Essen. Die Pförtnerampeln gegen „dicke Luft“ an der Alfredstraße sind fast arbeitslos. Nur drei Mal wurden sie bislang aktiv. Sind sie überflüssig?

Es ist fast so, als wäre sie nie installiert worden, die „umweltsensitive Verkehrssteuerung“ an der Alfredstraße. Mit diesem Wortungetüm umschreibt die Stadt Essen jene intelligente Ampelschaltung, die verhindern soll, dass auf der vielbefahrenen Bundesstraße allzu „dicke Luft“ herrscht, weil Schadstoffgrenzwerte überschritten werden. Seit Juli 2020 ist die Schaltung in Betrieb, nach einer Testphase wurde sie im Oktober scharf geschaltet. Seitdem war das Überwachungssystem jedoch nahezu arbeitslos. Nur an drei Tagen wurde es aktiviert.

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Die Verkehrsexperten in der Stadtverwaltung führen dies auf den coronabedingten Rückgang der Verkehrsbelastung in 2020 zurück, wie es in einem Bericht für die kommende Sitzung des Mobilitätsausschusses heißt. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Belastung auf der Alfredstraße (B 224) demnach deutlich, und zwar um 40 Prozent. Vor der Krise waren wochentags durchschnittlich 47.000 Fahrzeuge gezählt worden.

Der Grenzwert wurde an der Alfredstraße in Essen zuletzt 2018 überschritten

Das geringere Verkehrsaufkommen schlägt sich auch in der Schadstoffbelastung nieder. Der Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid lag 2020 bei nur noch 31 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft und damit deutlich unter dem Grenzwert von 40 Mikrogramm. 2018 waren noch im Jahresdurchschnitt 48 Mikrogramm gemessen worden. Aber 2019 wurde der Grenzwert mit einer Jahresbelastung von 39 Mikrogramm bereits eingehalten.

Damit der Grenzwert dauerhaft unterschritten wird, war die „umweltsensitive Verkehrssteuerung installiert worden. So hatte es die Stadt Essen vor Gericht in einem Vergleich mit der Deutschen Umwelthilfe ausgehandelt. Ein drohendes Fahrverbot für Dieselfahrzeuge und ältere Benziner sollte so abgewendet werden.

Die Stadt Essen hat sich mit der Deutschen Umwelthilfe vor Gericht geeinigt

Wie es aussieht, braucht es die intelligente Ampelschaltung dafür nicht. Maßgeblich für den Rechtsstreit mit der Deutschen Umwelthilfe ist der Zeitraum von Juli 2020 bis Juni 2021. Auch für diesen Zeitraum erwartet die Verwaltung eine Schadstoffbelastung auf dem Niveau des Vorjahres und damit abermals deutlich unterhalb des Grenzwertes.

Die Ampelschaltung ist so ausgelegt, dass sie den Verkehr an insgesamt acht sogenannten Pförtnerampeln zurückhält. Und zwar dann, wenn die Verkehrsbelastung über 39.500 Kfz pro Tag liegt und die berechnete Prognose erwarten lässt, dass der Grenzwert für Stickstoffdioxid überschritten wird.

Nach Angaben der Stadt ist seit Anfang dieses Jahres wieder eine stetige Zunahme der Verkehrsbelastung zu beobachten. Vor den Sommerferien lag diese auf der Alfredstraße wochentags bereits wieder bei durchschnittlich 38.500 Fahrzeugen. Mit der Rückkehr auf das „Vor-Corona-Niveau“ sei auch mit einer Aktivierung der Pförtnerampeln zu rechnen heißt es. Wie oft das System anschlägt, weil zu viele Schadstoffe die Luft belasten, bleibt indes abzuwarten.

Umsonst war die Installation also nicht, lautet wohl die Botschaft zwischen den Zeilen. Apropos: Für das Projekt hatte die Verwaltung ursprünglich Gesamtkosten in Höhe von rund vier Millionen Euro angesetzt. Nun kommt man voraussichtlich mit 2,4 Millionen Euro aus. Die Hälfte der Kosten trägt das Land NRW. Eine Erklärung für den Preisverfall lässt die Verwaltung in ihrem Bericht an Fachausschuss des Stadtrates offen.