Essen-Altenessen. In welcher Umgebung wollen Kinder in Zukunft leben? Ihre Visionen können Essener Teenager am Maschinenhaus an der Zeche Carl umsetzen.
Bunt, laut, wuselig und ein wenig verregnet ist „Future City“, die Stadt der Zukunft. Doch noch so vieles mehr. Erstmals konnten 45 Kinder und Jugendliche in zwei kreativen Wochen am Maschinenhaus der Zeche Carl ihre eigenen Visionen einer Stadt verwirklichen.
Essener Kinder lassen sich vom Dauerregen nicht stören
Hilfestellung gaben zahlreiche Kreative aus der freien Szene in Essen, die den Kindern „Urban Gardening“ also städtische Gartenprojekte, Graffiti, Tanz, Textilbauten, „Poetry Slam“ und fünf weitere Workshops anboten.
Der Rundgang durch die Stadt der Zukunft führt zunächst durch das selbst gestaltete Stadttor. Dahinter: geschäftiges Treiben, Kinder, die von einem Workshop zum nächsten flitzen und denen die immer weiter wachsenden „Seen“ in ihrer Stadt nichts auszumachen scheinen.
Rafael (11) aus dem „Baustoffe“-Workshop arbeitet fokussiert inmitten einer hölzernen Baustelle und murmelt – kaum von seiner Säge aufblickend: „Das hier wird ein Haus.“
Kreative der Folkwang Uni unterstützen Camp am Maschinenhaus
Ivo Schneider hat wie viele der Workshopleiter an der Folkwang Universität der Künste studiert und unterstützt in der „Future City“ die Kinder bei ihren Holzbau-Projekten. „Manchmal hatten die Kinder Ideen im Kopf, die sie nicht erklären konnten. Dann haben wir eingeführt, dass sie ihre Bauaufträge an diesem Brett hier skizzieren – und dann habe ich sie verstanden.“
Wenige Meter weiter hat sich die sechsjährige Baschira einen Geigenbogen und einen Stock geschnappt und testet die experimentellen Musikinstrumente der „Klangwerkstatt“ aus, so auch ein Vibrafon aus alten Metallstücken und Scharnieren.
Essener Kinder rappen und singen im Zelt vor der Zeche Carl
Ein ganz anderer Klang lockt in eine rote Jurte – ein Zelt, in dessen Mitte ein Tonstudio samt Mikrofon aufgebaut ist. Selbstbewusst und im perfektem Tempo singen und rappen dort die zwölfjährigen Majd und Kenan ihr selbst geschriebenes Lied und strolchen daraufhin beatboxend wieder aus dem Zelt.
„Hier geht es um Selbstermächtigung“, erklärt Initiator Marvin Sattler, während er sich vor einem weiteren Regenschauer unter eine Plane flüchtet. Die Kinder hätten in den zwei Wochen gelernt, ihre eigenen Fähigkeiten zu nutzen und seien nun deutlich selbstständiger.
Louis (12) hat die Vision einer Stadt, in der „alle gleich sind“
Mit dem Ferienprogramm wollte Sattler einen „offenen Bauplatz“ für die ganz persönlichen Zukunftsvisionen der 45 Kinder schaffen. Doch wie sehen diese aus? Wie könnte eine „Future City“ zusammenleben? Für Mathilde (11), die in den letzten Tagen mit Holz gewerkelt, getanzt und Instrumente gebaut hat, ist klar: „Das ist ein Ort, an dem alle zusammenhalten und wo es keine Beleidigungen gibt.“
Louis (12), der für die „Future City“ einen Apfelbaum in eine Tonne gepflanzt und einen „Liebessong“ geschrieben hat, hat eine andere Stadt vor Augen: „Ich will, dass dort alle nett sind, dass es genügend Wohnungen gibt und alle gleich sind.“ Mathilde murmelt nachdenklich: „Alle gleich?“
Am Freitag ging das kostenlose Kinder-Kreativ-Camp – finanziert durch das Projekt „Heimat Ruhr“, sen Fonds Soziokultur, die Stadt Essen sowie die Sparkasse – mit einem Stadtfest zu Ende. Laut dem Veranstalterteam könnte im kommenden Jahr die „Future City“ um neue Stadtteile erweitert werden.