Essen. Riesenandrang auf dem Weihnachtsmarkt in Essen: Der Grund dafür ist kein Glühwein, sondern eine Impfaktion. Es bildet sich eine riesige Schlange.
- Der Impfbus macht am Donnerstag (18.11.) Halt auf dem Weihnachtsmarkt in Essen
- Hunderte Menschen strömen zur Kettwiger Straße, die meisten von ihnen wollen sich boostern lassen
- Einige der Wartenden äußern Kritik an Hausärzten und der Schließung der Impfzentren
Mehrere Hundert Meter lang ist die Schlange, in die sich am Mittwochnachmittag immer mehr und mehr Menschen einreihen. Ihr Ziel: der Impfbus zwischen Primark und Deichmann auf der Kettwiger Straße in der Essener Innenstadt. Die meisten wollen sich dort ab 14 Uhr ihre Booster-Impfung holen. So auch Marina Karrie. Die Grundschullehrerin hat sich bereits um 12.30 Uhr eingereiht.
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„Ich habe vermutet, dass es so voll wird.“ Nach der Booster-Empfehlung der Stiko für alle über 18-Jährigen hat die 26-Jährige zunächst versucht, einen Termin bei ihrem Hausarzt zu machen. Dort hätte sie aber erst einen Termin im Januar bekommen, sagt sie. „Ich arbeite mit 60 ungeimpften Kindern – ich muss mich und die Kinder schützen.“
Impfaktion auf Weihnachtsmarkt: Ältere wurden von Ärzten zu städtischen Angeboten geschickt
Nicht nur die vergleichsweise junge Marina Karrie ist an diesem Nachmittag zur Impfaktion auf den Weihnachtsmarkt gekommen, weil sie bei ihrem Arzt länger auf die Drittimpfung hätte warten müssen. Die 80-jährige Doris Lindken steht ebenfalls in der langen Schlange und sagt: „Die Hausärzte sind absolut überlastet.“ Ihr Arzt hätte ihr sogar geraten, es bei der Booster-Impfung erst einmal bei einer der dezentralen Aktionen der Stadt zu versuchen. Und so ist an diesem Nachmittag auch die 80-Jährige stundenlang auf den Beinen, um sich den Booster zu holen.
Hinter ihr in der Reihe steht Klaus Grochowski, der in Anbetracht der in die Stadt geströmten Menschenmassen sagt: „Mich ärgert, dass die Impfzentren geschlossen wurden – das war eine reine Geldfrage.“ Auch die niedergelassenen Ärzte kritisiert er: „Noch im September haben Ärzte alle ,Hier’ geschrien – und jetzt bekommen sie es alleine nicht hin.“
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Essens Gesundheitsdezernent: „Ein gemeinsamer Kraftakt ist notwendig“
Essens Gesundheitsdezernent Peter Renzel ist am Nachmittag zum Impfbus gekommen, um sich ein Bild von der Lage zu machen. „Ich bin sehr zufrieden, was ich hier sehe“, sagt er, als er die Kettwiger hoch in Richtung Hauptbahnhof schaut. Zeitgleich äußert sich Renzel mit Blick auf die niedergelassenen Ärzte deutlich und fordert, dass diese „möglichst auch samstags und mittwochs impfen“ sollten. Dass in den Praxen alleine die vielen Drittimpfungen nicht durchgeführt werden können, sieht auch er so. „Ein gemeinsamer Kraftakt ist notwendig“, sagt Renzel. „Wir müssen in alle Richtungen Impfangebote machen.“
Am Rande der Impfaktion verrät der Gesundheitsdezernent, dass bis Ende des Jahres 165.000 Essenerinnen und Essener eine Drittimpfung bekommen müssten. Bisher hätten davon erst 30.000 eine Auffrischungsimpfung erhalten. Funktionieren könne das nur im Zusammenspiel zwischen der Stadt, den niedergelassenen Ärzten und ausdrücklich auch den Betriebsärzten, mit denen die Verwaltung in Kontakt stehe.
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Angesprochen auf die von vielen Wartenden geäußerte Kritik, dass das Impfzentrum in der Messe geschlossen wurde, wird er nicht müde zu sagen, dass die dezentralen Impfaktionen in Essen erfolgreich liefen. Zudem gibt er den Ausblick, dass an drei Standorten im Stadtgebiet stationäre Angebote geschaffen werden sollen – Impfzentren light, wenn man so will.
Derweil hat sich die Schlange auf der Kettwiger Straße mittlerweile bis hinter das Café Extrablatt vergrößert. Ganz hinten steht Reinhard Kowalewsky. Der in Düsseldorf arbeitende Journalist sagt zur aktuellen Booster-Situation: „Das zeigt, wie idiotisch es war, die Impfzentren zu schließen.“ Die Stadt würde es mit ihren Angeboten aber vernünftig machen. Er würde es gerne sehen, wenn die Apotheken mit in die Impfkampagne eingespannt würden. Das hatte jüngst auch der Chef des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, gefordert.
>>> Bisher erfolgreichste mobile Impfaktion in der Stadt Essen:
- Eigentlich soll die Impfaktion bis 19 Uhr dauern. Da die Schlange aber auch am Abend nicht kleiner wurde, geht es weiter.
- „Wir schicken hier niemanden nach Hause“, sagt Jörg Spors, Leiter der Koordinierenden COVID-19 Impfeinheit (KoCI) um 18 Uhr. „Wir ziehen das durch.“
- Spors geht davon aus, dass die Impfaktion auf der Kettwiger Straße die erfolgreichste der bisherigen mobilen Aktionen ist.