Essen. Zollverein, Villa Hügel, Ruhrtalradweg: Seit den Lockerungen kommen wieder Touristen nach Essen. Aber es ist noch viel Luft nach oben.

Reiseziel Essen: Seit den Corona-Lockerungen steuern Touristen in diesem Sommer wieder verstärkt die Ruhrmetropole an. Hoteliers berichten, dass die Übernachtungszahlen zwar ansteigen, doch von der Normalität wie vor Corona sei man noch weit entfernt.

Marcus Gottschlich, Manager des Anfang November 2020 eröffneten neuen Premier Inn-Hotels am Essener Hauptbahnhof, ist guter Dinge. „Wir spüren den Aufschwung, es wird wieder mehr gereist.“ Das Messe- und Kongresspublikum fehle noch, aber immerhin ziehe der Städtetourismus wieder an. Aktuell seien Fahrradtouren mit Start und Ziel Essen besonders stark gefragt. „Die Leute staunen, dass das Ruhrgebiet auch landschaftlich schön ist, deshalb wollen sie wiederkommen“, so der Manager.

Hotel-Manager optimistisch: „Auslastung liegt schon bei 50 Prozent, Tendenz steigend“

Mitten im Lockdown habe er eine Auslastung von gerade einmal fünf Prozent gehabt. „Jetzt liegen wir schon bei 50, Tendenz steigend.“ Etwas neidisch schaut Gottschlich rüber zu seinen Kollegen in Berlin, Hamburg und München. „Die haben schon 100 Prozent Auslastung, Essen ist eine Destination, die noch entdeckt werden will.“

Damit genau dies geschieht, rührt die Essen Marketing GmbH gerade kräftig die Werbetrommel fürs Reiseziel Essen. Die Image-Experten sind davon überzeugt, dass Essen ein attraktives Ziel für Kurz- und Städtetrips ist, und haben stark in Tourismus-Werbung investiert. Seit Mai plakatiert die EMG in Frankfurt am Main, Wiesbaden, Hamburg, Bremen, Hannover, Würzburg, Saarbrücken, Mainz und München. Ein Image-Kurzfilm, Social-Media-Kampagnen, Online-Marketing sowie ein Kurzclip auf dem beliebtesten Urlaubssender Sonnenklar TV verstärkten die Image-Kampagne, so EMG-Sprecher Florian Hecker. Für den lukrativen niederländischen Markt sei außerdem ein eigener Instagram-Account erstellt worden.

Gastro-Verband zurückhaltend: „Von Normalität weit entfernt“

Während die Ruhr-Tourismus GmbH nach wie vor auf der Klaviatur „Industriekultur“ spiele, rücke Essen die Themen Wandern und Radfahren in den Vordergrund. Hier sei die Nachfrage besonders groß. „Vor allem unsere Wandersteige haben sich zu absoluten Kassenschlagern gemausert“, frohlockt Hecker.

Eher zurückhaltend betrachtet Moritz Mintrop, Chef des Essener Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga, die aktuelle Lage des Beherbergungsgewerbes. „Es gibt sicherlich eine positive Grundstimmung, aber von der Normalität sind wir noch weit entfernt.“

Das belegen auch die aktuellen Tourismusstatistiken des Statistischen Landesamtes NRW. Danach sind im Mai diesen Jahres in Essen 36.226 Übernachtungen gezählt worden, das entspricht gegenüber dem Vorjahresmonat zwar einer Zunahme von 20 Prozent – so gesehen ein kleiner Lichtblick. Doch verglichen mit dem Mai 2019, also der Zeit vor Corona, hat das Essener Tourismus-Gewerbe die Krise noch lange nicht überwunden. Damals gab es fast 150.000 Übernachtungen – mehr als viermal so viel wie heute.

Das Welterbe Zollverein verbucht seit Mitte Juni wieder steigende Zahlen, insbesondere bei den beliebten Zollverein-Führungen. Der Zuwachs gegenüber den Wochenenden zuvor liege bei 40 Prozent. Bei den Wochenend-Führungen (freitags bis sonntags) sei die Teilnehmerzahl wieder vierstellig. Und es kommen Touristen aus dem Ausland. „Eine Schulklasse aus den Niederlanden möchte Zollverein besuchen“, sagt Zollverein-Sprecher Zlatan Alihodzic.