Essen. Der Essener Spediteur Dirk Torwesten hat einen Hilfstransport für die Ukraine organisiert – und fährt selbst. Befreundete Unternehmer ziehen mit.

In Essen hat sich ein weiterer Hilfstransport auf den Weg zur polnisch-ukrainischen Grenze gemacht. Der Kupferdreher Spediteur Dirk Torwesten und David Herbst, einer seiner Tankbierfahrer, sind mit einem vollgeladenen 40-Tonner und einem Werkstattwagen samt Anhänger unterwegs ins Krisengebiet. An Bord der Fahrzeuge befinden sich Skianzüge, Hygieneartikel und Lebensmittel.

Die Entscheidung zu helfen sei spontan gefallen. Mitte letzter Woche liest Dirk Torwesten im Newsletter, den diese Zeitung jeden Abend verschickt, von den verschiedenen Hilfsaktionen in Essen. Zuerst will er sich einer Initiative anschließen, dann stellt er kurzfristig selbst ein Hilfsprojekt auf die Beine. „Hinter unserer Hilfsaktion für die Ukraine steht ein Netzwerk befreundeter Unternehmer aus der ganzen Region“, sagt Torwesten. Und fügt hinzu: „Wir alle hatten das Gefühl, dass jeder Einzelne selbst mitanpacken und helfen muss.“

Hinter dem Hilfstransport steht ein Netzwerk befreundeter Unternehmer aus der Region

Der 40-Tonner hat 20 Paletten Skikleidung und zehn Paletten Hygieneartikel geladen. Die Anzüge haben die Inhaber der Neusser Skihalle gestiftet, die Hygieneartikel ein namhafter Discounter.
Der 40-Tonner hat 20 Paletten Skikleidung und zehn Paletten Hygieneartikel geladen. Die Anzüge haben die Inhaber der Neusser Skihalle gestiftet, die Hygieneartikel ein namhafter Discounter. © OH

Unterstützt wird die Aktion vom Verein „Wir helfen Kindern e.V.“ mit dem Essener Wilfried Duesing an der Spitze. Der Verein werde mit Hilfe einer ukrainischen Ärztin dafür sorgen, dass die Hilfsgüter in der Ukraine weiterverteilt werden. „Damit ist gewährleistet, dass die Hilfe schnell und sicher dort ankommt, wo sie gebraucht wird“, sagt Duesing, der sich über die große Spendenbereitschaft in der Region freut.

Es ist keine neun Monate her, da steckte der Bierspediteur Torwesten selbst in der Klemme. Die Jahrhundertflut hatte den Deilbach Mitte Juli 2021 in einen reißenden Strom verwandelt und einen riesigen Krater ins unterspülte Firmengelände im Gewerbegebiet Prinz Friedrich gerissen. Das spektakuläre Bild mit dem Tanklastwagen, der in den Krater sackte und in den Fluten absoff, ging über die Fernsehsender. Wenige Tage später rückte eine Pionier-Einheit der Bundeswehr an, um das Speditionsgelände mit einer provisorischen Brücke befahrbar zu machen.

Nach Deilbach-Flut brauchte Dirk Torwesten selber Katastrophenhilfe: Bundeswehr kam

„Ich war dankbar für die Katastrophenhilfe, jetzt will ich selber anderen helfen“, sagt Dirk Torwesten. An Bord des 40-Tonners befinden sich allein 20 Paletten mit hochwertigen, kaum getragenen Ski-Anzügen im Wert von 350.000 Euro, gestiftet von der Neusser Skihalle. Warme Kleidung, die in frostigen Winternächten Leben retten kann. Weitere zehn Paletten enthalten Desinfektionsmittel, Monatsbinden, Babywindeln und Seife. Gespendet hat sie ein namhafter Discounter.

Ukraine-Hilfe statt Bier

Der Essener Spediteur Dirk Torwesten hat sich auf den Transport von Bier spezialisiert. Mit seiner Flotte aus 100 Tanklastzügen fährt er im Auftrag von Brauereien in ganz Europa Bier zu Abfüllanlagen.

Über den Essener Verein „Wir helfen Kindern e. V.“ werden weitere Transporte und Hilfslieferungen in die Ukraine organisiert. Die Kontonummer lautet DE05 3602 0030 0000 7094 09. Verwendungszweck: Ukraine-Hilfe.

Eine der größten Einzelspenden steuerte jetzt der Gastronomiebetrieb Mintrop bei, der auf die Einnahmen des vergangenen Wochenendes zugunsten der Ukraine verzichtete.

Die Zugmaschine stellt der Essener Spediteur, den Planenauflieger hat ihm ein befreundeter Spediteur für die Ukraine-Tour überlassen.

Der von Torwesten selbst gesteuerte Werkstattwagen samt Anhänger ist ebenfalls bis unters Dach vollgestopft: mit vier Paletten Capri-Sonne, einer Palette Toilettenpapier sowie Desinfektionsmitteln, Konserven, Keksen und Süßigkeiten.

Kriegserlebnisse des Großvaters in Stalingrad hinterlassen tiefe Spuren

Der Lastwagen wird vom Radlader beladen: Am Ende sind 30 Paletten mit Hilfsgütern für die Ukraine an Bord.
Der Lastwagen wird vom Radlader beladen: Am Ende sind 30 Paletten mit Hilfsgütern für die Ukraine an Bord. © OH

Der Hilfstransport hat sich am Dienstagmorgen (8. März) in Bewegung gesetzt. Nach Zwischenstopps in Göttingen und Leipzig ist die polnische Stadt Breslau das erste Etappenziel. Von dort geht’s am nächsten Morgen weiter an die ukrainische Grenze.

Der Unternehmer macht im Gespräch immer wieder deutlich, dass er sich als politisch interessierten Menschen versteht. Die eindringlichen Kriegserlebnisse seines Großvaters, der das Grauen von Stalingrad am eigenen Leibe miterlebt habe, hätten ihn seit jeher sensibilisiert für das Kriegsleid in der Welt und aktuell für das in der Ukraine. Der Unternehmer, dem nach der Flut im letzten Sommer unbürokratisch geholfen wurde, sagt heute: „Helfen macht glücklich.“