Essen. Mit Mozart „atemlos durch die Nacht“: Wie Timm Beckmanns „Liga der außergewöhnlichen Musikerinnen“ den Neustart in Essens Zeche Carl feiert.
Kulturveranstaltungen können in Zeiten der Pandemie zu echten (Über-)Lebensfeiern werden. Wie also zelebriert man die klangvolle Rückkehr der „Liga der außergewöhnlichen Musiker“ nach anderthalb Jahren Corona-Pause? Mit „Viva La Vida“ von Coldplay. Hymnische Stadionklänge, sogar in Kammermusik-Besetzung, und zum Mitsingen für alle. Das Arrangement für Streicher und Holzbläser, von den famosen „Fills“, der Abordnung der Essener Philharmoniker, so originell wie mitreißend auf die Bühne gebracht, war schon allein den Besuch der lange ausgesetzten Liga-Show wert.
Statt des feinen Kabarett-Floretts kommt auch mal die dickere Komik-Keule zum Einsatz
Während der Coronazeit ist vieles nicht passiert und doch hat sich manches geändert. Aus der Musiker-Liga ist nun beispielsweise die „Liga der Musikerinnen“ geworden. Moderator, Musiker und Liga-Erfinder Timm Beckmann nennt es einfach das „generische Femininum“. Ohne Gendersterne, was nach seiner Ansicht auch nicht die ultimative Lösung sein könne. „Da muss noch was Geileres her“, findet Beckmann, der in seiner ersten Mix-Show nach langer Pause auf starke Kontraste gesetzt hatte.
Statt des feinen Kabarett-Floretts wurde da auch schon mal die dickere Komik-Keule rausgeholt. Wehrhafte Streiter dieses eher deftigen Humors ist das Comedy-Trio „Eure Mütter“. Der Name ihres aktuellen Programms „Bitte nicht am Lumpi saugen“ gab auch in Essen die thematische Richtung vor. Aspekte der Intimrasur werden da ebenso besungen wie die olfaktorischen Ähnlichkeiten einer Bifi-Wurst und eines empfindsamen männliches Körperteils. Dass „Eure Mütter“, wenn sie nicht gerade zur Laute gegen die Beschicker von Mittelaltermärkten zu Felde ziehen, auch auf Begleitmusik aus der Konserve zurückgreifen, ist für das „Liga“-Format eher ungewöhnlich.
Live und ebenso Hand- und mundgemachte Klänge gab es ansonsten aber viel und fabelhaft. Vom Duo „Ass-Dur“ beispielsweise. Die Brüder Florian und Dominik Wagner verschwistern U und E so hemmungslos heiter, dass Helene Fischers „Atemlos“ plötzlich nach Mozart klingt und selbst der „Final Lockdown“ richtig gute Laune macht, wenn er wie der „Final Countdown“-Hit von „Europe“ mit ungewöhnlicher Blockflöten-Begleitung klingt.
Auch in der wie immer ebenso humorvollen wie kenntnisreichen Moderation von Timm Beckmann fanden Klassik und Corona-Verordnung zusammen: In Gestalt der Familie Bach, dessen Sohn Carl Philipp Emanuel die Fills zunächst musikalisch in Szene setzten. Bevor Timm Beckmann aus dem nach Wahrnehmung drängenden Sohn kurzerhand einen „Lauter“-Bach machte.
Sängerin „Fee“ sorgt mit eher leisen Songs für den Kontrast
Eher leise statt laut geriet dann der Auftritt von „Fee“. Die Singer-Songwriterin kontrastierte den musikalischen Übermut der männlichen Kollegen mit eher nachdenklichen Songs und persönlichen Geschichten. Etwa die vom bedauernswerten Auftritt ohne Publikum in einer Kölner Salatbar, wo sich selbst das Verkaufspersonal davon machte.
Das begeisterte Publikum aber mochte kaum genug kriegen. Und feierte das von allen Akteuren angestimmte „Mütter“-Lied „Kinder wollen soviel wissen“ in der noch nicht wieder ausverkauften, aber doch recht gut besetzen Zeche Carl zur „Liga“-Halbzeit schon wie ein großes Finale.
Wer den Auftritt verpasst hat: Am 23. September gibt’s eine weitere Show im Oberhausener Ebertbad.
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