Essen. Laut städtischen Zählungen gibt es auf Schützenbahn und Bernestraße mehr Radverkehr, dennoch keine Staus. Eine Fahrradstraße bleibt ein Problem.
Erwartungsgemäß positiv fällt die Bilanz der Stadtverwaltung zur Umweltspur an der Schützenbahn und zur abgegrenzten Radspur („Protected Bike Lane“) an der Bernestraße aus, die im August 2020 auf Kosten einer Fahrspur für Autos eingerichtet wurden. Durch Zählungen vor und nach dem Umbau habe man eine Zunahme von Radfahrern registriert, auch die Ruhrbahn-Busse, für die die Umweltspur ebenfalls gilt, hätten profitiert und seien nun pünktlicher unterwegs. Damit dürfte der unbegrenzte Dauerbetrieb für diese Verkehrsmaßnahmen beschlossene Sache sein.
Stadtverwaltung ringt mit sich und den künftigen Plänen auf der Rüttenscheider Straße
Noch nicht fertig ist die Stadtverwaltung nach Angaben von Verkehrs- und Umweltdezernentin Simone Raskob mit den Plänen zur künftigen Ausgestaltung der Fahrradstraße Rüttenscheider Straße. Hier liegt der Stadt ein bislang nichtöffentlicher Bericht der Essener Polizei vor, die „Handlungsbedarf sieht“, so Raskob. Dabei gehe es um Defizite bei der Verkehrssicherheit, aber auch darum, dass Autofahrer die Rü als Durchgangsstraße nutzen.
Seit Einrichtung der Fahrradstraße vor gut einem Jahr berichten alle Verkehrsteilnehmer von einem wenig harmonischen Miteinander. Laut Raskob sei nun die umstrittene Frage zu klären, ob man Autos am Rüttenscheider Stern und an der Martinstraße die direkte Durchfahrt verwehrt und sie zwingt abzubiegen. „Dazu gibt es noch keine abgeschlossene Meinung in der Stadtverwaltung.“
Viel Widerstand in der Rüttenscheider Geschäftswelt gegen mögliche Abbiegezwänge
Besonders in der Rüttenscheider Geschäftswelt gibt es zu diesem Vorhaben viel Ablehnung. Die Interessengemeinschaft Rüttenscheid hält die Abbiegezwänge für sinnlos und kontraproduktiv, da sich dann der Autoverkehr über die Nebenstraßen Wege in das Rüttenscheider Zentrum suche. Auch werde die Funktion als Durchgangsstraße überschätzt. Die Tatsache, dass die Stadtverwaltung ihre bereits mehrfach terminlich angekündigte Ratsvorlage zu diesem Thema erneut vertagt, dürfte jedenfalls Ausdruck einer schwierigen Entscheidungsfindung sein.
Bei Umweltspur und „Bike Lane“ gibt es hingegen nach den Worten von Raskob keine größeren Konflikte – auch nicht mit Blick auf den Autoverkehr. Allerdings hat es auch nur „geringe Steigerungen“ des Radverkehrs gegeben. In der Vormittagsspitzenstunde, wenn die meisten Verkehrsteilnehmer unterwegs sind, wurden demnach im Bereich des Varnhorstkreisels vor dem Umbau sechs, nach dem Umbau 42 Radfahrer gezählt. An der Kreuzung Bernestraße/Alfredistraße wurden vor dem Umbau ebenfalls sechs Radfahrer gezählt, nach dem Umbau 20.
Zur Spitzenstunde am Nachmittag tauchten am Varnhorstkreisel vor dem Umbau 20, nach dem Umbau 39 Radfahrer auf, am Rheinischen Platz gab es eine Steigerung von 17 auf 30. Auf der Bike Lane waren am Tag der Erhebung in der morgendlichen Spitzenstunde insgesamt 33 Radfahrer in Richtung Norden und zwei in Richtung Süden unterwegs. Am Nachmittag dann elf in nördlicher und sieben in südlicher Fahrtrichtung.
Prozentual beachtliche Radverkehrs-Steigerungen, doch die absoluten Zahlen bleiben bescheiden
Prozentual mögen das teils beachtliche Steigerungen sein, die absoluten Zahlen sind aber wenig beeindruckend. So sieht es auch Baudezernentin Raskob: „Die Zahlen gehen in die richtige Richtung, aber es könnten noch mehr sein.“
Der Autoverkehr, dem in jeder Richtung streckenweise eine Fahrspur genommen wurde, nahm im Bereich der Umweltspur und der Bike Lane ab, und zwar vormittags um etwa 16 Prozent und nachmittags um rund zwölf Prozent. Zugleich sei kein Ausweichverkehr in den anliegenden Straßen festgestellt worden. „Anders als von manchen befürchtet, gab es keine Staubildung“, so Raskob. Allerdings müsse die Gesamtlage weiter beobachtet werden, da die geringeren Zahlen auch mit Corona-bedingten Rückgängen zusammenhängen könne. Die Zählungen vor der Inbetriebnahme erfolgten im April 2019, die Erhebung nach Fertigstellung der Maßnahmen im Juni 2021.
Klar ist laut Raskob, dass der teils großzügige Essener Straßenquerschnitt einige Umverteilungen erlaube, ohne dass es nennenswert negative Folgen für den Autoverkehr gebe. „Bei derartig umfangreichen Eingriffen in den Verkehr benötigen alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer eine gewisse Zeit der Gewöhnung.“ Dennoch zeigen die Zahlen, „dass die Umweltspur und die Protected Bike Lane schon jetzt dazu beitragen, den Radverkehr und ÖPNV attraktiver zu gestalten“. Im Detail sollen nun weitere Optimierungen für Rad- und Busverkehr folgen.