Essen. Büros sind in Essen gerade weniger gefragt als in der Vergangenheit. Große Konzerne geben sogar Flächen ab. Die Folgen sind deutlich ablesbar.

Zurück ins Büro oder doch weiterhin von zu Hause arbeiten? Eine Frage, die in vielen Unternehmen noch diskutiert wird und die auch von Immobilienexperten mit Spannung verfolgt wird. Denn mit Ausbruch der Corona-Pandemie ist der Essener Büromarkt regelrecht eingebrochen und hat sich noch immer nicht davon erholt.

Das heißt: Es werden deutlich weniger Büros angemietet als vor Corona, die Unternehmen halten sich zurück. Und nicht nur das. Mittlerweile stehen deutlich mehr Büros leer als in den vergangenen drei Jahren. Aktuell summiert sich das auf über 207.000 Quadratmeter.

Der Leerstand ist damit in den vergangenen neun Monaten regelrecht in die Höhe geschnellt. Lag die Leerstandsquote vor Corona bei 3,1 Prozent ist sie seit Jahresbeginn auf nun 6,5 Prozent angewachsen. Und das liegt nicht etwa daran, dass in dieser Zeit neue Büros fertig gebaut wurden, die jetzt leer stehen. Sondern zum Großteil haben sich Unternehmen von Büroflächen getrennt.

Leerstand hat sich seit Jahresbeginn verdoppelt

„Auch wenn 6,5 Prozent Leerstand noch nicht dramatisch sind, ist das schon ein extremer Anstieg in kurzer Zeit“, sagt Markus Büchte, Vorstand beim Maklerunternehmen Cubion. Das Unternehmen zählt zu den führenden Büromaklern in der Stadt. Wie viel Anteil Home-Office an dieser Entwicklung hat, lasse sich seriös nicht sagen. „Es wird einen Effekt haben, aber nicht den entscheidenden“, ist Büchte überzeugt.

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Vielmehr sieht der Immobilienexperte einen anderen Grund, warum aktuell so viele Büroflächen in Essen leer stehen. Er hat ausgerechnet, dass seit Januar bis jetzt etwa 77.000 Quadratmeter Büroflächen „abgemietet“ wurden, also freigezogen wurden. Und das vor allem von den großen Konzernen RWE, Eon, Thyssen-Krupp und der Telekom, die ihren Standort am Fernmeldeamt aufgegeben hat. RWE hat unter anderem Büros an der Gildehofstraße verlassen. Die Mitarbeiter sind auf den neuen Campus an die Altenessener Straße gezogen. Eon hat Geschäftsräume rund um den RWE-Turm geräumt und Thyssenkrupp die angemieteten Flächen im Büropark Bredeney.

Büchte schlussfolgert daraus: „Aus meiner Sicht hängt der wachsende Büroleerstand in erster Linie mit der Konsolidierung in diesen Unternehmen zusammen.“

Deutlich weniger Bürovermietungen in diesem Jahr

Auf der anderen Seite ist die Nachfrage nach Büroflächen in Essen weiter gedämpft. Vor allem große Mietabschlüssen fehlen. In den ersten neun Monaten wurden stadtweit gerade einmal 57.000 Quadratmeter an neue Mieter vermittelt. Damit dürfte Essen am Jahresende wohl gerade einmal das maue Ergebnis von 2020 erreichen, als 85.000 Quadratmeter vermietet wurden.

Büchte blickt dennoch verhalten optimistisch ins neue Jahr. Denn der vergleichsweise hohe Leerstand, der sich aufgebaut hat, birgt auch neue Chancen. Unternehmen, die kurzfristig Büros in Essen suchen, haben nun wieder eine größere Auswahl. Bei einem Leerstand von 3,1 Prozent mussten Makler so manches Gesuch an Essen vorbeiziehen lassen.

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Das größere Angebot ist auch vor dem Hintergrund positiv, da in den kommenden zwei Jahren so gut wie keine neuen Büroflächen auf den Markt kommen werden. Von den 48.000 Quadratmetern, die nächstes Jahr fertig gebaut werden, sind gerade noch 1400 Quadratmeter verfügbar, der Rest bereits vermietet oder für Eigennutzer gedacht. 2022 sieht es kaum besser aus.

Leerstand in Essen dürfte erstmal weiter zunehmen

Die stark gestiegene Leerstandsquote könnte allerdings den einen oder anderen Büro-Investor dazu bringen, seine Neubaupläne vorsichtiger anzugehen. „Aus meiner Sicht gibt es dafür aber keinen Grund“, meint Büchte. Gerade moderne, gut ausgestattete Büros seien auch weiter gefragt.

Auch Amedeo Augenbroe, Essener Niederlassungsleiter des Maklers BNP Paribas Real Estate, rechnet bis Ende des Jahres damit, dass der Leerstand zunächst weiter zunehmen wird. Auf längere Sicht sieht er aber eine Erholung am Büromarkt: „Vor dem Hintergrund positiver Wirtschaftsprognosen ist von einer zunehmenden Nachfragebelebung in den nächsten Quartalen auszugehen.“