Essen. Immer mehr kranke und verwahrloste Hunde und Katzen landen im Essener Tierheim. Das baut ein neues Katzenhaus und eine neue Hundekrankenstation.
- Hunde und Katzen landen in einem immer schlechteren Zustand im Essener Tierheim.
- Die Versorgung dieser Tiere kostet viel mehr Zeit und benötigt mehr Platz, wenn Tiere etwa isoliert werden müssen.
- Deshalb soll es jetzt ein neues Katzenhaus und eine neue Hundekrankenstation geben.
Alte und kranke Hunde und Katzen bringen die Pfleger und Pflegerinnen im Tierheim immer wieder an ihre Grenzen. Sie ertragen das Leid und kümmern sich intensiv um die Vierbeiner – und die Verwahrlosung und Rohheit, mit der die Tiere behandelt werden, nehmen zu.
Als Silver etwa ins Tierheim kam, waren seine Krallen eingewachsen, die Muskeln so weit zurückgebildet, dass der 15-jährige Rüde kaum laufen konnte. Wie der Labrador landen immer mehr verwahrloste und kranke Hunde und Katzen an der Grillostraße. Das kostet die Mitarbeiter nicht nur viel Zeit, die intensive Pflege und aufwändige Unterbringung erfordern vor allem mehr Räume. Die soll es nun in zwei Neubauten geben – verbunden mit einer Investition von mindestens 1,5 Millionen Euro.
Entstehen sollen eine neue Hundekrankenstation und ein neues Katzenhaus – und damit das größte Projekt seit Bau des Tierheims vor rund 40 Jahren. „Wir träumen von einem neuen Katzenhaus“ steht an der Stellwand, an der die Baupläne hängen. Denn das war die ursprüngliche Idee und das bereits seit langem. „Wir haben viele Jahre darauf spekuliert und das nie hinbekommen“, sagt Elke Esser-Weckmann, Vorsitzende des Tierschutzvereins. Eine Fläche in der Nähe fand sich nicht, andere Standorte erwiesen sich als zu kostspielig.
Im Vorjahr landeten so viele Katzenbabys wie noch nie im Tierheim Essen
Gleichzeitig hat das Tierheim in diesem Jahr mit rund 150 Katzenwelpen so viele junge Tiere aufgenommen wie noch nie. Das fangen auch die Pflegestellen nicht mehr auf, so bleibt die Versorgung der Mütter und ihrer Katzenbabys in der Regel an den Mitarbeitern im Tierheim hängen. Hinzu komme der schlechte Zustand vieler gefundener oder abgegebener Tiere. Diese kämen verschnupft, abgemagert, mit gebrochenem Kiefer oder gebrochenen Beinen an – „was früher die Ausnahme war, ist heute beinahe die Regel“, sagt Mitarbeiterin Jeanette Gudd traurig über ihren Alltag und das Leid der Tiere.
Als dann 2019 mit der Fläche im benachbarten Nordpark, wo derzeit das Regenrückhaltebecken der Emschergenossenschaft gebaut wird, eine Lösung gefunden schien, folgte der ersten Erleichterung gleich die Ernüchterung. „Auf der Grünfläche hätten wir das Katzenhaus nicht zweigeschossig bauen können“, sagt Elke Esser-Weckmann. Hinzu kam, dass die Lage für die Vermittlung nicht gänzlich geeignet schien, obwohl das städtische Grundstück (das werden sie mit einem Gestattungsvertrag nutzen dürfen) gleich an den Auslauf des Tierheims grenzt.
Das Katzenhaus des Tierheims Essen soll zwei Geschosse erhalten
Schließlich halfen zwei Mitarbeiterinnen von Grün und Gruga, eine neue Idee zu entwickeln, der heutige Plan entstand. Aus einem Haus wurden zwei. Das ist nun zwar teurer, entspricht aber allen Bedürfnissen und sieht vor: Im Park wird die Hundekrankenstation gebaut. Die Jetzige am Hauptbau wird abgerissen. Weichen muss dort auch die derzeitige Katzenstation. An dieser Stelle entsteht das neue Katzenhaus. Im Erdgeschoss soll es für die Vierbeiner 15 Räume jeweils mit einem Auslauf („von den aktuellen 13 Räumen haben nicht einmal alle natürliches Licht“) und die Vermittlungsstelle geben, im Obergeschoss die Kranken- und Quarantänestation.
