äußerst präzise abfahren. Die Koordinaten der zu mähenden Fläche werden vorher in das System eingespeist. Die Messer erwischen die Elodea bis in zwei Metern Tiefe, also bevor sie explosionsartig wächst und die Wasseroberfläche erreicht. „Wir gehen davon aus, dass wir effizienter mähen werden“, sagt Matthias Schallenberg, als Betriebsleiter zuständig, für die Stauseen und Talsperren des Ruhrverbandes. 150 Kubikmeter Grünzeug kann das Boot einsammeln, bevor es den Hafen zum Entladen ansteuern muss.
Jahrhundertflut im Juli 2021 hat die Wasserpflanzen im Baldeneysee herausgerissen
Das neue Mähboot fährt zwar autonom, ist aber kein Geisterschiff. Ein Schiffsführer an Bord achtet darauf, dass niemand in die Messer gerät und kann im Notfall das Steuer übernehmen.
Elodea 2008 im Baldeneysee erstmals gesichtet
Die auch Wasserpest genannte Elodea tauchte in der Ruhr erstmals im Jahr 2000 im Harkortsee auf. 2008 wurden die ersten Pflanzen im Baldeneysee gesichtet. Seitdem kehrt sie mehr oder minder regelmäßig zurück. Die Elodea ist nicht schädlich, ihre Verbreitung ist vielmehr ein Hinweis auf die verbesserte Wasserqualität, denn klares Wasser begünstigt ihr Wachstum. Der Ruhrverband erprobt verschiedene Methoden gegen die wuchernde Pflanze, da diese den Wassersport stark behindert. Als effizient, aber nicht nachhaltig erwies sich das Abmähen. Der Ruhrverband verfügt inzwischen über drei Mähboote, zwei davon sind auf dem Baldeneysee im Einsatz. Das neue Boot hat der Wasserversorger geleast.
Wann die Elodea wohl in diesem Jahr auftaucht? Im vergangenen Juli hat das Jahrhunderthochwasser die Pflanzen ausgerissen und hinfortgespült. „Das heißt aber nichts für die kommende Saison“, sagt Matthias Schallenberg.
Mit der Elodea hat die Juli-Flut übrigens auch jene Armleuchteralgen davongetragen, die der Ruhrverband auf zwei Testfeldern ausgebracht hatte. Sie sollten sich auf dem Grund des Baldeneysees ausdehnen und der Elodea Platz und Licht zum Wachsen nehmen. Der Versuch muss nun wiederholt werden.
Ende April werden Taucher ins Wasser steigen und den Grund nach noch jungen Elodeatrieben absuchen. Im Juni dürfte der Ruhrverband klarer sehen, wie weit sich die Wasserpest im See verbreitet hat. Für das neue Mähboot ohne Steuermann heißt es dann: Leinen los!