Essen. Die neue Umweltspur am östlichen Rand der Essener Innenstadt macht das Radfahren sicherer. Frei von Gefahren ist das Radeln dort aber nicht.

Radeln gegen den Verkehr, Autos, die einen rechts überholen… Essens erste Umweltspur hält auch für Fahrradfahrer einige Überraschungen bereit, wie ein „Selbsttest“ zeigt.

Die Fahrt beginnt am Südausgang des Hauptbahnhofs, wenige hundert Meter entfernt von der Umweltspur. Die beginnt mit der „Protected Bike Lane“ an den Helbingbrücken, einem geschützten Radweg, der hält, was er verspricht. Die Zufahrt über eine mit roten Steinen gepflasterte Rampe ist allerdings etwas abenteuerlich, auch wenn sie bautechnisch entschärft wurde. Die erste Variante war schlicht zu steil. Nun geht es bequem hinauf, nur das Vorfahrt-achten-Schild nimmt einem nach ein paar Metern den Schwung. Achtung: Hier könnte es gefährlich werden.

In der Unterführung kommen Radfahrer den Autofahrern entgegen

Über eine Rampe geht es auf die „Protected Bike Lane“ durch die Unterführung auf der Bernestraße.
Über eine Rampe geht es auf die „Protected Bike Lane“ durch die Unterführung auf der Bernestraße. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Die Rampe führt direkt in die Unterführung der Bernestraße. Wer sich vor dem Bau der „Protected Bike Lane“ dort als Fahrradfahrer hinein traute, fürchtete weder Tunnel, Tod noch Teufel. Nun lässt es sich bequem und sicher radeln, geschützt vom Autoverkehr durch eine 80 Zentimeter hohe Betonmauer. Dass Radfahrer einem im Tunnel allerdings entgegenkommen kommen können, dürfte vor allem für Autofahrer noch gewöhnungsbedürftig sein. Vor allem bei Dunkelheit.

Der gesicherte Radweg mündet hinter dem Varnhorstkreisel in die Umweltspur. Auf der dürfen auch Busse der Ruhrbahn fahren. Mit 4,75 Metern sei die Spur breit genug, so dass Busse Radfahrer sicher überholen können, heißt es. Trotzdem bin ich froh, dass sich gerade kein Bus von hinten nähert.

Auf der Schützenspur verschwinden die meisten Autos im Tunnel. So ist es vorgesehen für alle, die weiter in Richtung Essener Norden wollen. Einige Autos bleiben mit mir über der Erde. Gemeinsam warten wir an der nächsten Ampel in Höhe der Alten Synagoge. Ich darf hier weiter geradeaus radeln. Autos müssen hinter der Rathausgalerie nach links in die nördliche Innenstadt abbiegen. Auch wer von der Alfredistraße nach rechts auf die Schützenbahn abbiegt, muss diesen Weg nehmen.

Ein Lkw ignoriert die Schilder und fährt unter der Rathausgalerie einfach geradeaus

Ein Lkw-Fahrer ignoriert, dass es unter der Rathaus Galerie nur für Busse und Radfahrer geradeaus weiter geht.
Ein Lkw-Fahrer ignoriert, dass es unter der Rathaus Galerie nur für Busse und Radfahrer geradeaus weiter geht. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Weil das trotz der Markierungen nicht jeder befolgt, hat die Stadt kurz nach der offiziellen Eröffnung der Umweltspur weitere Schilder montiert. Ein Lastwagen vor mir fährt trotzdem verbotenerweise geradeaus.

Ich radele hinterher. Noch immer ist kein Bus in Sicht. Kurz hinter dem Welcome Hotel führt mich der Radweg auf den Gehweg. Das irritiert. Ich bleibe auf der Straße und muss an der nächsten Ampel an der Gerlingstraße auf einer rot markierten Fläche anhalten. Direkt hinter mir kommen Autos und Kleinlaster zum Stehen, die den Tunnel wieder verlassen haben

Entgegen der ursprünglichen Planungen hat die Stadt darauf verzichtet, den Autoverkehr direkt hinter dem Tunnel an einer weiteren Ampel auszubremsen. Nur warten wir an der Gerlingstraße gemeinsam auf Grün. Die Ampel für Radfahrer sprint als erste um. Mir bleiben vier Sekunden, um einen Vorsprung herauszufahren, denn die Umweltspur verläuft vor dem Viehofer Platz in der Mitte der Fahrbahn. Die Zeit reicht. Dennoch ist es ein merkwürdiges Gefühl, als mich ein Pritschenwagen, der weiter in Richtung Altenessen fährt, rechts überholt. Bleibt zu hoffen, dass alle Verkehrsteilnehmer dort fahren, wo sie fahren sollen.

Ein Sattelzug parkt mitten auf der Umweltspur, der Fahrer lädt seine Ladung aus

Bis zur Gladbecker Straße ist es nicht mehr weit. Dort geht es ins Universitätsviertel und für Radfahrer auf der Trasse der Rheinischen Bahn weiter. Ich kehre um, fahre auf der Umweltspur zurück, nun in südliche Richtung. Am Viehofer Platz taucht ein Ruhrbahn-Bus neben meinem Leihrad auf und kommt mir bedrohlich nahe. Ich biege rechts ab, radele weiter, bis mir ein Sattelzug den Weg versperrt.

Der Fahrer hat seinen Lkw mitten auf der Umweltspur geparkt und lädt seine Ladung aus. Ich umkurve das Hindernis und fahre weiter in Richtung Varnhorstkreisel, bis die Umweltspur plötzlich im Nirwana verschwindet. Habe ich ein Schild übersehen? Oder eine Markierung? Ich weiß, dass ich dem Kreisverkehr folgen muss, um wieder auf die „Protected Bike Lane“ auf der Bernestraße zu gelangen. Wer das nicht weiß, sucht womöglich vergebens.

Auf der drei Kilometer langen Strecke begegne ich zwei Fahrradfahrern

Im Tunnel der Bernestraße dürfen Radfahrer auch gegen die Fahrtrichtung des Autoverkehrs radeln.
Im Tunnel der Bernestraße dürfen Radfahrer auch gegen die Fahrtrichtung des Autoverkehrs radeln. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

In der Unterführung kommt mir ein Radfahrer entgegen. Es ist der zweite, dem ich auf der drei Kilometer langen Strecke begegne. Bin gespannt, wie viele die Umweltspur im Sommer bei schönem Wetter nutzen werden.

Fazit: Die Umweltspur führt mich wie versprochen aus Richtung Süden in die Innenstadt. Vor allem der gesicherte Radweg durch die Unterführung der Bernestraße ist ein Gewinn. Wer sich aber noch unsicher auf dem Rad bewegt, sollte vorsichtig sein. Die Umweltspur hat auch deshalb ihre Tücken, weil sie von Autofahrern große Achtsamkeit verlangt.

Mehr Farbe auf der Fahrbahn würde es allen leichter machen, sich zu orientieren. Auch das ein oder andere Schild würde helfen, wenn es in Richtung Süden geht. Auch hier sollte die Stadt möglichst bald nachbessern.

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