Essen-Rüttenscheid. Influencerin Walentina Doronina und ihr Bekannter schritten ein, als Jugendliche in Rüttenscheid auf einen Jungen eintraten. Was dann geschah.
- „Are You The One“-Star Walentina Doronina und ihr Bekannter zeigten Zivilcourage
- Das Duo rettete in Essen-Rüttenscheid einen Jungen vor einer Horde Jugendlicher
- Die Jugendlichen traten auf den am Boden liegenden Jungen ein
Walentina Doronina, bekannt aus der Datingshow „Are You The One“, und Jon Küster haben auch nach einer Woche die Bilder noch genau vor Augen. Da liegt ein 16-Jähriger am Boden, Jugendliche treten auf ihn ein und keiner der Umstehenden kommt ihm zur Hilfe. Nicht so die beiden Rüttenscheider.
„Are You The One“-Star rettet Jugendlichen in Essen
Freitagabend, ca. 20.15 Uhr. Die zwei kommen aus Düsseldorf zurück. Als sie von der Alfred- in die Martinstraße einbiegen, steht da eine Horde Jugendlicher. Im ersten Augenblick denken sie, dass sie mal wieder hier welche aus der Partyszene getroffen haben, dann aber schon fällt der Blick auf einen Jungen, der am Boden liegt und sechs, sieben Mann die ständig auf ihn eintreten.
- Mehr zu dem Vorfall lesen Sie hier:Gruppe tritt auf Jugendlichen ein – Passanten schreiten ein
Ohne lange zu überlegen halten die beiden an. „Mitten auf der Fahrbahn. Warnblinklicht an und nichts wie raus“. Sie schreien die Jugendlichen an, sofort aufzuhören, nicht nur einmal, sondern mehrfach. Angst? Darüber habe er sich überhaupt keine Gedanken gemacht, wenn dann habe er Ärger verspürt über die rund 30 Leute, die vom Bürgersteig aus zusahen ohne einzugreifen, berichtet Jon Küster.
Influencerin und Reality-TV-Star Walentina Doronina fasste wohl allen Mut zusammen, ging auf die am Rand stehenden Passanten zu. „Die dürften etwa so alt gewesen sein wie die anderen Jugendlichen“, erinnert sie sich. Als Frau, so habe sie gedacht, werden die mir schon nichts anhaben. Laut sei sie geworden und gefragt, warum sie hier einfach herumstehen, gaffen ohne etwas zu machen.
Essener Polizei lobt die Zivilcourage von Walentina Doronina
Jon Küster hat derweil schon die Polizei alarmiert. Von dem Opfer hat die Gruppe jetzt abgelassen und ist auch schon über alle Berge. Die einen suchen in Richtung Alfred-, die anderen in Richtung Rüttenscheider Straße den Schutz der Dunkelheit. Kurz nach dem Anruf bei der Polizei, treffen die Beamten ein. Da sie weder Martinshorn noch Blaulicht eingeschaltet haben, können die Täter die Einsatzkräfte von Weitem weder gehört noch gesehen haben.
Jon Küster und Walentina Doronina kümmern sich die ganze Zeit über um den 16-Jährigen. Helfen lassen will er sich aber nicht so recht. Auch als Rettungssanitäter eintreffen, verhält er sich eher abweisend. „Allerdings gewinnen sie den Eindruck, dass er kaum Verletzungen erlitten hat“, berichtet Polizeisprecherin Sylvia Czapiewski. Nach einer Zeit der Beobachtung sei dann entschieden worden, in nach Hause zu bringen. Die Polizei stehe mit dem Opfer in Kontakt und werde ihn Kürze mit ihm reden.
Die beiden Zeugen haben sich vorbildlich verhalten und Zivilcourage unter Beweis gestellt, betont die Sprecherin, das sei absolut lobenswert. Es komme dann immer wieder die Frage auf, wie man sich in solchen Situationen verhalten solle. Dazu gebe es sicherlich keine allgemeinverbindlichen Regeln, aber das oberste Gebot müsse gewiss lauten, sich nicht selbst in Gefahr zu bringen, sondern vielmehr die Situation zu beurteilen. Es komme als weder darauf an, „den Helden zu spielen“, noch könne es richtig sein, einfach wegzuschauen. Wesentlich sei vor allem, sich um das Opfer zu kümmern und notwendige Hilfe zu leisten.
- Auch interessant:Essen-Rüttenscheid: Neueröffnung mit veganen Donuts
Die Zahl der Gaffer an Tatorten steigt nach wie vor
Ähnlich argumentiert auch Tobias Degener von der Opferschutzorganisation Weißer Ring. Feste Vorgaben für das eigene Verhalten sind nach seinen Worten nur sehr bedingt möglich, das hänge von den jeweiligen Umständen und der eigenen Person ab. Wenn aber eingeschritten werde, sollte auf alle Fälle „Öffentlichkeit hergestellt werden“. Das bedeute nichts anders, als durch lautes Rufen oder Schreien größtmögliche Aufmerksamkeit zu erzielen. Zudem sollte so schnell wie möglich die Polizei gerufen werden, um auch schnell Unterstützung zu bekommen.
Wenn nun am vergangenen Freitag über zwei Dutzend Leute am Straßenrand standen, ohne etwas zu unternehmen, entspricht das einer „Gaffermentalität“, die seit Jahren immer weiter anwachse, so Czapiewski. Meist kursieren auch schon bald Videos, wenn auch nicht frei im Internet zugänglich, dafür aber über unterschiedliche Messengerdienste. Um diese Entwicklung einzudämmen, habe der Gesetzgeber allerdings inzwischen bessere Voraussetzungen geschaffen, um die Täter zu bestrafen.
An dem Freitagabend parkte wenige Minuten nach ihnen ein Mann seinen Wagen in unmittelbarer Nähe des Tatorts, berichten Walentina Doronina und Jon Küster. Erst hatten sie gedacht, sie bekämen nun weitere Unterstützung. Doch wie sich herausstellen sollte, wollte der Mann sich das Geschehen nur aus nächster Nähe anschauen. „Und andere, die ebenfalls hätten helfen können, sind einfach weitergefahren“, so Küster.