Essen. In Essen sind 14,17 Prozent der Einwohner überschuldet, deutlich mehr als in vielen anderen Großstädten. Die Verteilung ist sehr unterschiedlich.

Die private Überschuldungsquote in Essen ist im Jahr 2020 nur minimal gesunken und stagniert auf hohem Niveau. Vor allem im Vergleich mit deutschen Großstädten ähnlicher Größe sind auffallend viele Privatpersonen überschuldet. Das geht aus den jährlichen Zahlen der Wirtschaftsauskunftei Creditreform hervor, die nun für das laufende Jahr veröffentlicht wurden.

In Essen sind demnach 69.140 Menschen überschuldet , das sind 14,17 Prozent der Einwohner – bei den Städten über 400.000 Einwohnern ist das nach Duisburg der höchste Wert. Gegenüber dem Vorjahr weicht die Zahl nur minimal ab: 2019 lauteten die Kennziffern 69.526 Überschuldete, was 14,23 Prozent entsprach.

Innerhalb des Ruhrgebiets bewegt sich Essen im Durchschnitt

Nimmt man nur das Ruhrgebiet als Maßstab, bewegt sich Essen auch 2020 im Durchschnitt. Regional liegt die Überschuldung bei 14,27 Prozent. Spitzenreiter sind Herne (18,21 Prozent), Gelsenkirchen (18,05 Prozent) und Duisburg (17,53 Prozent), während in Mülheim (11,63 Prozent) oder in Bottrop (11,62 Prozent) deutlich weniger Menschen als in Essen mehr Schulden haben, als sie verkraften können.

Als überschuldet gilt eine Person, wenn ihr Einkommen nicht mehr ausreicht, in absehbarer Zeit Rechnungen zu begleichen oder Kredite zu bedienen. Herangezogen werden dabei Privatinsolvenzen, gerichtlich angeordnete Vermögensauskünfte und Inkassoverfahren von Versandhäusern.

Rund um die Innenstadt und in Altendorf ist der Anteil der Überschuldeten am größten

Wie nicht anders zu erwarten, gibt es in Essen bei der Überschuldung mit die größten Unterschiede im ganzen Ruhrgebiet, wobei das klassische Nord-Süd-Gefälle leicht modifiziert wieder eine große Rolle spielt. Die Creditreform sortiert die übermäßige Schuldenlast nach Postleitzahlen, demnach liegt der Postleitzahlbezirk 45127 mit der Innenstadt, dem Ost-, West- und Südviertel sowie Teilen Altendorfs mit einer Überschuldungsquote von 25,99 Prozent auf Rang 5 innerhalb der Region. Nur in einem Dortmunder und drei Duisburger Bezirken sind noch mehr Menschen in existenziellen Geldnöten.

Auf Rang 10 folgt der Bezirk 45143, wieder mit Teilen Altendorfs, dem Nord- und Westviertel, sowie Bochold. Hier sind 24,68 Prozent der Menschen überschuldet. Der drittgrößte Essener Problembezirk ist der Postleitzahlenbezirk 45139 mit Frillendorf, Huttrop, Ostviertel und Südostviertel, der auf Rang 13 der Negativ-Liste des Ruhrgebiets steht und wo 22,93 Prozent aller Einwohner als überschuldet gelten. Erst dann folgt der klassische Norden mit der Postleitzahl 45326 (Altenessen) und 45327 (Katernberg, Stoppenberg): Hier sind 21,90 bzw. 21,51 Prozent der Menschen in der Schuldenfalle.

Heisingen führt ruhrgebietsweit das Positiv-Ranking an: nur 4,47 Prozent überschuldet

Essen wäre nicht Essen, wenn es nicht auch die komplett andere Seite gäbe. Während Duisburg die Negativliste bei den Ruhrgebietspostleitzahlen gleich mehrfach anführt, ist Essen im „Best of Ruhrgebiet-Ranking“ der Creditreform führend, und auch dies gleich mehrfach.

Denn den geringsten Überschuldungsgrad im gesamten Ruhrgebiet weist hier Heisingen mit der Postleitzahl 45259 und einer Überschuldung von lediglich 4,47 Prozent auf, auch in Haarzopf, der Margarethenhöhe und Fulerum (Postleitzahl 45149) kommen die Menschen gut zurecht mit dem Geld: nur 5,31 Prozent sind überschuldet.

Gleich danach folgt die Postleitzahl 45134 mit Bredeney, Bergerhausen, Rellinghausen und Stadtwald, wo 5,44 Prozent der Bewohner ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können. Der Bundesdurchschnitt liegt übrigens bei 9,87 Prozent – Kupferdreh, Fischlaken und Byfang (45257) oder auch Schönebeck, Bedingrade und Frintrop (45359) liegen in etwa in diesem Quotenrahmen.

Immer mehr Ältere sind in der Schuldenfalle – und auch Corona wird Folgen haben

Nach Angaben von Creditreform trifft Überschuldung immer häufiger ältere Leute und immer weniger jüngere – ein Trend, der erwarten lässt, dass die Überschuldung in den nächsten Jahren in Essen wegen der Überalterung eher noch steigt. Auch die Corona-Pandemie werde Folgen haben, so die Wirtschaftsauskunftei: Bundesweit befürchtet laut Umfragen jeder Vierte, demnächst in Zahlungsschwierigkeiten zu kommen.

Sechs Hauptgründe für Überschuldung

Menschen geraten aus unterschiedlichen Gründen in die Schuldenfalle. Als Auslöser für Überschuldungen spielen „ökonomische“ Ursachen wie Arbeitslosigkeit (19,9 Prozent) und gescheiterte Selbstständigkeit (8,4 Prozent) eine wichtige Rolle. Das Statistische Bundesamt erhebt seit 2008 die Daten.

Auch Trennung und Scheidung (12,5 Prozent) sind als Auslöser nicht selten. An Bedeutung gewonnen haben in den vergangenen Jahren die Ursachen „Erkrankung, Sucht, Unfall“ (17,1 Prozent) und „unwirtschaftliche Haushaltsführung“ (15,9 Prozent), so das Auskunftsunternehmen Creditreform. Zu den sechs Hauptauslösern für Verschuldung zählt auch ein „längerfristiges Niedrigeinkommen“ (9,3 Prozent).