Rüttenscheid. Am Rüttenscheider Helmholtz-Gymnasium hat eine fünfte Klasse iPads fest in den Unterricht integriert. Wie klappt das in der Praxis? Ein Besuch.

Statt der klassischen, dunkelgrünen Tafel steht ein weißer Bildschirm vor der Klasse. Darauf zu sehen sind englische Sätze, in denen das Personalpronomen fehlt. His, her, our, their: Was ist richtig? Hände schnellen an die Höhe. Die erste Schülerin kommt nach vorn und schiebt mit flinkem Griff eines der lila umrandeten Pronomen in die Lücke. Falsch. Die Antwort verschwindet. Sofort melden sich die anderen Schülerinnen und Schüler erneut. Schließlich fügt einer von ihnen auf dem interaktiven Display das richtige Wort ein.

Lernen mit Tablets: Das muss unbedingt sein, sagen die einen. Keine gute Idee, schon Grundschüler vor den Bildschirm zu setzen, meinen die anderen – denn wo bleibt denn da das Zwischenmenschliche? Wer Essens erste iPad-Klasse, die 5c des Helmholtz-Gymnasiums, im Unterricht besucht, merkt zumindest schnell: Hier sitzt keinesfalls jedes Kind vor dem Display und arbeitet allein vor sich hin.

Rüttenscheider Gymnasium setzt iPads in allen Fächern ein

„Durch die Tablets ist der Unterricht viel interaktiver geworden“, sagt Englischlehrer Pascal Schrempp, in dessen Unterricht die iPads zum Einsatz kommen. Die Kinder arbeiten mit verschiedenen Apps, in denen sie zum Beispiel Notizen machen, Aufgaben lösen, aber auch miteinander in Kontakt treten und gemeinsam Dokumente bearbeiten können. Lehrerinnen und Lehrer können sich auf die Geräte ihrer Schützlinge schalten, ihnen Aufgaben zuweisen, Ratschläge geben und kontrollieren, ob sie alles richtig gemacht haben.

Auch interessant

Das Pilotprojekt am Helmholtz-Gymnasium ist Anfang dieses Schuljahres gestartet. In allen Fächern werden die Tablets genutzt, in manchen mehr, in manchen weniger. So kämen sie im Sportunterricht logischerweise nicht so oft zum Einsatz, sagt Schrempp. Aber: „Auch dort haben die Kinder zum Beispiel schon eine digitale Bewegungsanalyse gemacht.“ Schrempp hat den Eindruck, dass die Klasse nun viel stärker miteinander verbunden sei: „Jeder kann mit jedem zusammenarbeiten.“

Essener Lehrer: Kinder machen keinen Unsinn im Netz

Dennoch: Eine ganze Klasse voller wuseliger Fünftklässler mit Endgerät und Internetzugang – fokussiert sich da jeder zu jeder Zeit nur auf den Unterrichtsstoff? Lugt man in den hinteren Reihen über die Schultern, sieht man den einen oder anderen gedankenlos mit dem iPad-Stift auf dem Bildschirm herumkritzeln. Reglementieren müsse man aber momentan kaum, sagt Schrempp.

So lernt Essens erste iPad-Klasse

file7ic953ytjiqlh3qi621
file7ic96606x8l1fe7imo3
file7ic95gyevmt17mg146m8
file7ic956m8t5d3dukkgdz
file7ic95jwp2v5rqfll621
file7ic95mhoygnuto4f15d
file7ic95rvckhwj2c0t621
file7ic95w5c1k2vn2yf15d
file7ic95yosq5hzuay2mo3
file7ic958x5a06k2w4sd2n
file7ic968fk0hu164xcawj
1/11

„Mit Fünftklässlern ist es einfacher als mit Siebt- oder Achtklässlern, die schon in den sozialen Netzwerken unterwegs sind“, so der Pädagoge. Tatsächlich seien für die Tablets nur wenige Filter geschaltet, prinzipiell könnten sich die Schülerinnen und Schüler also relativ frei im Internet bewegen. „Bisher haben wir nicht den Eindruck, dass sie viel Unsinn machen“, bilanziert Schrempp. Theoretisch hätte er in der sogenannten „Classroom-App“ die Möglichkeit, bestimmte Zugänge zu blockieren. Dazu habe es bisher aber noch keine Notwendigkeit gegeben.

Lernen mit iPad: „Das ist, als ob man ein ganzes Mäppchen dabei hätte“

Den Kindern, so scheint es zumindest an diesem Dienstagmittag, gefällt vor allem der praktische Aspekt ihrer neuen Lerngeräte. „Wenn man auf dem iPad schreibt, gibt es alle Farben“, sagt Jovana. Die Zehnjährige sitzt vor ihrem Tablet und bearbeitet eine Aufgabe, die sie gerade per eingescanntem QR-Code auf das Gerät geladen hat. „Das ist, als ob man ein ganzes Mäppchen dabei hätte.“

Auch interessant

iPads sind Leihgeräte

Bei den iPads des Helmholtz-Gymnasiums handelt es sich um Leihgeräte, die die Stadt während des Lockdowns an bedürftige Kinder ausgegeben hatte.

Die Mittel dafür stammten aus dem Digitalpakt des Bundes.

Mittlerweile dürfen die Tablets auch im Rahmen von besonderen Projekten vergeben werden.

Ähnlich zweckmäßige Überlegungen treiben Jannis (10) um. „Wenn man auf Papier was wegradiert, hinterlässt das Spuren. Auf dem iPad nicht“, erklärt er. Sitznachbar Erik (10) ergänzt: „Die Audiodateien kann man immer wieder anhören und braucht dafür keinen Lehrer.“ Auch das ist für die Kinder ein wichtiger Aspekt: Das iPad bietet ihnen mehrere Möglichkeiten, um selbstständig zu arbeiten. „Wir haben ein Karteikartenprogramm, mit dem wir unsere Notizen immer wieder durchgehen können“, erzählt zum Beispiel Frida (11). So müsse sie niemand abfragen.

Rüttenscheider Gymnasium würde Projekt gerne ausweiten

Das Gymnasium würde das Projekt gern weiter ausrollen und alle fünften Klassen zu iPad-Klassen machen. Dazu sei man auch mit der Stadt im Gespräch, sagt Schrempp. Aktuell fehlten aber noch die finanziellen Mittel, speziell, um weitere sogenannte „Active Panels“ anzuschaffen. So nennt man die interaktiven Bildschirme, die anstelle einer Tafel eingesetzt werden und die mit den iPads der Klasse verknüpft sind. Das erste, das momentan in der Klasse 5c zum Einsatz kommt, hat die Schule mithilfe von Spenden eigenfinanziert.