Essen. Der Corona-Ausbruch in einem Essener Seniorenheim beunruhigt auch andere Träger. Besuchsverbote planen sie derzeit trotzdem nicht.
Nach dem Corona-Ausbruch in der Pflegeeinrichtung „Hospital zum Heiligen Geist“ in Schonnebeck plant der Träger keine verschärften Regelungen für seine anderen Seniorenheime. „Wir haben dazu keine Veranlassung“, sagt Katja Seel, Prokuristin der Gesellschaft für Soziale Dienstleistungen Essen (GSE). Trotz der hohen Zahl von 17 Bewohnern und sechs Mitarbeitern, die positiv auf Corona getestet wurden, könne man davon ausgehen, dass die Impfung schützend gewirkt habe: „Die meisten Betroffenen hatten keine Symptome oder nur einen leichten Schnupfen.“ Im vergangenen Jahr wäre ein Ausbruch sicher dramatischer verlaufen.
Allerdings waren auch im aktuellen Fall zwei erkrankte Bewohnerinnen (98, 79) gestorben. Es habe sich um hochbetagte bzw. schwerst vorerkrankte Menschen gehandelt, sagt GSE-Geschäftsführer Heribert Piel „Es waren Todesfälle in Verbindung mit Corona, aber das Virus war nicht die Ursache.“ Trotzdem sei man von dem jetzigen Ausbruch „ein bisschen überrascht“ gewesen: Zuvor hatte es in den sieben GSE-Heimen mit ihren insgesamt rund 700 Bewohnern lediglich einzelne Ansteckungen gegeben, die meist zufällig entdeckt wurden und (fast) symptomfrei verliefen. Es habe sich jeweils um die Delta-Variante des Virus gehandelt.
Unter den Bewohnern herrscht keine Panik
Auch im „Hospital zum Heiligen Geist“ mit seinen 113 Senioren habe das Gesundheitsamt bestätigt, dass es sich bei den Infektionen um Delta-Fälle gehandelt habe. „Uns war klar, dass die Impfung nicht hundertprozentig schützt; und das Robert-Koch-Institut hat ja früh gewarnt, dass sie gegen Delta nicht so wirksam sein könnte“, sagt Piel. Dennoch gebe es auch unter den Bewohnern jetzt „keine Panik“: Dank der Impfung seien die Folgen der Infektionen deutlich abgemildert: „Vor einem Jahr hätten wir sicher mehr Todesfälle gehabt.“
Mit Quarantänen, einem einwöchigen Besuchsverbot und mehr Tests von Bewohnern und Personal will die GSE weitere Ansteckungen in dem Heim verhindern. In den anderen Häusern setze man auf die bekannten Hygieneregeln und biete zusätzliche Tests an. Ansonsten hoffe man auf die geplante Drittimpfung, an der bei den Bewohnern und Mitarbeitern großes Interesse herrsche.
Gesundheitsdezernent Peter Renzel hält Verschärfungen der aktuellen Hygieneregelungen in anderen Heimen nicht für notwendig. Er fordert derzeit auch kein Besuchsverbot, das für die alten Menschen erfahrungsgemäß sehr belastend ist. Unter den rund 7250 Bewohnern in den Essener Seniorenheimen gebe es – Stand Montag (16.8.) – elf Infizierte; außerdem seien neun Mitarbeiter infiziert. In dieser Größenordnung habe sich das Infektionsgeschehen auch in den vergangenen Wochen und Monaten bewegt. „Ich bin daher weiter sehr zuversichtlich.“
Drittimpfung soll rasch starten
Renzel betonte aber auch, dass der Ausbruch in Schonnebeck darauf hinweise, dass die Wirkung der Impfung bei älteren Menschen offenbar schon nachlasse. „Ich denke, dass die Auffrischungsimpfung der richtige Weg ist.“ Er habe daher am Montag mit dem Landesgesundheitsministerium gesprochen und darum gebeten, durch entsprechende Erlasse einen raschen Start zu ermöglichen. „Wir sind so aufgestellt, dass wir das mit den niedergelassenen Ärzten schnell auf die Beine stellen können“, verspricht Renzel.
Das wäre auch im Sinne von Gereon Unnebrink, Referatsleiter Pflegeheime bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo): „Wir wollen die Drittimpfung machen, sobald es möglich ist“, sagt er mit Blick auf den aktuellen Ausbruch. „Es sieht ja jetzt so aus, als ob die Wirkung der Impfung nicht so lange anhalte.“ Da noch nicht feststehe, ob die Stadt wieder mobile Impfteams in sämtliche Heime schicke, nähmen die Awo-Heimleitungen bereits Kontakt zu den Hausärzten auf.
Auch unter den 670 alten Menschen, die in den Awo-Heimen leben, habe es einzelne Impfdurchbrüche gegeben. Meist habe es sich jedoch um Zufallsbefunde gehandelt, etwa wenn Bewohner nach einem Klinikaufenthalt routinemäßig getestet wurden. „Dass Menschen erkranken und es sogar Todesfälle gibt, beunruhigt uns schon.“ Neben einer raschen Drittimpfung setze die Awo auf bewährte Regeln: „Besucher müssen eine Impfbescheinigung oder einen negativen Test vorlegen.“
Besuchsverbote sind nicht geplant
Auch die Contilia plant in ihren Seniorenheimen keine Verschärfungen oder Besuchsverbote, genauso hält es das Diakoniewerk. Man vertraue auf eine baldige Drittimpfung, sagt Diakoniewerk-Sprecher Bernhard Munzel. Ansonsten bleibe es bei den bisherigen Maßnahmen: „Die 3-G-Regel hat sich bei uns bewährt.“ Sprich: Wer zu Besuch kommt, muss geimpft, getestet oder genesen sein.