Den Anfang aber soll der Bau der Hundekrankenstation machen. Läuft es nach Plan, könnte der im Februar starten. Die Bauvoranfrage sei bewilligt, sagt Elke Esser-Weckmann. Die Konzepte für Barrierefreiheit und Brandschutz stehen, der Bauantrag ist eingereicht. Ein Jahr später soll Baustart für das Katzenhaus sein. Eine erste Kostenschätzung hat eine Gesamtsumme von 1,5 Millionen Euro ergeben. Diese Berechnung allerdings stammt aus dem Jahr 2019, die Baukosten sind längst gestiegen.
Tierheim Essen erhält Geld aus Erbschaften oder Zuwendungen
Kosten fürs Tierheim und für Fundtiere
Das Tierheim hatte im Jahr 2020 laufende Kosten von 1,8 Millionen Euro. Personalkosten machen laut Elke Esser-Weckmann (Vorsitzende des Tierschutzvereins) einen wesentlichen Teil aus, gefolgt von den Kosten der Fundtiere. Die versorgt das Tierheim.
Da die Versorgung von Fundtieren jedoch eine kommunale Pflichtaufgabe ist und die Stadt kein eigenes Tierheim hat, zahlt sie dafür jährlich 550.000 Euro ans Albert-Schweitzer-Tierheim. Tatsächlich kosteten die Fundtiere das Tierheim aber 960.000 Euro im Vorjahr.
Welche Summe es am Ende wird, schon jetzt steht fest: Ohne Spenden wird es nicht gehen. Daher sammeln die Mitarbeiter zunächst für die Hundekrankenstation (200.000 Euro) und anschließend fürs Katzenhaus (300.000 Euro). Der Rest stammt aus Rücklagen, die das Tierheim beispielsweise aus Erbschaften und Zuwendungen machen kann.
Nun werben die Mitarbeiter mit ihren eigens dafür erfundenen Cartoon-Figuren Hope und Hotte (Hund und Katze) auf allen Kanälen um Spenden und haben dafür auch eine Internetseite eingerichtet. Für ihre echten vierbeinigen Bewohner sind sie indes weiterhin da und sei es, um schwere Entscheidungen im Sinne des Tieres zu treffen.
Wie bei Silver, der als Welpe angeschafft worden war und nach 15 Jahren im Tierheim landete. Der Hundesenior wusste kaum, wie ihm geschah, sein Zustand war schlecht. Langsam blühte er erst auf, hörte dann jedoch schlagartig auf zu fressen. Milztumor lautete seine Diagnose schließlich. Sie hätten nichts mehr für ihn tun können, erinnert sich Jeanette Gudd: „Wir haben ihn zwei Wochen kennenlernen dürfen, bevor wir den letzten Weg mit ihm gegangen sind.“
Das Tierheim sucht Spender und Tierheim-Kumpel
Gerade hat dass Tierheim eine Spende in Höhe von 22.000 Euro bekommen. Dieses Geld stammt aus Pfandbons, die Kunden und Mitarbeiter des Rewe-Marktes Sliwik gespendet haben. Die Summe fließt in die Neubauten des Tierheims.
Die Mitarbeiter des Tierheims werben nun weiter um Spenden für das neue Katzenhaus und die neue Hundekrankenstation und haben dafür eigens die Comicfiguren Hotte (Katze, Ruhrgebietstyp) und Hope (Hund, der Hoffnung schenken soll) von Cartoonzeichner Michael Holtschulte erschaffen lassen sowie eine eigene Internetseite eingerichtet.
Gesammelt wird zunächst für die Hundekrankenstation. Wer 30, 60 oder 120 Euro spendet, der erhält ein Dankeschön in Form einer Tasche, eines Rucksacks oder auch eines Schals samt Mütze mit den tierischen Motiven.
Ab einer Spende von 250 Euro wird der Spender zum Tierheim-Kumpel. Dafür gibt es eine Urkunde und eine Plakette an einer Wand der Krankenstation. Möglich sind auch Kumpel-Patenschaften mit monatlichen Beträgen ab zehn Euro.
Alle Infos zum Neubau und zur Spendenaktion unter: www.TierheimKumpel.de