Essen. Nicht nur zu Karneval verzaubert Marie-Helen Joël kleine und große Aalto-Besucher mit ihren Programmen. Dafür gab’s auch einen besonderen Preis.

Verkleiden erlaubt! Wenn es einen Ort gibt, an dem man das ganze Jahr über seiner Lust an der Kostümierung frönen kann, dann ist es die Opernbühne. Und so fällt der Karneval zumindest am Essener Aalto-Theater auch in diesem Corona-Jahr nicht ganz aus, denn seit dem Wochenende herrscht im Musiktheater „Narrenfreiheit für die Hexe“. Die nennt sich zwar Kleinlaut, ist auf der Opernbühne aber eigentlich die Frau für die großen Töne: Mezzosopran von Hause aus und Musiktheaterpädagogin mit besonderer Berufung. Für ihr großes Engagement und ihre Leidenschaft, die Kultur auch abseits der etablierten Bühne in den Blickpunkt zu rücken, hat Marie-Helen Joël unlängst sogar den erstmals ausgelobten Anerkennungspreis des Freundeskreises Theater und Philharmonie (TuP) erhalten.

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Ausgezeichnet wurde damit eine Künstlerin, die „die Musik in die Herzen vieler Theaterbesucher getragen hat und für die die musikalische Bildung junger Menschen eine Herzensangelegenheit ist“, so der Freundeskreis-Vorsitzende Hans Martz. Marie-Helen Joël sieht sich vor allem als Vermittlerin, die sich mühelos zwischen Puccini-Oper, Flower-Power-Hits und Märchenwelt bewegt. Und ein Musikgenie namens Mozart so vergnüglich nahbar macht, dass auch Sechsjährige daran ihren Spaß haben. „Ich wehre mich gegen den Begriff vom „Publikum von morgen’“, sagt Joël: „Das ist das Publikum von heute“.

Opernsängerin verabredet sich mit Kindern per Zoom zum „Fettweg-Blues“

Weil gerade Kinder und Jugendliche während der langen Coronazeit kaum Möglichkeiten hatten, mit Kunst und Musik in Berührung zu kommen, hat sie sich während der Pandemie mit den jungen Zuhörern auch schon mal per Zoom zum gemeinsamen Quatschen und Turnen beim „Fettweg-Blues“ verabredet und aus einer geplanten „Aalto-Mobil“-Aktion im vergangenen Herbst kurzerhand ein Krimi-Hörspiel gemacht: „Kurzer Prozess mit Hänsel und Gretel“

Nicht nur die Jungen freuen sich mittlerweile nämlich auf einen Besuch von „Fräulein Vorlaut“ oder „Hexe Kleinlaut“ alias Marie-Helen Joël. Mit dem vom Land NRW maßgeblich geförderten „Aalto-Mobil“-Projekt sind die Künstlerin und ihre Bühnen-Mitstreiter auch in den Seniorenheimen, in Hospizen und anderen Einrichtungen der Stadt unterwegs. Menschen zu erreichen, „die nicht mehr zu uns kommen können“, dabei sogar noch Mitmach- und Bewegungsangebote zu machen, ist ihr ein besonderes Anliegen. Die Musik, davon zeigt sich Joel überzeugt, ist schließlich für jeden da, für die Großen und Kleinen, die Kenner und Einsteiger. Und für jeden findet sie die richtige Ansprache, ohne missionarisch zu sein: „Wenn ich nur ein, zwei Seelen erreiche, ist das genug.“

Die Enkel sind mittlerweile Testpublikum für neue Programme

Als Brückenbauerin hat die ausgebildete Sängerin mit Musikpädagogik-Zusatzstudium in den vergangenen 28 Aalto-Jahren aber viel mehr erreicht. Rund 8.000 Kinder und Jugendliche nutzen im Schnitt jährlich die Angebote der Musikpädagogik. Dazu kommen die Auftritte in Kooperation mit der Stiftung Zollverein, die mobilen Angebote oder neue wie das „AkzepTanz“-Programm in Kooperation mit der Gustav-Heinemann-Gesamtschule.

Zauberpilz gefällig? Mit Ehemann Heribert Feckler tüftelt Marie-Helen Joel gerne neue Programme aus. Aktuell feiert ihr Musical-Revue „Yesterdate“ mit vielen Erinnerungen an die Essener Songtage im Aalto-Theater Erfolge.
Zauberpilz gefällig? Mit Ehemann Heribert Feckler tüftelt Marie-Helen Joel gerne neue Programme aus. Aktuell feiert ihr Musical-Revue „Yesterdate“ mit vielen Erinnerungen an die Essener Songtage im Aalto-Theater Erfolge. © FUNKE Foto Services | Carsten Klein

Termine und Infos

„Narrenfreiheit für die Hexe“ heißt es am 21., 22. und 23. Februar, jeweils ab 10 Uhr, im Aalto-Foyer. Die Dienstag-Vorstellung ist bereits ausverkauft.

Das Programm richtet sich an Kinder ab drei Jahren. Tickets (10 Euro) unter 8122-200 und www.theater-essen.de

Am 27. Februar, 12 und 14.30 Uhr, ist die Produktion „Donnerröschen und der Forscherkönig“ auf dem Welterbe Zollverein zu sehen.

Energie und Ideen scheinen der 59-Jährigen jedenfalls nie auszugehen. „Ich beschäftige mich ja mit Dingen, die ich als Bereicherung empfinde.“ Zudem fühle sie sich nicht nur vom Opernhaus getragen, sondern auch von der Familie. Ehemann Heribert Feckler, selbst Musiker, ist oft konzeptioneller Partner und Bühnenmitstreiter.

Und die drei Enkelsöhne sind mittlerweile das Testpublikum für neue Programm, wenn „Hexe Kleinlaut“ mal wieder den Zauberstab schwingt - und im Theater künstlerische Narrenfreiheit hat.