Essen. Sie kämpfen mit Sucht, Armut, Isolation: Der Essener Verein Bella Donna hilft drogenabhängigen Frauen. Jetzt gibt es ein Angebot für ihre Kinder.

Eine Schwangerschaft wirft das Leben vieler Frauen um, für Suchtkranke ist sie eine schwer zu bewältigende Herausforderung. „Und gleichzeitig oft ein großer Wunsch“, sagt Nicole Gutsch, Leiterin von Bella Donna. Der Essener Verein bietet nicht nur eine Drogenberatung, die sich ausschließlich an Frauen und Mädchen wendet, er steht ihnen auch zur Seite, wenn sie Kinder bekommen.

Im Rahmen der Ambulant Flexiblen Hilfen, die von Stefanie Böcker koordiniert werden, kümmert sich Bella Donna aktuell um rund 30 Kinder – vom Baby bis zur 14-Jährigen. Die Hilfe wird im Auftrag des Jugendamtes organisiert, damit das Kind bei der Mutter aufwachsen kann. „Sofern sie die Grundversorgung und die emotionale Versorgung leisten kann“, sagt Sozialarbeiterin Böcker.

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Handelt es sich um ein Wunschkind, wenden sich die Frauen oft früh an die Beraterinnen, schon weil die Sucht das Kind im Mutterleib schädigen könnte. Gefährlich sei aber oft auch ein sofortiger Entzug: „Wir vermitteln die Frauen daher erst in die Substitution, etwa mit Methadon“, erklärt Stefanie Böcker.

Manche bemerken die Schwangerschaft erst im sechsten Monat

Schwieriger sei es bei ungewollten Schwangerschaften, „die die Frauen oft erst im sechsten Monat entdecken. Sie sind dann noch voll drauf“, sagt Nicole Gutsch. Aber auch wenn es den werdenden Mütter gelingt, in der Schwangerschaft clean zu bleiben, löse das keineswegs die Suchtproblematik: „Ich habe gerade eine Frau erlebt, die mit dem Baby so überfordert war, dass sie wieder anfing“, sagt Gutsch. Das Kind wurde vom Jugendamt in Obhut genommen. Die Frau mache eine Therapie, hoffe, dass ihr Kind zurückkehre.

Anderen Müttern gelingt es mit der Ambulanten Flexiblen Hilfe, ein liebevolles Verhältnis zum Kind aufzubauen. Keine Selbstverständlichkeit, weil viele in der eigenen Familie nie Zuwendung erfahren haben: Lieblosigkeit, Armut, schlechte Wohnverhältnisse – zur Sucht gesellten sich in der Regel andere Probleme.

Hilfe für drogen- und alkoholabhängige Mütter

Bella Donna e.V. ist ein Verein zur Hilfe suchtmittelabhängiger Frauen in Essen (www.belladonna-essen.de) Zu seinem Angebot zählen neben der Drogenberatung eine Landesfachstelle, das ambulant betreute Wohnen, Wohnhilfen – und die „Ambulant Flexiblen Hilfen“. In ihrem Rahmen unterstützen die Mitarbeiterinnen drogen- oder alkoholabhängige Mütter und ihre Kinder: Das beginnt mit der Beratung während der Schwangerschaft, zu Erziehungsfragen und zur Gesundheitsförderung des Kindes.

Den Müttern wird auch bei Alltagsbewältigung, Behördengängen oder Haushaltsführung geholfen. Auch sollen sie für sich und ihre Kinder ein „zufriedenstellendes Freizeitverhalten“ entwickeln. Kontakt telefonisch: 0201-240888-3 /-4.

Folgenreich für die Kinder sei, dass ihre Mütter oft keine sozialen Netzwerke haben und sich scheuten, gängige Angebote wahrzunehmen: „Die trauen sich nicht in die Pekip-Gruppe oder zum Babyschwimmen“, sagt Böcker. Oft meldeten sie die Kinder auch nicht in der Kita an, so dass die keine Freunde finden.

Kinder sollen sich austoben

Die Familien einzubinden, soziale Teilhabe zu ermöglichen – auch das leisten die Ambulanten Flexiblen Hilfen. Mitunter melden sich junge Erwachsene später bei Bella Donna und erzählen, wie wichtig das für sie war. Doch die Pandemie habe die Arbeit erschwert, so Nicole Gutsch: „Die Isolation der Mütter und ihrer Kinder hat sich verschärft.“ In den meist engen Wohnungen habe es ihnen an Spiel und Bewegung gefehlt.

Bella Donna hat auch im Corona-Jahr Kontakt gehalten und Angebote organisiert. Jetzt sollte es eine ganze Reihe Veranstaltungen geben: Kletterhalle, Schwimmkurs, Grugapark oder Zoobesuch. „Wir wollten, dass sich die Kinder austoben können und die Mütter sich treffen.“ Doch weil die Mittel aus dem Bundesprogramm „Aufholen nach Corona“ noch nicht fließen, mussten sie die Angebote verschieben. Mit einer Ausnahme: Am Donnerstag, 19. August, ist das Spielemobil von 15 Uhr bis 18 Uhr, auf dem Kopstadtplatz, an dem auch das Bella-Donna-Büro liegt, zu Gast: Es ist eine Einladung an die Mütter und Kinder – und ein Versprechen, dass weitere Aktionen folgen werden.