Gladbeck. Auch Apothekern in Gladbeck werden jetzt vermehrt gefälschte Impfpässe vorgelegt. Das Ende der kostenlosen Corona-Bürgertests erhöht den Druck.
Die bald kostenpflichtigen Abstriche an zertifizierten Corona-Teststellen und die Ausweitung der 2G-Regel erhöhen offenbar den Druck auf Impfunwillige oder Impfgegner. Denn die Apotheker in Gladbeck und im Kreis stellen eine deutliche Zunahme von gefälschten Impfpässen fest, die ihnen vorgelegt werden. Ein Test der WAZ zeigt, wie erschreckend einfach man via Internet ein gefälschtes Dokument kaufen kann.
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„Meine Kollegen aus Gladbeck und anderen Kreisstädten wenden sich meist an das Impfzentrum des Kreises, sobald sie den Verdacht haben, dass ihnen ein gefälschter Impfausweis vorliegt“, berichtet die Gladbecker Apothekensprecherin Dorothee Pradel. Diese Anfragen liefen dann bei ihr als Pharmazeutischer Leiterin des Impfzentrums auf. Seien es im gesamten Impfzeitraum nur etwas mehr als eine Handvoll aufgefallener Impfpass-Fälschungen gewesen, so habe sich das Bild jetzt mit dem nahenden Ende der kostenlosen Bürgertests (11. Oktober) geändert. „Allein in der vergangenen Woche waren es zehn“, so Pradel. In ihrer Apotheke hätte ein Kunden sogar ganz dreist nachgefragt, „ob er Blanko-Impfausweise bei mir kaufen könne“.
Ein krimineller Impfpass-Händler lässt sich schnell im Internet finde
Legal geht das natürlich nicht. Die WAZ macht den Test, wie schnell man an einen gefälschten Impfpass gelangen kann. Mit nahe liegenden Suchbegriffen lässt sich ein krimineller Händler schnell über den Internet-Messenger Telegram finden. Denn die Chat-App ist nicht nur bei denjenigen beliebt, die für Schnellnachrichten auf dem Smartphone keinen Facebook-Dienst wie Whatsapp nutzen wollen, sie hat auch Konjunktur bei Querdenkern und Impfgegnern. Fruchtbarer Boden also für einen Handel mit Fake-Impfbüchern.
Der Strafkatalog wurde verschärft
Bereits Ende Mai dieses Jahres hat der Bundestag beschlossen, eine Gesetzeslücke in Sachen Impfdokumente zu schließen. Demnach macht sich strafbar, wer falsche Angaben in Impf-, Genesenen- und Testdokumente einträgt oder wer unrichtige Dokumente dieser Art nutzt.
Die Nutzung unrichtiger Dokumente dieser Art kann mit Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet werden. Das Ausstellen unrichtiger Dokumente wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet.
Nach kurzer Zeit sind wir mit einem Händler in Kontakt. „Kann man bei dir einen Impfpass mit Biontech bestellen? Lieferst du auch nach Gladbeck?“, fragen wir. Fünf Minuten später kommt die Antwort: „Beides kein Problem.“ Allerdings wird uns empfohlen, die Bestellung nicht über Telegram abzuschließen, sondern die Website des Händlers zu besuchen. Sie wirkt wie ein herkömmlicher Online-Shop – nur werden hier eben gefälschte Dokumente angeboten. Die Preise: 150 Euro für einen Impfpass, in dem eine doppelte Biontech-Impfung eingetragen wurde. Bezahlt werden soll ausschließlich mit Kryptowährungen wie Bitcoins. Aber wir bekommen Links zugeschickt, um unkompliziert Krypto-Gutscheine kaufen zu können. An die Bitcoin-Börse müssen wir also nicht. Nur zur Erinnerung: Eine Corona-Impfung gibt es kostenlos und inzwischen auch ohne Termin.
Apothekerin zeigt Fälschungen sofort bei der Polizei an
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Wir fragen den Händler noch einmal via Messenger: „Ist das auch sicher?“, „Das ist Original“, versichert er. Sollte dies stimmen, hätte man mit dem Fake-Pass auch keine Probleme, einen digitalen Nachweis in der Apotheke zu erhalten. Denn das Problem für die Apothekerinnen und Apotheker ist, dass es keine zentrale Datenbank gibt, wo die echten Impfungen abgespeichert sind und schnell mit vorgelegten Dokumenten online abgeglichen werden könnten. Apothekensprecherin Dorothee Pradel ist trotzdem zuversichtlich, den Großteil der Fälschungen zu erkennen. „Denn die Einträge weisen meist leicht zu erkennende Fehler, beziehungsweise Fälschungen auf“, so die Expertin.
Allzu sehr ins Detail will sie nicht gehen, um Fälschern keine Tipps zu geben. Nur soviel: Oft gebe es Schreib- oder Stempelfehler, oder die Chargennummer sei falsch. Letztere könne sie als Pharmazeutische Leiterin des Zentralen Impfzentrums schnell überprüfen, „da wir dokumentiert haben, welche Impfstoffchargen hier angeliefert und wann sie verimpft worden sind“. Die entdeckten Fälschungen würden sofort bei der Polizei angezeigt, seien strafbar und kein Kavaliersdelikt (siehe Infobox). Besondere Genugtuung bereite, sagt Dorothee Pradel, dass die Verfolgung der Inhaber des gefälschtem Impfpass einfach sei, „denn alle personenbezogenen Daten stehen ja schön auf dem vorgelegten gefälschten Dokument“.