Essen-Haarzopf. Der Haarzopfer Heimatforscher Herbert Schmitz hat zur Besiedlung des Stadtteils vor 650 Jahren geforscht. Auch damals hatte das Erbe oft Tücken.
- Erste Kotten gab es schon im 14. Jahrhundert in Essen-Haarzopf
- Noch heute sind Spuren der ursprünglichen Besiedlung im Stadtteil zu finden
- Heimatforscher recherchiert in Archiven und vor Ort.
Die Besiedlung Haarzopfs begann im Kreutzenbecktal im Grenzgebiet der Essener Stadtteile Haarzopf, Bredeney und Rüttenscheid vor rund 650 Jahren. Zu diesem Thema hat der Haarzopfer Hobbyhistoriker Herbert Schmitz (81) geforscht und dabei interessante Details entdeckt. Die zeigen, dass Knebelverträge keine moderne Erfindung sind.
Die Besiedlung des Tals erfolgte schon im 14. Jahrhundert. Bis heute kann man die Zeugen der Vergangenheit dort entdecken. Der kleine Bach Kreutzenbeck fließt unterhalb der Straße Am Wünnesberg entlang des Waldgebietes der Margarethenhöhe parallel zum Nachtigallental. Der Bach entspringt auf dem Gelände des Hofes Unterschemmann und fließt am Ende des Tommesweges in den Kesselbach, mit dem er in den Teich am Halbachhammer mündet.
„Die Kreutzenbeck war über Jahrhunderte ein Grenzbach. Die Quelle lag unweit des sogenannten ,Dreiländerecks’, wo bis 1803 die selbstständigen Territorien Abtei Werden (Bredeney), Stift Essen (Rüttenscheid) und Herrschaft Broich (Haarzopf) zusammentrafen“, erläutert Schmitz. Dort kann man noch einen Werdener Grenzstein finden, auf dem die gekreuzten Abtsstäbe als Kennzeichnung des abteilichen Territoriums zu sehen sind. Auch am Bachlauf stehen Bäume mit eingeschnittenen Kreuzen als Grenzzeichen.
Die Kotten in Essen-Haarzopf überdauerten Jahrhunderte unverändert
„Nachweislich entstanden sind in diesem abseitigen Siepental schon in früher Zeit drei kleine Wohnstellen, die Kotten Unterkreutzenbeck, Mittelste Kreutzenbeck und Oberkreutzenbeck.“ Der Verkauf eines Kottens sei für das Jahr 1365 dokumentiert. Laut Herbert Schmitz überdauerten die drei Kotten die Jahrhunderte unverändert mit wechselnden Eigentümern.
Erst Mitte des 19. Jahrhunderts hätten sich die Besitzverhältnisse entscheidend verändert. 1840 heiratete der Haarzopfer Holzschuhmacher Hermann Spielkamp in den Kotten Oberkreutzenbeck ein, wodurch ihm 1867 testamentarisch auch die beiden anderen Kotten zufielen. Hermann Spielkamp zog später in den größeren Kotten Unterkreutzenbeck um, der seitdem Spielkampshof heißt. Der Name findet sich auch in der Straße Spielkampsweg wieder.
Baumaßnahmen veränderten das Tal
„Durch großangelegte Baumaßnahmen hat sich das Kreutzenbecktal stark verändert, wobei besonders die umfangreiche Anlage der Bungalowsiedlung Winnesberg zu einer grundlegenden Neugestaltung der Umgebung führte“, so Herbert Schmitz. Der Spielkampshof sei irgendwann verkauft, seine landwirtschaftlich genutzten Flächen seien aufgeteilt worden.
Auch früher waren offenbar regelrechte Knebelverträge schon üblich und es konnte mit erheblichen Auflagen verbunden sein, einen Hof übertragen zu bekommen. Der Heimatforscher ist bei seinen Recherchen zum Kreutzenbecktal und den Haarzopfer Höfen im Landesarchiv NRW auf einen bemerkenswerten Vertrag zum Hof Unterkreutzenbeck von 1822 gestoßen. „Solche Verträge waren damals Standard“, so Schmitz.
Haarzopfer forscht zur Stadtteilgeschichte
Herbert Schmitz wuchs an der Hatzper Straße in Haarzopf auf, wo sein Vater einen Gemischtwarenladen unterhielt und die umliegenden Bauern mit Sämereien versorgte. Das Gebäude kurz hinter der Kreuzung Erbach existiert nicht mehr.Der Heimatforscher beschäftigt sich seit vielen Jahren mit historischen Themen, die Haarzopf und Umgebung betreffen.
Darin übertragen die Eltern ihrem Sohn Heinrich Unterkreutzenbeck den „gut 18 preußische Morgen großen Kotten, bestehend aus Wohnhaus, Leibzuchthaus (Altenteil), Scheune und einem Backhaus für 1200 Reichstaler.“ Die Eltern sicherten sich und ihre anderen Kinder für die Zukunft gut ab. Für ein kleines bäuerliches Gehöft musste der Sohn gravierende, teils lebenslange Verpflichtungen eingehen.
Der Sohn erhielt den Kotten mit 32 Jahren, die Eltern konnten im Wohnhaus bleiben oder aufs Altenteil ziehen. Der Sohn musste sie nicht nur mit kostenlosem Essen und Getränken versorgen, sondern ihnen auch lebenslang Bargeld zahlen und den Acker auf bestimmte Art und Weise bestellen, falls die Eltern im Wohnhaus blieben. Zogen sie auf Altenteil, erhielten sie eine Kuh und ein Schwein. Zudem musste der Sohn Ackerland für sie bewirtschaften und ihnen die Ernte in die Scheune fahren. Auch ein Drittel der Baumfrüchte stand den Eltern zu, ebenso Heizmaterial, das sie allerdings selbst bezahlen mussten.
Auch für unverheiratete Kinder wurde gesorgt
Auch für die Zeit nach ihrem Tod war alles genau festgelegt: welche Gegenstände wie Möbel, Kleidung und Haushaltsgeräte unter den Kindern verteilt werden mussten und wie die Aussteuer für die weiblichen Geschwister aussehen sollte. Dabei war sogar das Mindestgewicht der Bettfedern genau festgeschrieben. Die Töchter sollten Gegenstände wie Spinnrad, Milcheimer, Salzfass und mehr erhalten. Für unverheiratete Geschwister musste der Hoferbe die Bekleidungskosten übernehmen und sie im Krankheitsfall aufnehmen und verpflegen. „Ein Übertragungsvertrag, der es in sich hat“, resümiert Herbert Schmitz.