Essen. Das Test-Chaos an den Grundschulen hat Eltern und Lehrer mürbe gemacht. Der neu angeordnete Einsatz von Schnelltests wird mit Skepsis betrachtet.

Mit großer Skepsis reagieren Eltern und Grundschullehrer in Essen auf die Kehrtwende des Landes, keine einzelnen Lolli-Tests mehr zu nutzen, wenn in einer Klasse ein positiver Corona-Fall ermittelt wurde.

Wie berichtet, haben die Labore angesichts massiv steigender Fallzahlen kapituliert bei der Auswertung der einzelnen Lolli-Tests. Das Land hatte am Dienstag (25.1.) angekündigt, dass Grundschulen wieder auf Antigen-Schnelltests ausweichen sollen. So soll der Unterrichtsbetrieb sichergestellt werden. In den vergangenen Wochen hatte es massive Wartezeiten bei der Auswertung der Lolli-Tests gegeben, sodass Kinder häufig mehrere Tage lang nicht in die Schule gehen konnten.

Einerseits: „Die Eltern sind großteils erleichtert, weil die Nutzung von Schnell-Tests sicherstellt, dass die Kinder weniger zu Hause bleiben müssen“, sagt eine Schulleiterin im Essener Norden.

Andererseits: „Was ist, wenn alle Schnell-Tests trotz eines vorherigen, positiven Pool-Tests negativ sind?“; gibt Hendrik Härtig zu bedenken, der Sprecher des Vereins „Eltern der Essener Schulen“. Anke Seifert, Leiterin der Ardeyschule in Rellinghausen, hat dieselben Bedenken: „Die Schnelltests zeigen eine Infektion häufig erst nach Tagen an. Das heißt, das infizierte Kind verbleibt mehrere Tage in der Klasse.“

„25 Menschen mit einem positiv Getesteten in einem Raum, und alle müssen die Maske abnehmen“

Kritik wird auch geübt an der Konsequenz der neuen Regel, dass womöglich infizierte Kinder in der Klasse den Test machen müssen, für den ja die Maske abgenommen wird. Eine Mutter bringt es im Netzwerk Facebook auf den Punkt: „Kennt ihr den Ort, wo 25 Menschen mit einem PCR-positiv Getesteten in einen Raum müssen, und alle müssen gleichzeitig die Masken abnehmen? Hört sich absurd an? Das sind die Grundschulen in NRW!“

„Die Tests draußen auf dem Schulhof zu machen, ist bei der kalten Luft keine Alternative, weil dann die Kontrollflüssigkeit häufig nicht dünnflüssig genug ist“, sagt Ricarda Kranz, Personalrats-Vorsitzende für Grundschulen bei der Gewerkschaft GEW in Essen.

GEW Essen „fassungslos“ über neue Vorgaben aus Düsseldorf

Der örtliche Stadtverband der Gewerkschaft äußert sich „fassungslos“ über die neuen Vorgaben aus Düsseldorf. „Die Schulen, die Schulleitungen, die Lehrkräfte, sie alle sollen auffangen, was andere Institutionen aufgrund der hohen Fallzahlen nicht mehr schaffen“, sagt Frank Tollmien von der GEW.

Anke Seifert, die Leiterin der Ardeyschule, konstatiert, dass viele Lehrerinnen und Lehrer „nicht mehr können“ angesichts der Belastung durch das Hin und Her bei den Corona-Tests an Grundschulen. Nach den Osterferien 2021 waren zunächst Schnelltests eingeführt worden, im Mai wurde auf Lolli-Tests umgesattelt. Nach den Sommerferien änderte das Ministerium die Praxis der Zweittests nach einem positiven Pool-Ergebnis; die Folge: Die Labore hatten wesentlich mehr Arbeit. Dann explodierten die Fallzahlen, was bereits im Dezember in anderen Ländern schon zu beobachten war, in denen „Omikron“ damals weiter fortgeschritten war. Am Ende – siehe Dienstag, 24. Januar – kapitulierten die Labore.

Reihenweise Schnelltests an den Grundschulen am Mittwochmorgen

Und jetzt? Am Mittwoch führten die Grundschulen reihenweise Schnelltests durch; viele Schulen sind mittlerweile täglich mit mehr als einem positiven Pooltest-Ergebnis konfrontiert. Die Schnelltests - die wegen ihrer umständlichen Handhabbarkeit an Grundschulen abgeschafft und durch Lolli-Tests ersetzt worden waren – werden jetzt erneut vielerorts als Zumutung empfunden. „Man müsste die Umstellung des Verfahrens eigentlich boykottieren“, sagte am Mittwoch eine Lehrerin im Essener Westen und sprach aus, was viele denken.