Essen. Nach mehr als 20 Jahren schließt Oliver Kopmann seinen Salon am Kennedyplatz in Essen. Die hohen Mietpreise sind für ihn ein zu großes Risiko.

Der Advent ist für Oliver Kopmann eine Zeit des Abschiednehmens: Nach mehr als 20 Jahren wird er in wenigen Wochen seinen Friseursalon am Kennedyplatz in Essen schließen. „Unser Mietvertrag läuft aus und ich habe keine Verlängerung mehr bekommen“, sagt der 55-Jährige. Notgedrungen gebe er den Betrieb deshalb auf, die Mieten ließen auch keinen Umzug innerhalb der Essener Innenstadt zu. Der Fall des Friseurmeisters zeigt auf, welche Entwicklung die Innenstadt durchmacht.

Neue Serie: Die Essener Innenstadt im Wandel

„Exorbitant hoch ist das Mietniveau in der Essener Innenstadt insgesamt nicht“, sagt Marc Heistermann, Geschäftsführer des Handelsverbands Ruhr. Er schiebt jedoch direkt nach: Vermieter sollten die Mietkosten flexibel halten, sie an Passantenfrequenzen, Umsatzzahlen und außergewöhnliche Belastungen wie die Pandemie anpassen. „So ein Markt muss atmen.“ Handel, Handwerk, Dienstleistungsgewerbe und Immobilienbesitzer seien gut beraten, immer wieder das Gespräch zu suchen und zu verhandeln. „Leerstand ist immer der schlechteste Fall.“

Gebäude in der Essener Innenstadt gehört einem Immobilienfonds

Aus Heistermanns Erfahrung sind viele Vermieterinnen und Vermieter bereit, gerade in langjährigen Mietverhältnissen Kompromisse zu schließen. Gerade während der Lockdowns habe es ein großes Entgegenkommen gegeben. Allerdings seien vor allem die großen Immobilienfonds weniger beweglich und an mancher Stelle passe der Quadratmeterpreis nicht mehr zur Entwicklung in der Innenstadt.

Diese Erfahrung hat Friseurmeister Oliver Kopmann in den vergangenen Jahren mehrfach gemacht, als er sich in der Innenstadt nach einer neuen Adresse für seinen Salon umgeschaut hat. „Wir sind ein Familienunternehmen, natürlich wäre ich gerne geblieben“, sagt Kopmann. „Aber eine solche Lage wie jetzt ist nicht mehr bezahlbar.“ Schon seit 1993 ist er in der Essener Innenstadt tätig, seit mehr als 20 Jahren im Salon am Kennedyplatz. Aktuell hat er noch einen alten Vertrag zu heute günstigen Konditionen. Aber das Doppelte an Kaltmiete zu zahlen wie bisher, das sei einfach nicht drin. „Angesichts der Veränderung der Innenstadt und der Corona-Lage war mir das Risiko zu groß“, sagt Kopmann.

Essener Stammkundschaft bedauert die Schließung des Salons Kopmann

Seit einigen Jahren gehört das Gebäude, in dem sein Salon liegt, ebenfalls einem Immobilienfonds. Dass der Mietvertrag nicht verlängert wird, löse keinerlei Groll bei ihm aus, sagt Kopmann. Es gebe keinen Streit, sondern zum Vertragsende noch viel Entgegenkommen. Traurig macht ihn das Ende seiner Selbstständigkeit dennoch, weil er keinen neuen Standort finden konnte. „Es ist schade, gerade jetzt, wo ja eigentlich Mieter für die Innenstadt gesucht werden“, sagt er. Und auch bei der Stammkundschaft sorge die anstehende Schließung für Bedauern. „Manche kommen seit Jahrzehnten zu uns, auch ältere Damen, die Dauerwelle tragen, was viele andere Salons heute gar nicht mehr anbieten“, erklärt der Friseurmeister. „Es tut mir sehr leid, aber ich habe es mir nicht ausgesucht.“

Der 55-Jährige hätte seinen Salon gerne an seine Töchter weitergegeben, die ebenfalls in der Branche arbeiten. Tochter Alina ist sogar bereits Teil des Teams im Salon gewesen. Sie hat genauso wie ihre Kolleginnen bereits einen neuen Job gefunden. Und Oliver Kopmann selbst steckt mitten in einer Umschulung: Er wird bald für die Ruhrbahn Straßenbahnen fahren.