Essen. Auf dem Harkortsee wird ein autonom fahrendes Mähboot erprobt. Im Erfolgsfall könnte die Technik auch auf dem Baldeneysee zum Einsatz kommen.

Not macht erfinderisch, sagt der Volksmund. Diese Weisheit soll sich auch beim Kampf gegen die „Wasserpest“ bewahrheiten, die Sportlern und Freizeitkapitänen auf dem Baldeneysee in diesem Sommer wieder arg zusetzt. Eine bahnbrechende Innovation, was in diesem Fall wörtlich zu nehmen ist, erscheint dem Ruhrverband jedenfalls sehr vielversprechend.

Stephan Werbeck, Ingenieur und als solcher Spezialist für Automatisierungsverfahren, hat sie entwickelt. „Denn was stört einen Segler mehr als die Elodea“, sagt der Hobbysegler vom Harkortsee. Auch auf dem deutlich kleineren Ruhrstausee wuchert regelmäßig die Wasserpest. Als sie die Pflanze dort 1999 zum ersten Mal auftauchte, schenkte der Ruhrverband dem ungebetenen Besucher noch keine rechte Bedeutung, erinnert sich Thomas Brinkmann, beim Wasserversorger zuständig für die östlichen Stauseen. Das sollte sich ändern, spätestens als sich die Elodea auch in den Seen weiter flussabwärts rasend schnell ausbreitete.

Das Wachstum der Elodea setzte auf dem Baldeneysee drei Wochen früher ein als 2019

Seit Anfang Juli vermehrt sich die Elodea auch wieder im Baldeneysee. Das Wachstum setzte diesmal etwa drei Wochen früher ein als im vergangenen Jahr, als drei kurz aufeinander folgende Frühjahrshochwasser viele der noch jungen Triebe mit fortrissen und dadurch die flächendeckende Ausbreitung der Pflanze verzögerten. Inzwischen sind weite Teile der Flachwasserbereiche bedeckt.

Stephan Werbeck kann die Hände in den Schoß legen, das Mähboot fährt autonom.
Stephan Werbeck kann die Hände in den Schoß legen, das Mähboot fährt autonom. © WP | Foto: Michael Kleinrensing

Auf dem Harkortsee rückt der dortige Yachtclub der Wasserpest mit einem kleinen Mähboot zu leibe, dass der Ruhrverband den Seglern zur Verfügung stellt, um Stege und Fahrrinne frei zu halten. Auch Tüftler Stephan Werbeck setzt sich als ehrenamtlicher Helfer ans Steuer. Was ihn störte: Erst wenn die Pflanzen bis dicht an die Wasseroberfläche heranreichen, kann der Bootsführer das wuchernde Grün erkennen und weiß, wo er zu mähen hat. Der Schiffsführer der „Manati“, dem deutlich größeren Mähboot, das auf dem Baldeneysee im Einsatz ist, hat das gleiche Problem.

Der Fahrassistent erlaubt es dem, den See präziser und systematischer abzumähen

Stephan Werbeck hat deshalb einen GPS-gesteuerten Fahrassistenten entwickelt. Dieser macht es möglich, abzumähende Flächen auf dem See präzise zu bestimmen und systematisch abzufahren, und zwar unabhängig davon, ob die Elodea bereits an der Oberfläche zu sehen ist oder nicht.

Der Fahrassistent nutzt dafür zwei GPS-Geräte an Bord und ein weiteres, fest installiertes Gerät an Land. Der jeweilige Standort des Mähbootes lässt sich bis auf wenige Zentimeter genau bestimmen, erläutert Werbeck, der vom Ruhrverband und von der Fernuniversität Hagen bei seiner Entwicklung unterstützt wurde. Dort entwickelte Professor Christian Icking anhand der vom GPS erfassten Daten ein mathematisches Modell für das Softwaresystem der Bootssteuerung. Das Mähboot fährt dadurch autonom und steuert vollautomatisch. Der Schiffsführer kann während der Mahd die Hände getrost in den Schoss legen. Eingreifen müsste er nur im Notfall.

In der Landwirtschaft kommt eine vergleichbare Technik zum Einsatz

In der Landwirtschaft kommt eine vergleichbare Technik schon länger zur Anwendung, zum Beispiel in Mähdreschern. Für Boote, die aufgrund von Wind und Strömung, schwieriger auf Kurs zu halten sind, sei es eine Innovation, weiß Stephan Werbeck zu berichten. „Wir haben ein solches System nirgendwo gefunden“, bestätigt Hans-Walter Fink von der Interessengemeinschaft Baldeney.

Der Fahrassistent soll in diesem Jahr auf dem Harkortsee und auf dem Hengsteysee weiter erprobt werden. Hans-Walter Fink hofft, dass auch das Mähboot auf dem Baldeneysee mit der neuen Technik ausgestattet wird, wenn sich diese bewährt. Thomas Brinkmann vom Ruhrverband kann sich das durchaus vorstellen. Die Elodea, die umso schneller wächst, je näher sie der Wasseroberfläche kommt, ließe sich effektiver bekämpfen. Auch wenn es ein „Kampf gegen Windmühlen“ bliebe. Denn die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt: Im nächsten Sommer kommt sie ganz bestimmt wieder.