Essen. Nach dem Münchener Missbrauchsgutachten hat sich Papst Benedikt bei Betroffenen entschuldigt – Bischof Overbeck fand dazu deutliche Worte.

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat die Stellungnahme des emeritierten Papstes Benedikt XVI. zum Münchner Missbrauchsgutachten kritisiert. „Ich befürchte, dass die Erklärung den Betroffenen in ihrem Aufarbeitungsprozess wenig weiterhelfen kann“, sagte er der katholischen Zeitung „Neues Ruhrwort“.

Overbeck weiter: „Besorgt nehme ich wahr, dass Betroffene sexueller Gewalt in ihren Rückmeldungen an unseren Interventionsbeauftragten enttäuscht und teilweise auch entrüstet auf die Äußerungen des früheren Papstes zu seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising reagiert haben.“

Overbeck: Müssen zu dem „schweren institutionellen Versagen“ stehen

Auch er habe „mit Interesse auf eine persönliche Erklärung des emeritierten Papstes Benedikt gewartet“. Nun sei es wichtig, „dass wir, die wir heute in der katholischen Kirche Verantwortung tragen, unmissverständlich zu dem schweren institutionellen Versagen stehen, das in der Kirche so viel Leid verursacht hat“.

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Benedikt, der frühere Kardinal Joseph Ratzinger, steht seit Wochen heftig in der Kritik, weil ihm ein Gutachten zu Missbrauchsfällen im Erzbistum München und Freising Fehlverhalten im Umgang mit Missbrauchstätern vorwirft. Am Dienstag bat er Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche zwar ganz generell - wie auch schon in der Vergangenheit - um Verzeihung. Konkrete Vertuschungsvorwürfe gegen sich aber weist er entschieden zurück, und sein Anwalt erhebt schwere Vorwürfe gegen das Münchner Gutachten.

Reaktionen anderer deutscher Bischöfe fallen knapp aus

Overbeck ist einer der wenigen deutschen Bischöfe, die sich bislang zu dem Papst-Brief positioniert haben. „Papst emeritus Benedikt hatte zugesagt, sich zu äußern. Nun hat er das eingelöst“, twitterte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Georg Bätzing, knapp. „Dafür bin ich dankbar und dafür gebührt ihm Respekt.“

Kardinal Reinhard Marx verteidigte das Münchener Missbrauchsgutachten.
Kardinal Reinhard Marx verteidigte das Münchener Missbrauchsgutachten. © dpa | Sven Hoppe

Auch Ratzingers Nachfolger im Amt des Münchner Erzbischofs, Kardinal Reinhard Marx, äußerte sich nur kurz. „Ich begrüße, dass sich mein Vor-Vorgänger im Amt des Erzbischofs von München und Freising, der emeritierte Papst Benedikt XVI., zu der Veröffentlichung des Gutachtens der Kanzlei WSW in einem persönlich gehaltenen Brief geäußert hat“, sagte er. Ratzinger bringe in seinem Brief seine „tiefe Scham“, seinen „großen Schmerz“ und seine „Bitte um Entschuldigung gegenüber allen Opfern sexuellen Missbrauchs zum Ausdruck“.

Münchener Kardinal Marx stellt sich hinter den Gutachter

Marx stellte sich allerdings auch ausdrücklich hinter die von ihm beauftragten und von Benedikts Beratern kritisierten Gutachter: „Ich betone nochmals, dass die Erzdiözese und ich als Erzbischof das Gutachten, in dem es besonders im Blick auf die Leitungsebene auch um persönliche und institutionelle Verantwortung geht, sehr ernst nehmen.“ Der Würzburger Bischof Franz Jung lehnte eine Stellungnahme zum Papst-Brief ab, auch aus dem Bistum Augsburg kam eine Absage. Weitere bayerische Bischöfe reagierten zunächst nicht auf eine entsprechende Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. (dpa)