Stoppenberg. An der Nikolausschule in Essen-Stoppenberg helfen Mediatoren Kindern bei der Konfliktbewältigung. Was sie dabei erleben.

Marcinho (10), Andro (9) und Fabian (9) hatten einen Streit mit vier anderen Jungen. Sie können sich noch lebhaft daran erinnern. Eines der Kinder war auf einen Wurm getreten – doch keiner wollte es gewesen sein. „Dann ist das irgendwie eskaliert“, stellen die drei einstimmig fest. Statt die Kinder den hochgekochten Konflikt unter sich ausmachen zu lassen, hat die Nikolausschule in Stoppenberg ein anderes Instrument geschaffen. Sogenannte Schulmediatoren des Programmes „Seniorpartner in School“ (SiS) unterstützen sie bei der Konfliktbewältigung.

„Die stellen einem ganz gezielte Fragen“, sagt Fabian rückblickend. „Das ist richtig schön, weil man dann darüber nachdenkt, warum der Streit entstanden ist.“ Wie die anderen, war er schon mehrmals bei den Mediatoren. Manchmal waren es Kleinigkeiten, die aus dem Ruder gelaufen und in einen Streit gemündet sind. „Die Mediatoren haben uns daran erinnert, dass wir eigentlich Freunde sind“, erklärt Marcinho. Und Fabian ergänzt: „Streit ist ja auch wichtig, dadurch wird die Freundschaft enger.“

Essener Schulmediatoren wollen Gesellschaft etwas zurückgeben

Mechthild Keller ist Regionalleiterin von SiS in Essen.
Mechthild Keller ist Regionalleiterin von SiS in Essen. © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

Die Schulmediatoren sind Senioren, die sich nach ihrem Berufsleben ehrenamtlich engagieren möchten. Einer von ihnen ist Michael Schäfer (69). Vor seiner Rente war er Prokurist eines Industrieunternehmens. Seit fünf Jahren hilft er ehrenamtlich beim Streitschlichten. „Ich hatte so viel Glück in meinem Leben. Da wollte ich im Ruhestand noch etwas Sinnvolles machen und der Gesellschaft etwas zurückgeben“, sagt er.

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Ähnlich geht es Mechthild Keller (72), SiS-Regionalleitung in Essen und ebenfalls an der Nikolausschule aktiv „Nach dem Ende meines Berufslebens habe ich neue Herausforderungen gesucht“, sagt die Allgemeinmedizinerin, die lange eine eigene Praxis hatte. Beide haben bei SiS eine entsprechende Ausbildung absolviert. Darin lernt man unter anderem, wie man Gespräche so führt, dass die Streithähne den Standpunkt des jeweils anderen besser verstehen.

Essen: Ehrenamtliche haben unvoreingenommen Blick auf die Kinder

„Wie war das für dich?“, gehört zu den typischen Fragen, „Was wünscht du dir von dem anderen?“ oder „Was könnt ihr tun, damit ihr euch beide wohl fühlt?“ „In der Regel fühlen sich die Kinder erleichtert und haben eine hohe Bereitschaft zur Konfliktlösung“, so Kellers Erfahrung. Nicht selten stelle sich dabei heraus, dass ein Streit aus einem Missverständnis geboren sei. Zum Beispiel, weil ein Kind das andere versehentlich angerempelt habe.

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Den Kindern hilft der Blick von außerhalb. Zum einen, weil die Ehrenamtlichen das Gespräch moderieren. „Sonst lässt man den anderen nicht ausreden, weil man genervt ist“, sagt Andro. Zum anderen, weil die Mediatoren die Kinder nicht über Jahre kennen und deshalb unvoreingenommener sind. „Die urteilen nicht so schnell“, findet Fabian. Außerdem ist es für die Schülerinnen und Schüler wichtig, Konflikte nicht vor den Augen aller austragen zu müssen. Marcinhos Erfahrung: „In der Klasse hören die anderen Kinder zu und lachen manchmal.“

Essener Schulleiter: Große Entlastung für die Lehrer

So kann man Teil des Projekts werden

Wer Teil der Schulmediatoren werden will, kann sich auf www.seniorpartner-nrw.de über Mediation, die Voraussetzungen für die Mitarbeit und die kostenlose Ausbildung informieren.

Interessierte können sich zudem an Mechthild Keller, Leiterin der Regionalgruppe Essen, wenden. Kontakt: 0201-412130 oder mechthild.keller@sis-nrw.de.

Auch wenn sich das Projekt ursprünglich an Senioren richtete, sind auch jüngere Ehrenamtliche willkommen.

Schulleiter Michael Schwarz ist ebenfalls hochzufrieden mit den Ergebnissen des Projektes. „Es entlastet die Lehrer enorm“, sagt er. Außerdem habe er den Eindruck, dass die Zahl der Konflikte abgenommen habe – auch wenn nicht in jedem Fall zu verhindern sei, dass die Kontrahenten anschließend noch einmal aneinander geraten. Am häufigsten erleben die Mediatoren Beziehungsstreitigkeiten. Keller nennt ein Beispiel: „Zwei Mädchen sind beste Freundinnen, plötzlich kommt eine dritte dazu und eine fühlt sich alleingelassen.“

In Essen gibt es derzeit fünf Schulmediatoren. Die Verantwortlichen von SiS hoffen, noch mehr Ehrenamtliche gewinnen zu können, um das Projekt auf weitere Schulen auszuweiten. Voraussetzung für den Job: „Empathie und Einfühlungsvermögen, insbesondere für Kinder“, sagt Keller.