Essen. Nach einem Angriff mit siedendem Öl kann ein Mann aus Essen nicht mehr richtig sehen. Jetzt steht der Täter vor Gericht.

Es war ein Streit um eine Bürgschaft, die im vergangenen Juli völlig eskaliert ist. Ein Mann aus Essen-Altendorf gießt seinem Schwippschwager einen Becher siedendes Öl ins Gesicht. Das Opfer erleidet schwerste Verbrennungen, kann bis heute nicht wieder richtig sehen. Seit Donnerstag beschäftigt der Fall das Essener Landgericht. Die Anklage lautet auf schwere Körperverletzung.

Es war mitten in der Nacht, als das spätere Opfer von der Arbeit nach Hause kam. Der 45-Jährige arbeitete in der Gastronomie, hatte einen langen Tag. Als er die Treppen zu seiner Wohnung hinaufgehen wollte, soll der Angeklagte plötzlich vor ihm gestanden haben. Dann ging angeblich alles ganz schnell. Das kochend heiße Öl traf ihn genau im Gesicht.

Als der Notarzt eintraf, hatten sich Augenbrauen und große Teile der Haut bereits abgelöst. Im Krankenhaus mussten dem 45-Jährigen künstliche Linsen eingesetzt werden. Mit bislang mäßigem Erfolg. „Alles ist verschwommen“, sagte er den Richtern der 7. Strafkammer. „Außerdem kann ich meine Augenlider nicht mehr vollständig öffnen.“

Bei dem Streit geht es ums Geld

Die Freundschaft der beiden Männer war schon vor Jahren zerbrochen. Dabei waren sie praktisch eine Familie, wohnten im selben Haus. Es war 2010, als der Angeklagte für den Mann der Schwester seiner Ehefrau als Bürge eingesprungen ist. Es ging um einen 25.000-Euro-Kredit zur Eröffnung eines kleinen Restaurants, den der heute 48-Jährige mit seiner Unterschrift abgesichert hat.

Dass er dafür tatsächlich einmal einspringen sollte, hätte er wohl im Leben nicht gedacht. Doch genau das ist passiert. Das Restaurant war nach Angaben des Angeklagten schon nach einem Jahr wieder pleite. Sein Schwippschwager meldete Insolvenz an, ein paar Jahre später wandte sich die Bank an ihn. Wenige Monate vor der Tat soll es dann tatsächlich die erste Konto-Pfändung gegeben haben. Für den Angeklagten angeblich eine finanzielle Katastrophe. „Ich konnte meine laufenden Kosten nicht mehr bezahlen“, sagte er den Richtern.

Angeklagter bestreitet Tatvorgang

Laut Anklage hatte er seinem Schwippschwager in der Nacht auf den 4. Juli 2021 im Hausflur aufgelauert – voller Wut und Hass. Nach der Öl-Attacke soll er auch noch mit einem Teleskopschlagstock zugeschlagen und seiner Ehefrau später gesagt haben: „Ich werde ihn töten“. Er selbst erzählte vor Gericht jedoch eine andere Geschichte. Der 45-Jährige sei betrunken gewesen, habe aggressiv gegen die Tür gedonnert, ihn bedroht und sich lustig über ihn gemacht. Weil er jetzt die ganzen Schulden übernehmen müsse. In diesem Moment habe er den Becher in dessen Richtung geschüttet.

Das Öl stammte nach seinen Angaben aus einem Topf, in dem er sich mitten in der Nacht noch einen gefrorenen Fisch braten wollte. Er habe es umgefüllt und mit zur Wohnungstür genommen. „Ich habe nicht gezielt“, so der 48-Jährige im Prozess. „Ich wollte ihn einfach nur von mir fernhalten.“ Der Prozess wird fortgesetzt.

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