Essen-Karnap. Einige Märkte in Essens Stadtteilen ziehen die Besucher förmlich an, andere haben jetzt ganz aufgegeben. Drei Dinge braucht es zum Erfolg.

Eisern kam Josef Hartl jeden Samstag zum Karnaper Markt in Essen, um dort seinen Obst- und Gemüsestand aufzubauen – er war dort der letzte seiner Art. Vor einigen Wochen machte er Schluss. Ein Wochenmarkt mit einem einzigen Stand ist kein Wochenmarkt, so das Credo. Doch der Karnaper Martin Rau findet: Ein leerer Marktplatz ist eine verlorene Chance. Auf Facebook rief er dazu auf, Ideen zu äußern, wie man den Marktplatz attraktiver gestalten könnte. Die Resonanz war groß.

Markt im Essener Norden fehlen Händler und Kaufkraft

3500 Quadratmeter groß ist der Marktplatz und es gibt viele Initiativen, die im Stadtteil etwas bewegen möchten, weiß Rau. Oktoberfest, Schützenfest, Flohmarkt, Kleidermarkt, Adventsbasar, Markt der Kulturen, Feierabendmarkt - die Ideen kamen schnell zusammen. Michaela Müller schreibt: „Ein Flohmarkt in regelmäßigen Abständen, in Verbindung mit Bratwurst und Pils, da wären bestimmt einige dabei! Wenn ich überlege, was ich alles im Keller habe, was andere für kleines Geld gebrauchen könnten. Kleine Standgebühr und das Geld dann für Karnap nutzen.“ Doch mit den Ideen kamen auch Bedenken: fehlende Parkplätze, mangelnde Kaufkraft, viel Organisationsarbeit.

Den Wochenmarkt gibt es in Essen-Karnap nicht mehr. Wer einkaufen will, geht zu Rewe. Der Marktplatz selbst soll aber wieder belebt werden, Martin Rau setzt sich dafür ein.
Den Wochenmarkt gibt es in Essen-Karnap nicht mehr. Wer einkaufen will, geht zu Rewe. Der Marktplatz selbst soll aber wieder belebt werden, Martin Rau setzt sich dafür ein. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Für letzteres würde sich Martin Rau einsetzen, der das Gemeinschaftsleben in Karnap wieder nach vorne bringen will: „Man muss nicht alles online machen.“ Sein Alptraum wäre, wenn aus dem Markt ein öffentlicher Parkplatz wird: „Dann haben wir gar keine Begegnungsstätte mehr.“ In anderen Essener Stadtteilen würden entsprechende Märkte und Veranstaltungen auch funktionieren.

Neue Händler für Wochenmärkte gibt es selten

Die 23 Wochenmärkte, die von der städtischen EVV Verwertungs- und Betriebs GmbH zwischen Kettwig und Altenessen betrieben werden, funktionieren aber vor allem dort, wo entsprechende Kaufkraft vorhanden ist und wo dank großer Vielfalt und Marktflair ein Einkaufserlebnis möglich ist – beispielsweise in Rüttenscheid. Das erklärt der zuständige Marktmeister Torsten Schruhl. „Dass der Markt in Karnap stirbt, war zu erwarten.“ Für den Händler lohne sich das einfach nicht. Eigentlich bräuchte man auch zusätzlich zum Gemüsestand einen Fisch-, einen Fleisch- und einen Käsehändler. Dazu einen Bäcker und Textilien. Das sei das Grundgerüst. In Rüttenscheid gebe es all das und der Markt sei samstags wirklich gut besucht. Und Schruhl weiß: „Alle Händler, die einen Samstagsmarkt haben, die wechseln nicht mehr.“

Der Wochenmarkt in Essen-Rüttenscheid hat alles, was ein Markt braucht: Einkaufserlebnis, Kaufkraft und das richtige Grundgerüst an Händlern.
Der Wochenmarkt in Essen-Rüttenscheid hat alles, was ein Markt braucht: Einkaufserlebnis, Kaufkraft und das richtige Grundgerüst an Händlern. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Neue Händler gebe es sehr selten. „Noch sind wir ganz gut ausgelastet, aber die Händler sterben uns genauso weg wie die Marktgänger“, erklärt Schruhl. Die Nachfolge-Generation sei immer weniger bereit, das harte Geschäft zu übernehmen und die jüngere Kunden-Generation sei zu Marktzeiten mittlerweile meistens bei der Arbeit. Den Markt auf der Margarethenhöhe sieht er ebenso in Gefahr wie den in Stoppenberg, wo zuletzt der Fischhändler wegen Personalmangels aufgeben musste. Auch in Frohnhausen hat zuletzt der Biohändler die Schürze für samstags an den Nagel gehängt. Nachfolger nicht in Sicht.

Die drei Faktoren für einen erfolgreichen Markt sind demnach Kaufkraft, ein Einkaufserlebnis und ein Grundgerüst an Händlern.

Marktplatz in Essen-Karnap soll wieder zum Anziehungspunkt werden

Ein ganz neues Konzept sei derzeit auch nicht geplant – Feierabendmärkte würden oft an den Händlern scheitern. „Die wollen nicht so spät verkaufen“, weiß Schruhl aus Erfahrung. Viele kommen schließlich gar nicht aus Essen, sondern aus den Nachbarstädten, wie etwa Josef Hartl, der seinen Hof in Bottrop-Kirchhellen betreibt. An den Markt in Karnap hat Schruhl einen Haken gemacht. Spätestens, seitdem Rewe dort im Jahr 2014 eröffnet hat, sei es bergab gegangen. Viele Kunden seien dann lieber in den Supermarkt anstatt zum Markt gegangen.

Feierabendmarkt in Heisingen privat organisiert

Der Wochenmarkt in Essen-Heisingen wird von der dortigen Werbegemeinschaft organisiert.

Jeden Freitag von 14 bis 18.30 Uhr werden direkt neben dem Spielplatz im Dorfkern nationale und internationale Spezialitäten angeboten. Auf Textilwarenangebote wird verzichtet.

Martin Rau will die Ideen, die bei Facebook zusammengekommen sind, jetzt auswerten und sich dann Mitstreiter suchen, um den Karnaper Marktplatz wieder zum Anziehungspunkt zu machen. „So etwas kann man nicht alleine auf die Beine stellen.“