Essen. Zwei Essener bieten vor einem Supermarkt in Essen-Katernberg gefälschte Impfbücher an. Ihr Pech: Die Angesprochenen sind Polizisten in Zivil.

Der Polizei in Essen ist ein Schlag gegen Fälscher von Impfpässen gelungen: Schon am vergangenen Freitagabend (15. Oktober) sind auf einem Supermarkt-Parkplatz in Essen-Katernberg zwei Männer vorläufig festgenommen worden. Die Polizei stellte insgesamt 60 gefälschte Blanko-Impfbücher, Herstellungsgegenstände und zwei Schreckschusswaffen sicher, so Polizeisprecher Matthias Werk. Bei den mutmaßlichen Fälschern handele es sich um einen 29 Jahre alten Essener und seinen 21-jährigen Komplizen.

Polizei erhält einen Tipp, daraufhin rücken zivile Einsatzkräfte nach Katernberg aus

Zeugen hatten die Polizei auf den Verkauf gefälschter Impfpässe hingewiesen. Daraufhin eilten die zivilen Einsatzkräfte nach Katernberg. Gegen 19 Uhr hätten sich tatsächlich zwei Männer in einem Fahrzeug genähert. Der Beifahrer ging unaufgefordert auf einen Zivilbeamten zu und bot ihm zwei Impfpässe zum Verkauf an. Um die gute Qualität der Pässe zu bewerben, habe der 29-jährige Essener mit deutscher Staatsbürgerschaft mehrere Chatverläufe von vermeintlich zufriedenen Kunden vorgezeigt.

Anschließend habe er dem Polizisten einen Impfpass überreicht. Durch die Zivilkräfte sei gleich nach der Übergabe der Zugriff erfolgt. Der 29-Jährige ist Deutscher, der 21-Jährige besitze neben der deutschen auch die türkische Staatsbürgerschaft.

Bei der Durchsuchung des Fahrzeuges hätten die Einsatzkräfte gestempelte und unterschriebene Impfausweise mit Covid-Einklebern sicherstellen können. Ferner seien ein Stempel mit der Aufschrift „Impfzentrum Essen“, Blanko-Etiketten, zwei Schreckschusswaffen und ein fünfstelliger Bargeldbetrag aufgefunden und sichergestellt worden.

Sichergestellt: 60 Blanko-Impfpässe („Impfzentrum Essen“) und Schreckschusswaffen

Die Staatsanwaltschaft Essen haben einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnungen der beiden Tatverdächtigen erwirkt. Die Durchsuchungen hätten noch am selben Abend stattgefunden. Dabei seien weitere mutmaßliche Blanko-Impfpässe, Etiketten und noch ein Stempel mit der Aufschrift „Impfzentrum Essen“ aufgefunden und sichergestellt worden.

Im Anschluss an die Durchsuchungsmaßnahmen seien die beiden Essener, die beide einen festen Wohnsitz haben, nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft Essen aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden.

Essener Apotheker berichtet von einem aktuellen Betrugsversuch

Der Essener Apotheker Andreas Bessenbach, Inhaber der Hirsch-Apotheke am Limbecker Platz, kennt das Fälscher-Problem aus dem Alltag. „Ein leidiges Thema“, sagt er. Erst vor kurzem sei ein Mann in seiner Apotheke mit einer gefälschten Impfbescheinigung vorstellig geworden mit der Absicht, sich auf die Schnelle einen QR-Code für einen digitalen Impfnachweis zu besorgen. Doch das Personal sei misstrauisch geworden und habe die Arztpraxis angerufen, die die Impfbescheinigung angeblich ausgestellt habe. „Doch in der Praxis kannte den Mann niemand“, berichtet der Apotheker.

Wie sich herausstellte, war der Stempel der Arztpraxis gefälscht, die Praxennummer auf dem Stempel sei nicht korrekt gewesen. Als der Apotheker dann auch noch die Polizei anrief und sich das Prozedere arg in die Länge zog, sei der Verdächtige vorn im Geschäft unruhig geworden. Bessenbach: „Schließlich suchte er das Weite.“

Schwarzmarktpreise liegen zwischen 50 und 80 Euro

Nach Angaben des Apothekers liegt der Schwarzmarktpreis für gefälschte Impfausweise aktuell zwischen 50 und 80 Euro. Ein lukratives Geschäft also für die Fälscher. Bessenbach geht davon aus, dass die Betrugsmasche von Drahtziehern im Hintergrund gesteuert und kontrolliert wird. Eine Ebene darunter gebe es die Leute, die Dutzende Apotheken mit gefälschten Papieren abklapperten, um im großen Stil in den Besitz von digitalen Impfnachweisen zu gelangen.

Wie die „Bild am Sonntag“ berichtete, sollen nach Auskunft aller 16 Landeskriminalämter in Deutschland mehr als 1100 Strafverfahren wegen gefälschte Impfpässe anhängig sein, davon allein 500 in Nordrhein-Westfalen.

Wer einen Impfpass fälscht, begeht eine Urkunden-Fälschung, die mit einer Geldstrafe oder bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden kann.