Essen. Die Stadt Essen hält für möglich, die Quarantäne-Regeln an Grundschulen zu lockern. Dafür soll das gemeinsame Frühstück im Klassenraum entfallen.

Nachdem das NRW-Schulministerium angekündigt hat, künftig nur noch nachweislich infizierte Schulkinder in Quarantäne schicken zu wollen, unterstützt die Stadt Essen diesen neuen Anstoß in der Debatte um Infektions- und Quarantänezahlen an Schulen.

„Wenn in den Klassen gegenseitig Mund-Nasen-Schutz getragen wird, ist eine Quarantäne aus unserer Sicht für die Sitznachbarn, sofern sie keine Symptome haben, entbehrlich“, schreibt Essens Gesundheitsdezernent Peter Renzel am Mittwochmittag in seinem privaten Facebook-Account.

Um die stark steigende Zahl von Infizierten und Quarantänefällen in Grundschulen ist vor Tagen eine landesweite Diskussion entbrannt. In Essen waren in der vergangenen Woche rund 600 Schülerinnen und Schüler in Quarantäne – obwohl die meisten von ihnen gesund sind. Es handelt sich um Sitznachbarn von infizierten Schülern. Wer neben, vor oder hinter einem Kind sitzt, bei dem Corona nachgewiesen wird, muss bislang für 14 Tage in Quarantäne – auch ohne Symptome. Per PCR-Test sich vorzeitig aus der Isolation zu befreien, ist nicht möglich. Die Richtlinien des Robert-Koch-Instituts (RKI) sehen das nicht vor, heißt es bislang. Viele Eltern und Kinder sind darüber verärgert, das Problem wird lebhaft diskutiert.

Mit dem Outdoor-Frühstück würde man das Risiko minimieren, so die Stadt

Die Stadt Essen rät den Schulen unterdessen davon ab, weiter Frühstückspausen im Klassenzimmer durchzuführen. Das Mittagessen im Ganztagsbetrieb solle nach Möglichkeit „mit Abstand“ eingenommen werden. „Damit“, so Renzel, „wäre ein Infektionsrisiko in den Schulen grundsätzlich minimiert.“ Diese Vorschläge stoßen in den Schulen allerdings bislang mehrheitlich auf Ablehnung.

An so gut wie jeder Grundschule essen die Kinder ihre Brote gemeinsam in der Klasse. Das kollektive Frühstück ist in der Regel Teil der großen Pause. Erst nach der Mahlzeit geht es auf den Schulhof – oder umgekehrt: Erst Bewegung draußen, dann Mahlzeit drinnen. So ist die Praxis. In den Schulen gilt Maskenpflicht, auch während der Unterrichtsstunden. Nur für die Mahlzeiten dürfen die Schülerinnen und Schüler die Maske absetzen.

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„Die gemeinsame Frühstückspause führt leider dazu, dass die Schülerinnen und Schüler im direkten Umfeld als Kontaktpersonen in Quarantäne müssen“, schrieb die Schulverwaltung Anfang der Woche an die Schulleitungen. „Um die Quarantänezahlen zu senken, regt das Gesundheitsamt an, über alternative Formen des Frühstücks nachzudenken – z. B. die Einnahme des Frühstücks während der Hofpause mit einem Abstand von mindestens 1,5 Metern.“

Schulhöfe nicht als Picknick-Orte für alle Schüler geeignet

Man könne nicht alle Kinder gleichzeitig auf dem Schulhof ihr Pausenbrot essen lassen, sagen Essener Schulleiter. „Die Schulhöfe bieten gar nicht die Möglichkeit an, dass sich alle Kinder ruhig hinsetzen und essen“, sagt eine Schulleiterin. Verwiesen wird außerdem auf das schlechter werdende Wetter – und die Tatsache, dass nicht nur das gemeinsame Frühstück im Klassenraum ein Problem darstellen könnte.

Eng, ohne Maske, Klassen durcheinander: Ungeklärt bleibt die Mittagessen-Situation

„Wir räumen ein, dass die gemeinsame, warme Mahlzeit womöglich noch ein größeres Problem darstellt, das sich nicht so leicht lösen lässt“, sagt Andrea Schattberg, die Leiterin des Fachbereichs Schule, auf Anfrage der Redaktion. „Deshalb war zunächst der Gedanke, dass man zumindest das Frühstück auslagern könnte, um das Risiko zu verkleinern.“ Dass man die Mittagsmahlzeit nicht ins Freie exportieren könne, leuchte schließlich ein.

Letztendlich seien grundsätzlich derzeit Ideen gefragt, um das Problem der hohen Quarantänezahlen zu lösen: „Sollten Sie noch andere Settings in Betracht ziehen, senden Sie Ihre Ideen gerne an uns“, schreibt die Verwaltung in dieser Woche hoffnungsvoll an die Schulen. „Das Gesundheitsamt wird diese dann auf ,Eignung zur Quarantäne-Vermeidung’ prüfen.“

Lollitest an Essener Schulen

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    Verschärft worden war das Problem der hohen Quarantänezahlen auch durch viele Unstimmigkeiten bei den Lolli-Tests in den vergangenen Tagen. Mehrere Schulen hatten gemeldet, dass ganze Klassen unnötig lang in Quarantäne verbleiben mussten.

    Denn: Nachdem ein Klassensatz ein positives Testergebnis aufwies, mussten man alle Schülerinnen und Schüler einzeln testen, um herauszufinden, welches Kind tatsächlich erkrankt ist. An mehreren Grundschulen im Stadtgebiet fand sich bei der Einzeltestung der Kinder jedoch kein positiver Fall. Ein Laborfehler sei daran Schuld gewesen, heißt es nun. Und: Dieser Missstand sei mittlerweile behoben worden.