Essen. Alter, Krankheit, fehlende Erziehung oder bestimmte Rassen: Im Tierheim Essen ist manche Vermittlung schwierig. Pfleger stellen einige Tiere vor.
- Im Tierheim Essen warten manche der 45 Hunde und über 100 Katzen sehr lange, bis sie vermittelt werden, was besonders für alte Tiere oftmals schwierig ist
- Dafür gibt es verschiedene Gründe wie schlechte Angewohnheiten, Alter und Krankheiten sowie hohe Steuern für manche Rassen
- Für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ist es das Schlimmste, wenn ein Tier kein Zuhause mehr findet und im Heim stirbt
Ob alt oder krank, unverträglich oder unerzogen: Im Essener Tierheim warten einige Vierbeiner schon sehr lange auf ein neues Zuhause. Darunter Hunde wie Lucky und Katzen wie Nicky. Die Pfleger hoffen sehr, dass auch diese Tiere bald vermittelt werden können. Denn das Schlimmste wäre, sagen die Mitarbeiter, wenn sie bis zu ihrem letzten Tag im Tierheim blieben.
Lucky ist schwarz, groß und schon zwölf Jahre alt. Zudem hat er laut Tierheimmitarbeiterin Jeanette Gudd eine gesundheitliche Baustelle: „Wegen seiner Hüfte kann der Rüde keine Treppen mehr steigen.“ Das alles zusammengenommen mache seine Vermittlung besonders schwer. Gelandet ist der zottelige Briard-Mischling (Hirtenhund) an der Grillostraße, da sein Besitzer gestorben ist. Der Sohn habe den Hund aufnehmen wollen, doch die Wohnung lag eben nicht ebenerdig.
In Ausnahmefällen übernimmt das Tierheim Essen Kosten für Medikamente
Der unglückliche Lucky kam ins Tierheim, wo er bei den ehrenamtlichen Gassigängern sehr beliebt ist, da er sehr verschmust und menschenbezogen und am liebsten mittendrin ist. „Selbst beim Fressen mag er es, wenn jemand daneben steht“, berichtet Jeanette Gudd. Auch wenn es das Ü-9-Projekt im Tierheim nicht mehr gibt, bei dem alle Kosten für alte oder kranke Tiere übernommen wurden, um ihre Vermittlungschancen zu erhöhen, so übernimmt das Heim doch die Tabletten für den Rüden.
Livi braucht derzeit keine Medikamente und ist mit ihren drei Jahren eine noch junge Hündin, ein Pechvogel ist sie dennoch. Die Dogo-Argentino-Hündin ist mit 40 Kg nicht nur eine stattliche Erscheinung, sie ist auch extrem schüchtern. Heißt: „Sie begegnet Fremden erst einmal mit eingekniffener Rute und weicht ihr unangenehmen Situationen aus“, erklärt Jeanette Gudd.
Manche Hunde aus dem Essener Tierheim haben zuvor keine Artgenossen kennengelernt
Livi braucht lange, um Vertrauen zu fassen. Tatsächlich hat es sogar zwei Interessenten gegeben, die ihr diese Zeit gaben, sie über Monate im Tierheim besuchten und sie tageweise mit nach Hause nahmen. Und dann scheiterte der Umzug doch, weil im ersten Fall der Vermieter kurzfristig keine Erlaubnis gab. Beim zweiten Anlauf habe es sich die Freundin im letzten Augenblick anders überlegt und mit Trennung gedroht. Livi also blieb. „Dabei ist sie sehr lieb und verschmust, wenn sie die Menschen erst kennt“, sagt die Mitarbeiterin. Schön wäre vielleicht ein Rüde im neuen Zuhause, an dem sie sich orientieren könnte.
Andere Hunde hat Robert in seinem sechsjährigen Hundeleben bislang kaum kennengelernt, da er fünf Jahre davon im Tierheim sitzt. „Wir haben ihn aus einem anderen Heim übernommen, dorthin kam er als Fundhund“, weiß Jeanette Gudd. Über seine Vorgeschichte wissen sie also nichts, doch Narben am Kopf könnten von Streit unter Artgenossen stammen.
Bestimmte Rassen haben einen Leinen- und Maulkorbzwang
In der Gruppe laufe er aber inzwischen gut mit, Leinen- und Maulkorbzwang hat der Staffordshire-Rüde ohnehin bislang. Diese Einschränkungen gibt es laut Stadt für „gefährliche Rassen“, zu denen auch Pitbull Terrier und Bullterrier zählen. Die neuen Besitzer könnten Robert vom Leinen- und Maulkorbzwang durch einen Verhaltenstest befreien lassen, wenn er diesen besteht. Bevor ihn allerdings jemand aufnimmt, muss dieser ein Führungszeugnis vorlegen und dann einen Sachkundenachweis machen. Hinzu kommen die deutlich erhöhte Hundesteuer (jährlich 852 statt 156 Euro) für Robert, ebenfalls bedingt durch die Rasse, die nicht nur die Stadt Essen als gefährlich einstuft.
