Essen. Weil Essener Bäder wegen Corona so lange dicht waren, können immer mehr Vorschulkinder nicht schwimmen. Die Nachfrage nach Schwimmkursen ist groß.
Der Corona-Lockdown hat zum Teil dramatische Auswirkungen auf den Schwimmunterricht für die ganz Kleinen in Essen. Fast ein kompletter Geburtstagjahrgang hatte wegen pandemiebedingt geschlossener Hallen- und Freibäder keine Möglichkeit, Schwimmen zu lernen. In Essen seien davon zwischen 8000 und 9000 Essener Kinder betroffen, schätzt Thorsten Flügel, Vorsitzender des Essener Sportbundes (Espo). Die Folgen dieses Rückstaus: Die Wartelisten für Anfängerschwimmkurse, die schon vor Corona lang waren, sind in Essen noch länger geworden – die Wartezeiten betragen mitunter bis zu zwei Jahre. Viele Eltern sind verzweifelt, Experten sprechen bereits von der Generation Nichtschwimmer.
Der Schwimmverein Steele 11 schreibt die Schwimmausbildung auch für Vorschulkinder seit jeher groß. „Aber auch unsere Wartelisten sind lang“, sagt die Vorsitzende Hannelore Rottmann, und fügt an: „Uns fehlen schlichtweg die Wasserzeiten.“
Beim Schwimmverein Steele 11 stehen 100 Kinder auf der Warteliste
100 Namen stünden aktuell auf der Warteliste, aber in den sechs laufenden Schwimmkursen mit je vier Übungsleitern sei höchstens Platz für jeweils zwölf Kinder. „Wir bilden die Kinder so lange aus, bis sie schwimmen können und das Seepferdchen schaffen“, betont Rottmann. Eine Kursgebühr werde nicht berechnet, stattdessen werden die Schwimmschüler gegen eine Monatsgebühr von 11 Euro Vereinsmitglieder.
Um mehr Wasserzeiten anzubieten, hat sich die Stadt Herne eine pfiffige Notlösung einfallen lassen: Sie öffnet an zwei Schulen die Lehrschwimmbecken. Ein Modell, das sich auf Essen allerdings nicht übertragen lässt. Der Grund: Zwei der insgesamt drei Lehrschwimmbecken – Holsterhausen und Borbeck – sind schon seit geraumer Zeit außer Betrieb und das dritte in Burgaltendorf wird bereits intensiv von der Schwimmabteilung des TV Einigkeit genutzt. Es ist wohl nicht davon auszugehen, dass die Reparaturen noch in diesem Jahr abgeschlossen werden können.
Intensivkurse in den Oster-, Sommer- und Herbstferien sind ruckzuck ausgebucht
Um die Welle von Nichtschwimmern einigermaßen in den Griff zu bekommen, bietet Essen schon seit geraumer Zeit in den Oster-, Sommer- und Herbstferien zweiwöchige Intensivkurse für Vorschul- und Grundschulkinder an: an fünf Tagen in der Woche, jeweils eine Stunde mit dem Abschluss Seepferdchen oder gar Bronze.
Am Freitag (22. Oktober) sind drei solcher Blockkurse zu Ende gegangen: im Oststadtbad, im Nordost-Bad und in der Alten Badeanstalt. In den Sommerferien habe der Espo in vier Bädern 34 Kurse für 430 Kinder durchgeführt, so Petra Fischer, Leiterin der Abteilung Sportarbeit. Wenig überraschend: Die begehrten Plätze waren ruckzuck vergeben. Wie die Sport- und Bäderbetriebe mitteilen, haben die „Sparte Schwimmen“ und andere Vereine 230 Schwimmkurse durchgeführt, seit die Corona-Schutz-Verordnung dies wieder zu lasse.
Als strukturelles Dauerproblem erweist sich obendrein der Mangel an Ausbildern. „Auch uns fehlen die Trainer“, sagt Hannelore Rottmann. Der Espo hat das Problem erkannt und will die Ausbildung von Schwimmassistenten forcieren. Der Schnellkurs dauere nur wenige Wochen, die Bezahlung für den Dienst im Becken liege später bei durchschnittlich 15 Euro Stundenlohn. Das DLRG-Rettungsabzeichen zähle zu den Mindestanforderungen. Eine besondere Herausforderung in dieser Stadt: Aufgrund des starken Zustroms seit der Flüchtlingskrise und wegen des steigenden Migrantenanteils nimmt die Zahl von Nichtschwimmern bei der Einschulung stetig zu.
Bei OB Thomas Kufen steht das Nichtschwimmer-Thema oben auf der Agenda
Was den Espo-Verantwortlichen gut tut: Sie wissen zu schätzen, dass die Schwimmausbildung der Jüngsten sehr weit oben steht auf der Agenda von OB Thomas Kufen. Der eigens geschaffenen Arbeitsgruppe gehört auch ein Mitarbeiter des OB-Büros an.