Essen. Zeljko Lamesic und sein Aufseher-Team sind im Essener Museum Folkwang die „Bodyguards“ für Renoir und Cézanne. Und haben dieser Tage viel zu tun.

Wenn sie sich dieser Tage wieder vor van Goghs „Rhonebarken“ die Nase platt drücken, der heiß geliebten „Lise“ noch ein bisschen näher rücken und mit Gauguins „Mädchen mit Fächer“ allzu eng auf Tuchfühlung sind, geht irgendwo im Museum Folkwang der stille Alarm los. Für Zeljko Lamesic und seine Kollegen heißt es dann zu entscheiden: Führt einer der Folkwangbesucher womöglich Böses im Schilde oder hat jemand einfach nur seine Brille vergessen? Für die „Bodyguards“ von Renoir und Cézanne ist die große Impressionisten-Schau im Folkwang derzeit mal wieder eine besondere Herausforderung. Denn gerade im Museum gilt die Regel: Die beste Sicherheits-Technik hilft nicht, wenn das Personal unaufmerksam ist.

Lamesic ist seit 2010 im Folkwang für den Schutz der Kunst und des Gebäudes verantwortlich. Offiziell lautet seine Bezeichnung „Objektleiter Sicherheit“. Und die hat nun mal höchste Priorität, wenn Kunstschätze der Klassischen Moderne dicht an dicht hängen wie im Museum Folkwang. Dabei geht es nicht um den Schutz vor Diebstahl, sondern auch um allzu übergriffige Besucher, die manchmal nicht nur den Pinselstrich von Monet betasten wollen. Gleichwohl soll ein Museum aber kein Hochsicherheitstrakt sein, sondern ein Ort, an dem sich Gäste aus aller Welt willkommen und wohlfühlen. Genau das sei der Spagat, den Lamesic und sein Team von Museumsaufseherinnen und Aufsehern tagtäglich herausfordere. Das Haus „so sicher wie möglich zu halten, aber auch so offen wie möglich“, sagt der Essener Sicherheits-Chef.

„Mancher im Team könnte fast schon selber Führungen machen“

Das notwendige „Fingerspitzengefühl“, zwischen Service und Schutz zu unterscheiden, sei vor allem auch eine Frage der Erfahrung, weiß der 45-Jährige, der aus dem Werkschutz kommt. Viele Mitarbeiter seien schon seit langem im Hause, freut sich Lamesic, einige hätten über die Jahre sogar eine echte Kunstexpertise entwickelt. „Mancher im Team könnte fast schon selber Führungen machen.“ Einstellungs-Voraussetzung ist das Interesse an der bildenden Kunst natürlich nicht. Ein Großteil der Saalaufsicht-Mitarbeiter gehört mittlerweile zur Stadttochter RGE und hat auch schon in anderen Berufen gearbeitet. Der kleinere Teil des Folkwang-Teams sind städtische Angestellte. Die Verbindung zur Kunst sei bei den meisten im Laufe der Zeit gewachsen, quasi als „Training on the Job“ sagt Lamesic.

Auch wenn es in den Ausstellungsräumen schon mal eng wird, haben die Museumswärter die Sicherheit von Gemälden und Skulpturen immer im Blick.
Auch wenn es in den Ausstellungsräumen schon mal eng wird, haben die Museumswärter die Sicherheit von Gemälden und Skulpturen immer im Blick. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Nicht immer freilich sind die Museumsaufseher als Wegweiser und Ansprechpartner so gefragt wie in Sonderschau-Zeiten. Manchmal sind die Männer und Frauen mit ihren grauen Anzügen und dem aufmerksamen Blick auch Hüter der Stille und der Leere, gerade in Zeiten der Pandemie war man auch mal allein mit Monet, Manet und Sisley.

Nach dem Raub aufs Grüne Gewölbe: „Man versucht, aus diesen Ereignissen zu lernen“

2022 wird für Lamesic und sein Team deshalb eine besondere Herausforderung. Zwei große, publikumsträchtige Ausstellungen mit internationalen Leihgaben dürften in diesem Jahr Hunderttausende ins Museum Folkwang locken, um die kostbaren Leihgaben aus aller Welt aus der Nähe zu betrachten. Auch wenn es aus Sicht des Security-Experten eigentlich keinen Unterschied zwischen einem Gemälde von van Gogh und einem Werk aus der Plakatsammlung gibt: „Für uns hat jedes Kunstwerk im Prinzip den gleichen Schutzstatus.“

Gleichwohl wirft man auf die Stars der Sammlung immer noch mal einen besonderen Blick. Vor allem dann, wenn spektakuläre Raubzüge wie in Dresden, wo Einbrecher 2019 mit Axt und Sturmhaube ins Grüne Gewölbe eingedrungen sind, wieder für Schlagzeilen sorgen. „Man versucht, aus diesen Ereignissen zu lernen“, sagt Lamesic. In Museen gelte bei allem, enorm hohen technischen Sicherheitsaufwand im Grunde der gleiche Grundsatz wie für jeden Wohnungseigentümer: „Den Aufwand für Einbrecher so groß zu machen, dass es sich einfach nicht lohnt.“