Essen. In Essens Krankenhäusern liegen wieder mehr Corona-Patienten: viele jung, meist ungeimpft. Und: Auch Jüngere verlieren den Kampf gegen Corona.

In den Essener Krankenhäusern werden wieder mehr und mehr Corona-Patienten und -Patientinnen aufgenommen: Viele sind eher jung, ein Großteil ungeimpft.

  • Die Zahl der Corona-Patienten in Essens Krankenhäusern steigt wieder
  • Im Uniklinikum liegen aktuell 43 Erkrankte mit Covid-19 – vor einem Monat waren es 13
  • Viele Betroffene sind erst zwischen 20 und 50 Jahre alt
  • Auch Jüngere verlieren den Kampf gegen Corona
  • Alle Essener Kliniken sagen, der Großteil der Corona-Patienten ist ungeimpft.

Noch stehen ausreichend Intensivbetten bereit, doch das könnte sich rasch ändern, sagt etwa der Geschäftsführer des Elisabeth-Krankenhauses, Peter Berlin. „Aktuell sind wir noch nicht bei den Fallzahlen, die wir im letzten Jahr und Anfang dieses Jahres auf den Scheitelpunkten der Corona-Wellen hatten, nämlich mehr als 250 Corona-Patienten in Essen, davon bis zu 70 intensiv. Jedoch stehen wir wieder an der Grenze, die planbare Versorgung einschränken zu müssen.“ Sprich: Verschiebbare Behandlungen abzusagen.

Viele der Corona-Patienten in Essens Krankenhäusern sind noch jung

Nur so könne man die „aufwendige Versorgung der nun auch jüngeren Covid-19-Patienten“ bewältigen, sagt Berlin. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt die Uniklinik, wo aktuell 43 Corona-Patienten (Stand 12. 9.) behandelt werden, 23 von ihnen intensivmedizinisch. Noch vor zwei Wochen waren es 30 Corona-Patienten, vor einem Monat nur 13. Und der Aufwärtstrend setze sich derzeit fort.

„Ganz besonders belastend für das ärztliche sowie pflegerische Behandlungsteam ist, dass leider auch viele der jungen Patienten trotz Ausschöpfung aller intensivmedizinischer Maßnahmen den Kampf gegen Covid-19 verlieren“, sagt Professor Dr. Thorsten Brenner, Direktor der Klinik für für Anästhesiologie und Intensivmedizin der Uniklinik Essen.
„Ganz besonders belastend für das ärztliche sowie pflegerische Behandlungsteam ist, dass leider auch viele der jungen Patienten trotz Ausschöpfung aller intensivmedizinischer Maßnahmen den Kampf gegen Covid-19 verlieren“, sagt Professor Dr. Thorsten Brenner, Direktor der Klinik für für Anästhesiologie und Intensivmedizin der Uniklinik Essen. © FFS | kk

„Zudem ist auffällig, dass sich das Erkrankungsalter zwischenzeitlich dramatisch reduziert hat, und wir regelhaft schwersterkrankte junge Menschen im Alter von 20 bis 50 Jahren behandeln müssen“, sagt Prof. Dr. Thorsten Brenner, Direktor der Klinik für für Anästhesiologie und Intensivmedizin der Uniklinik. „Ganz besonders belastend für das ärztliche sowie pflegerische Behandlungsteam ist, dass leider auch viele der jungen Patienten trotz Ausschöpfung aller intensivmedizinischer Maßnahmen den Kampf gegen Covid-19 verlieren.“ Es sei nur menschlich, dass sich viele Kollegen ausgelaugt fühlten, an emotionale Belastungsgrenzen gerieten.

Hinzu kommt, dass viele Aufnahmen wohl vermeidbar wären: „Die aktuelle intensivstationäre Belegung ist ein unmissverständlicher Beleg für die Wirksamkeit der Sars-CoV-2-Impfung, da unsere schwersterkrankten Patienten eigentlich ausnahmslos ungeimpft sind“, betont Brenner. So habe die Uniklinik seit Anfang Juli schon wieder 216 Corona-Patienten behandelt.

Die meisten Betroffenen haben keine Impfung

Im Juli habe eine Phase der Ruhe geendet, sagt auch Dr. Andreas Grundmeier, Leiter der Notfallmedizin und Corona-Einsatzleiter an den Kliniken Essen-Mitte (KEM): „Acht Wochen lang hatten wir weder Patienten noch Mitarbeiter mit Corona, alle Tests waren negativ.“ Dann aber wurde bei „anlasslosen Tests“, wie man sie etwa bei der Aufnahme ins Krankenhaus macht, wieder einzelne Corona-Fälle festgestellt. Auch wenn man tagesaktuell nur drei Corona-Patienten behandle, habe sich deren Zahl nach Ferienende tendenziell erhöht.

