Essen. Manche Flut-Schäden wären vermeidbar gewesen, wenn Behörden früher gewarnt hätten. Warum das nicht geschah, bedarf auch lokal der Aufarbeitung.
Die Stadt Essen hat den materiellen Schaden an ihren Immobilien aufgelistet, die Summe ist erheblich und dürfte vermutlich eher noch steigen. Allein die Beseitigung der Überflutungsfolgen in den beiden städtischen Großbauten am Werdener Ruhrufer – dem Hallenbad und dem Gymnasium – geht in die Millionen. Die Schäden, die Tausende Bürger von Horst über Kupferdreh bis Kettwig erlitten haben, sei es privat, sei es geschäftlich, sind im Einzelnen noch gar nicht bezifferbar.
Manches davon wäre auch bei bester Vorbereitung nur schwer zu vermeiden gewesen. Ein exponiertes Gebäude wie das Fährhaus „Rote Mühle“ in der Heisinger Aue ist bei einem Hochwasser dieser Größe nicht trocken zu halten. Viele andere Schäden, vor allem am beweglichen Eigentum, aber auch an Häusern, hätten jedoch verhindert oder wenigstens vermindert werden können, wenn die Alarmierung der potenziell Betroffenen durch die Behörden vor Ort früher und professioneller geschehen wäre.
Die Informationsketten sind auch in Essen nicht optimal organisiert
Zugegeben, dies ist kein exklusives Essener Problem. Katastrophenschutz galt in ganz Deutschland nach Ende des Kalten Krieges als eher vernachlässigbare Aufgabe, was sich nun gerächt hat. Die Informationsketten vom Bund über die Kommunen bis zum Bürger etwa funktionieren zwar irgendwie, aber sie sind zu langsam und zu schwerfällig, was Ordnungsdezernent Christian Kromberg relativ offen eingeräumt hat. Richtig ist sicherlich auch, dass wir Bürger umsichtiger auf drohende Unwetter-Katastrophen reagieren müssen und nicht alles auf den Staat abschieben dürfen. Mancher blieb trotz warnender Informationen bei seiner „Es wird schon gutgehen“-Haltung und bereute dies bitter.
Die Deilbach-Flut in Kupferdreh und das Hochwasser an der Ruhr sind bei der Lage-Analyse getrennt zu betrachten. Dass der sonst so harmlose Deilbach einen derart zerstörerischen Charakter annehmen würde, mag tatsächlich nicht so einfach zu prognostizieren gewesen sein. Dass sich aber an der Ruhr etwas Ungewöhnliches zusammenbraute, war spätestens am Mittwoch 14. Juli eine gesicherte Erkenntnis.
Erst am Donnerstag morgen begannen die Warnungen vor Ort – eindeutig zu spät
Erst am Donnerstag morgen sind die Behörden dann ausgerückt, um beispielsweise in Werden zu warnen. Das war eindeutig zu spät, das Zeitfenster für schadensbegrenzende Reaktionen hatte sich da zumindest in unmittelbarer Ufernähe vielfach bereits geschlossen.
Die Stadt wird noch zu klären haben, wie es genau zu dieser Verzögerung kam, die möglicherweise auch kommunales Eigentum massiv schädigte. Dass zum Beispiel das Werdener Hallenbad volllief und die Technik zerstört wurde, wäre mit klassischen Hochwasser-Maßnahmen wie Sandsäcken oder Metallzäunen vielleicht zu verhindern gewesen – entsprechender Vorlauf vorausgesetzt. Wenn die Stadt wie geplant die Schäden an den Gebäuden behebt, dann gehört dazu zwingend ein Schutzkonzept, um nicht beim nächsten Hochwasser womöglich wieder von vorne anfangen zu müssen.