Essen-Holsterhausen. Nicole Hagedorn verkauft in ihrem Laden in Essen Möbel, die sie bei Haushaltsauflösungen entdeckt. Mit welchen Corona-Folgen sie zu kämpfen hat.
Sie entrümpeln die Haushalte meist verstorbener Menschen, tauchen in deren Geschichten ein und finden manchmal verborgene Schätze: Betreiber von Second-Hand-, Trödel- und Antiquitätenmärkten machen einen ganz besonderen Job. Schon seit Jahren sind die Geschäfte ein beliebtes Ziel von Vintage-Fans, die ihre Wohnung mit trendigen Liebhaberstücken zum kleinen Preis aufmotzen wollen.
Eine, die in ihrem Laden Möbel, Dekoration und Haushaltsgegenstände aus zweiter Hand verkauft, ist Nicole Hagedorn. Vor drei Jahren eröffnete sie „Nicole’s Trödelitäten“ in Holsterhausen. Ihr Credo bei Haushaltsauflösungen: „Ich möchte so wenig wie möglich wegschmeißen.“ In den Müllcontainer wandert dementsprechend nur, was absolut nicht mehr zu gebrauchen ist. Vieles spendet sie, zum Beispiel an die Diakonie. Den Rest finden Schnäppchenjäger anschließend in ihrem Geschäft.
Essenerin fand schon Feldpost aus dem Ersten Weltkrieg
Hagedorns Laden ist ein buntes Potpourri aus allem, was man im Haushalt so findet – einzige Ausnahme: Elektrogeräte. „Waschmaschinen, Spülmaschinen und Fernseher spende ich immer“, so die 47-Jährige. Ansonsten aber kann man sich bei ihr verlieren in einer Welt aus antiken Schränkchen, Schallplatten, Lampen und Kaffeefiltern aus Porzellan. Für einen großen Bauernschrank können schon einmal 800 oder 900 Euro fällig werden, eine Vase oder ein besticktes Taschentuch bekommt man manchmal schon für einen Euro.
Ganz besonders sind für Hagedorn die Momente, wenn sie Erinnerungsstücke in den Wohnungen von Verstorbenen findet. In der Vergangenheit hat sie schon Feldpost entdeckt, teilweise noch aus dem Ersten Weltkrieg. „Da liest man den Brief eines Sohnes, der seiner Mutter zum letzten Mal vor seinem Tod geschrieben hat“, erzählt sie zum Beispiel. Aber auch Eheringe hat sie schon entdeckt. „So etwas gebe ich dann natürlich an den Auftraggeber zurück.“
Was übrigens aktuell überhaupt nicht mehr beliebt ist: Antiquitäten. „Früher haben die Leute dafür Tausende von Euros gezahlt, jetzt bekommt man mit Glück 100 Euro dafür“, so Hagedorns Erfahrung. So dunkel, zu schwer, zu klobig – der Geschmack habe sich einfach geändert.
Essener Trödelhändlerin: Während des Lockdowns stapelten sich die Sachen
Die Corona-Pandemie hat das Geschäft nicht leichter gemacht. Ein großes Problem: Als Dienstleisterin konnte Hagedorn weiterhin durchführen, doch ihren Laden musste sie über lange Perioden immer wieder schließen. „Manche Aufträge, bei denen es besonders viele Möbel gab, habe ich nicht angenommen. Trotzdem haben sich die Sachen irgendwann gestapelt“, berichtet sie.
Auch jetzt hat Hagedorn noch mit der 2G-Regel im Einzelhandel zu kämpfen. „Man merkt doch, dass viele Kunden noch nicht geimpft sind“, sagt sie. Das macht es für sie noch schwerer, richtig zu kalkulieren. Denn der Preis für die Auflösung richtig sich danach, wie viele der Möbel sie anschließend verkaufen kann. Heißt: Finden sich in einer Wohnung viele interessante Objekte, dann zahlt der Auftraggeber unter Umständen gar nichts für die Entrümpelung. Bleiben dann aber die Kunden aus, so bleibt Hagedorn auf den Kosten sitzen.
Nicole’s Trödelitäten, Kahrstraße 82-84, 45147 Essen. Öffnungszeiten: montags bis freitags, 12 – 18 Uhr, samstags 11 – 15 Uhr.http://Lesen_Sie_auch{esc#233146165}[infobox]