Essen. Ein Covid-19-Patient stirbt in der Uniklinik Essen. Ein Arzt soll ihn getötet haben. Jetzt hat die Ehefrau des Verstorbenen vor Gericht ausgesagt

Das war kein leichter Gang: Im Prozess gegen einen ehemaligen Arzt der Essener Uniklinik hat am Mittwoch die Ehefrau eines verstorbenen Covid-19-Patienten ausgesagt. „Ich habe ihn so sehr geliebt“, sagte die 42-Jährige den Richtern am Essener Landgericht mit Tränen in den Augen.

Die Mutter von zwei minderjährigen Kindern war für ihre Vernehmung aus dem niederländischen Rotterdam angereist. Es war Ende letzten Jahres, als ihr Mann plötzlich schwer an Covid-19 erkrankt ist. Die letzte Hoffnung hatte die Familie schließlich in die Uniklinik Essen gesetzt. Dorthin war ihr Mann von Holland aus verlegt worden.

Der Patient wurde im Essener Uni-Klinikum an die Lungenmaschine angeschlossen

Zu diesem Zeitpunkt war er nach ihren Angaben nicht mehr bei Bewusstsein. Er musste an eine Lungenmaschine angeschlossen werden. Später kamen weitere Komplikationen hinzu. „Mir war klar, dass die Situation lebensbedrohlich war.“ Es war der 13. November 2020, als sie wieder einmal in der Uniklinik angerufen habe. Da habe man ihr gesagt, dass sie vorbeikommen solle. Die elf und sieben Jahre alten Kinder müssten allerdings zu Hause bleiben. Der genaue Anlass sei ihr aber nicht klargewesen. Auch später im Krankenhaus nicht. „Es wurde sehr viel gesprochen“, so die Ehefrau. „Alles ging durcheinander.“ Es sei zwar ein Arzt dabei gewesen, der niederländisch gesprochen habe, trotzdem habe sie nicht alles verstanden. Nur, dass ihr Mann sterben könne. Dass die lebenserhaltenden Geräte ausgeschaltet werden sollten, sei ihr nicht klargewesen.

Dem Arzt wird vorgeworfen, dem Patienten eine Überdosis gegeben zu haben

„Ich habe gedacht, dass ich bei meinem Mann bleibe – die Nacht und vielleicht auch noch den nächsten Tag.“ Als sie das Krankenzimmer betreten habe, sei ein Auge ihres Mannes geöffnet gewesen. „Ist er wach“, will sie die Ärzte noch gefragt haben. Die Antwort war nein. Dann ging angeblich alles recht schnell. Eines der Geräte fing an zu piepsen, zählte dann drei Minuten lang rückwärts. Auch Medikamente in Spritzen sollen noch ausgetauscht worden sein, mit denen der 47-Jährige versorgt worden ist. Um 18.41 Uhr war alles vorbei.

Der Arzt habe noch den Arm und den Kopf ihres Mannes gestreichelt. „Ich fand das irgendwie unangemessen“, so die 42-Jährige. „Ich wollte auch die Hand meines Mannes halten.“ Dem 45-jährigen Oberarzt wird vorgeworfen, dem holländischen Patienten eine Überdosis Kaliumchlorid injiziert zu haben, obwohl es noch Hoffnung gegeben habe. Die angebliche Folge: ein sofortiger Herzstillstand. Die Anklage lautet auf Totschlag. Der Mediziner bestreitet. Ursächlich für den Tod sei das zulässige Abschalten der Geräte gewesen, so seine Erklärung. Die Ehefrau hätte eingewilligt. Der Prozess wird fortgesetzt.