Essen. Die AfD hat an vier Tagen im Oktober die Grugahalle gemietet, um ihre Kandidaten für die Landtagswahl zu nominieren. Dagegen regt sich Protest.
- Die AfD will in der Essener Grugahalle ihre Kandidaten für die Landtagswahl 2022 küren
- Gegen die Veranstaltung regt sich Protest, die Polizei bereitet sich vor
- Am Freitag, so erwartet man, fände ein kleinerer Protest statt, am Samstag sollen mehr Demonstranten zusammenkommen
Seit über 60 Jahren ist die Essener Grugahalle „ein Garant für Spitzen-Entertainment“, wirbt die Messe Essen für den Schmetterlingsbau als Veranstaltungsort. „Alles ist möglich“, heißt das vollmundige Versprechen von der Norbertstraße - und das gilt auch für die AfD. An gleich zwei Wochenenden im Oktober wird der NRW-Landesverband der Alternative für Deutschland die Halle belegen, um dort vor großer Kulisse die Kandidaten für die Landtagswahl 2022 zu küren. Klar, dass das nicht ohne Proteste über die Bühne gehen wird.
Nach entsprechenden Anmeldungen für bislang zwei Anti-AfD-Kundgebungen durch die Initiative „Aufstehen gegen Rassismus Essen“, die von „Essen stellt sich quer“ und der örtlichen Antifa unterstützt werden, bereitet sich die Polizei bereits auf Großeinsätze vor. Dies bestätigte deren Sprecher Pascal Schwarz-Pettinato am Mittwoch.
In den sozialen Medien kursieren bereits die ersten Demo-Aufrufe unter dem Motto „Essen ist kein ruhiges Hinterland“. Während die Anmelder laut Polizei bei einem Auftakt zum Protest am Abend des 22. Oktobers mit etwa 25 Teilnehmern rechnen, sollen tags drauf zwischen 9 Uhr morgens und 20 Uhr abends mindestens 300 Menschen zusammenkommen, so eine erste Einschätzung. „Doch wir denken, dass es mehr werden können“, sagt Schwarz-Pettinato.
Ob an zwei Wochenenden protestiert wird, ist noch nicht klar
Ob am Wochenende drauf, wenn die AfD am 30. und 31. Oktober erneut die Grugahalle belegt, weitere Versammlungen geplant sind, konnte eine Sprecherin von „Aufstehen gegen Rassismus“ auf Nachfrage noch nicht sagen.
Für den Grüne-Ratsherr Rolf Fliß, Bürgermeister der Stadt Essen und Mitglied im Aufsichtsrat der Messe Essen, ist die Vermietung der Grugahalle an die AfD zwar „bitter“, aber nur zu vermeiden, wenn der Rat einen Beschluss fassen würde, dass städtische Immobilien grundsätzlich für alle politischen Parteien und Organisationen sowie deren Veranstaltungen tabu sind.
Da die Politik sich dazu mehrheitlich bislang nicht hat durchringen können, weil es auch Einnahmeverluste etwa für die Messe bedeuten würde, die nach der Corona-Krise finanziell „massiv am Tropf der Stadt hängt“, so Fliß, gebe es keine Handhabe, Rechtsextremisten oder -populisten einen Riegel vorzuschieben: „Alle verfassungskonformen Parteien haben Anspruch auf frei vermietbare Hallen.“
Selbst eine Tagung der „Grauen Wölfe“ ließ sich nicht verhindern
Fliß erinnert daran, dass seine Partei bereits 2011 hatte rechtlich prüfen lassen, ob sich eine Tagung der „Grauen Wölfe“, einer rechtsnationalen türkischen Vereinigung, in der Grugahalle verhindern ließe. Die Antwort lautete: nein.
Essens Messe-Chef Oliver P. Kuhrt bestätigte auf Anfrage ebenfalls, dass es aus Sicht des Hallenvermieters keinerlei rechtliche Handhabe gebe, die Buchung der Räumlichkeiten abzulehnen. Der in der Vergangenheit an anderen Orten unternommene Versuch, der AfD die Nutzung von verfügbaren Veranstaltungsräumen oder -hallen vorzuenthalten, sei mehrfach gerichtlich einkassiert worden, so Kuhrt: „Wahlbewerberaufstellungen aller demokratisch gewählten Parteien im Landtag fanden auch in der Vergangenheit auf dem Gelände der Messe Essen statt – auch die der AfD.“
Vor sechs Jahren hieß es Petry gegen Lucke in der Grugahalle
Zuletzt vor vier und sechs Jahren, als die Alternative für Deutschland Ende Februar 2017 für ihren Landesparteitag einen Saal im Congress-Center an der Norbertstraße buchte, und im Juli 2015 die Grugahalle belegte, um beim Sonderparteitag darüber abzustimmen, ob Parteigründer Bernd Lucke oder seine rechtslastige Herausforderin Frauke Petry den Vorsitz übernimmt.
Für das Linksbündnis „Essen stellt sich quer“, das die anreisenden Mitglieder empfing, war die Sache schon damals klar: „Die Alternative für Deutschland ist eine rechtsextreme Partei.“ Und das dürfte nach dem jüngsten Rücktritt von Jörg Meuthen kaum besser werden, befürchtet Rolf Fliß: Die nationale Rechte scheine die Oberhand zu gewinnen. Das dürfte den Protesten Ende Oktober wohl Aufwind geben.
Dieser Artikel erschien am 13. Oktober 2021, er wurde geringfügig aktualisiert.