Die meisten Corona-Patienten sind ungeimpft

In den Krupp-Krankenhäusern liegen aktuell neun Corona-Patienten und -Patientinnen, von denen zwei (49 und 83 Jahre alt) auf der Intensivstation behandelt werden. Auf der Normalstation ist die Altersverteilung wie folgt: zwei unter 50, einer unter 60, vier über 70 Jahre alt. Fünf der neun Betroffenen sind ungeimpft, zwei sind erstgeimpft, zwei sind zweitgeimpft. „In der Endausbaustufe können wir 32 Intensivbetten zur Verfügung stellen“, teilt das Krupp-Krankenhaus mit.

Die Kliniken Essen-Mitte (KEM) mit ihren drei Häusern behandeln Corona nur im Ev. Krankenhaus in Steele. Dort liegen drei Corona-Patienten, einer auf der Intensivstation. Diese hat sieben Betten, könnte aber aufgestockt werden. Die KEM erfassen nur, ob ihre Patienten vollständig oder nicht vollständig (gar nicht oder erst einmal) geimpft sind. Aktuell hat nur einer der drei Betroffenen den vollständigen Impfschutz. Die Patienten, die man jetzt sehe, seien in ihren 40ern, teilen die KEM mit.

Im Elisabeth-Krankenhaus liegen aktuell 14 Corona-Patienten: elf auf der Covid-Isolier-Station, drei auf der Intensivstation. Alle drei Intensiv-Patienten werden beatmet. 13 der 14 Corona-Patienten sind nicht geimpft. Lediglich eine 85 Jahre alte Person ist bereits zweimal geimpft; sie liegt nicht auf der Intensivstation. Das Alter der Betroffenen reicht von 25 bis 85 Jahren. Noch sind vier, fünf Betten auf der Intensivstation variabel – das könne sich in den nächsten Tagen ändern.

Stand: 9./10. September 2021

Etwa 70 bis 80 Prozent der Corona-Patienten seien nicht oder nicht vollständig geimpft, schätzt Grundmeier. „Viele von ihnen sind erst in ihren 40ern.“ Zwar gebe es auch geimpfte Betroffene, doch oft handle es sich um Tumor-Patienten oder Hochbetagte mit eingeschränkter Immunabwehr. Intensivmediziner müssten immer auf unvorhergesehene, schwierige Situationen reagieren können: „Trotzdem haben wir Respekt vor dieser Situation.“

Von Herzinfarkt bis Schlaganfall: Die Notaufnahmen sind voll

Zumal Intensivstationen ja nicht allein für Covid-19 ausgelegt seien, sondern auch Menschen mit Herzinfarkt, Schlaganfall oder nach Notfall-OPs betreuten, betont Dr. Ingo Voigt vom Elisabeth-Krankenhaus. „Darüber hinaus ist die während der Lockdown-Phasen teils niedrigere Inanspruchnahme der Notaufnahme aktuell nicht mehr zu beobachten“, sagt der Chefarzt der Klinik für Notfall- und Akutmedizin. „Im Gegenteil: Die Notaufnahme ist voll mit Non-Covid-Patienten.“

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Die vierte Corona-Welle trifft also auf ein ausgelastetes System. Andreas Grundmeier (KEM) möchte das Augenmerk aber auch darauf lenken, dass dank der Impfung viele Krankheitsverläufe milder ausfallen, so dass eine stationäre Behandlung nicht nötig ist. „Wir haben in den Krankenhäusern jetzt erst bei einer Inzidenz von 200 die Lage wie im Vorjahr bei einer 50er-Inzidenz.“

Zudem glaubt Grundmeier, dass viele Ungeimpfte keine Überzeugungstäter sind: „Die sind bereit, sich impfen zu lassen, verschieben es nur immer wieder wegen Urlaub, Familienfeier oder Fußballspiel. Dann steht das Impfmobil vor der Tür und sie gehen hin.“ Er halte die Impfaktionen daher für wirksam und nötig. Bei den KEM seien übrigens 90 Prozent der Belegschaft geimpft. „Das heißt aber auch: Zehn Prozent sind eben nicht geimpft.“