„Robert ist Menschen gegenüber unkompliziert und fährt gern mit im Auto“, beschreibt die Tierheimmitarbeiterin. Gleichwohl sei er temperamentvoll bis wild und müsse mit viel Bewegung und etwa Suchspielen ausgelastet werden: „Mit vernünftigen Leuten ist mit ihm viel möglich.“
Rottweiler Gismo wartet schon lange im Tierheim Essen
Das Tierheim Essen sucht Igelpfleger
Die Tierheimmitarbeiter brauchen dringend Unterstützung bei der Pflege von Igeln. Dabei gilt es laut Jeanette Gudd, kleine Tiere Zuhause aufzupäppeln und kranke oder Verletzte, die beispielsweise unter einen Rasenmäher geraten sind, zu versorgen.
Die Igel können gut in einem Kaninchenkäfig gehalten werden, das ist beispielsweise im Keller möglich. Im Frühjahr werden sie dann wieder ausgesetzt.
Kontakt zum Essener Tierheim, Grillostraße 24: 0201– 83 72 350; th-info@tierheim-essen.org
Leinen- und Maulkorbzwang gelten auch für Gismo wegen seiner „bestimmten Rasse“ – das gilt auch etwa für American Bulldog oder Mastiff. Der Rottweiler war bereits vermittelt, kam aber wieder ins Tierheim, als sein Besitzer erkrankte und sich nicht mehr um Gismo kümmern konnte. Der Rüde sei gut erzogen und benehme sich entsprechend gut, wenn er jemanden kenne, beschreiben seine Pfleger. Zu seiner Geschichte gehört neben dem langen Aufenthalt im Tierheim auch ein Bandscheibenvorfall.
Kater Nicky hingegen plagt eine Schilddrüsenunterfunktion, wegen der sein neuer Halter ihm zweimal am Tag eine Tablette geben muss. Da der 15-Jährige aber auch gern draußen ist, wäre ein gesicherter Freigang in einem Außengehege oder einem Garten wichtig, damit er auch in der Nähe ist, wenn die Medikamentengabe ansteht. „Aber wer hat das schon“, weiß Jeanette Gudd um den Mangel an ausbruchssicheren Ausläufen. Dennoch hofft sie sehr für Nicky, noch ein artgerechtes Zuhause zu finden. Die Pfleger kümmern sich, so gut es eben geht. Aber bei 45 Hunden, über 100 Katzen und weiteren 100 Kleintieren ist ihr Arbeitsalltag dicht.
Pfleger im Essener Tierheim hoffen, dass die Tiere nicht im Heim sterben müssen
„Es ist für uns immer die schlimmste Vorstellung, dass ein Tier im Heim stirbt“, sagt Jeanette Gudd aus Sicht der Pflegenden. Junge Hunde etwa arrangierten sich oftmals rasch im Tierheim, während die alten besonders unter der veränderten Situation litten. Denn sie bräuchten ihren festen Ablauf und eine gewohnte Umgebung. Damit sie noch mal ankommen können, wirbt die Mitarbeiterin für die Senioren unter den Tieren: „Sie gewöhnen sich meistens besser ein als ein Welpe und ersparen den Besitzern den Erziehungsstress.“ Und sie seien so dankbar.
Das wäre womöglich auch Schröder gewesen, doch trotz der bislang vierjährigen Wartezeit, hat den Jack-Russell-Beagle-Mix niemand aufnehmen mögen. Das mag an seinen Eigenarten und auch der Schilddrüsenerkrankung liegen. „Schröder mag nicht jeden“, erklärt Jeanette Gudd.
Da der Rüde bereits mehrfach weitergereicht worden ist und man ihm mitunter hat zu viel durchgehen lassen, hat er gelernt, sich mit Beißen durchzusetzen. Er suche sich seine Menschen aus und sei auch nicht bestechlich. Dennoch geben die Pfleger die Hoffnung nicht auf, dass auch dieser Langzeitinsasse jemanden findet, der ihn so nimmt, wie er ist. Bis dahin lebt Schröder nun auf einer Pflegestelle, damit er nicht weitere vier Jahre im Zwinger verbringt.