Zwei Jahrzehnte hat Klaus Johannknecht (79) das Engagement der Awo maßgeblich geprägt. Nun ist eine Nachfolgerin gewählt.

Generationenwechsel an der Spitze der Essener Arbeiterwohlfahrt: Klaus Johannknecht, 79 Jahre alt, hat den Staffelstab an Claudia Osterholt (34) weitergegeben. Nach über 20 Jahren hat zudem erstmals wieder eine Frau den Vorsitz der Awo inne.

Soziales Profil der Essener Awo schärfen

Aber zunächst zurück zu Klaus Johannknecht: Gut zwei Jahrzehnte waren es auch, in denen er in maßgeblicher Position im Vorstand auf die Geschicke des Ortsverbandes Einfluss nahm, seit 2016 dann an erster Stelle. Angetreten sei er mit dem Anspruch, das soziale Profil der Awo weiter zu schärfen und das in Zeiten, in denen die Kluft zwischen arm und reich immer weiter auseinanderdrifte. Daher habe für ihn und das im Verbund mit Geschäftsführer Oliver Kern im Vordergrund gestanden, dass die Awo deutliche Akzente im Alltag der Menschen setze. Dazu einige Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit: Die Awo hat eine neue Gesellschaft gegründet, um Schulen Essensverpflegung anbieten zu können. Das Programm der haushaltsnahen Dienstleistungen, mit dem ältere und pflegebedürftige Menschen Hilfen bei Einkaufsgängen oder Begleitung im Alltag erhalten, erlebe immer stärkeren Zulauf. Ferner sorgte der Verband in seinen sechs Seniorenheimen dafür, dass die Bewohner in Einzelzimmern leben können, so wie es der Gesetz inzwischen auch vorschreibe.

Vor vier Jahrzehnten der Arbeiterwohlfahrt beigetreten

Für Johannknecht gibt es noch eine Fülle von weiteren rechtlichen Stellschrauben, an denen angesichts sozialer Schieflagen gedreht werden müsse. „Die Armutsberichte der Bundesregierung decken jedes Jahr aufs Neue die Missstände in unserem Land auf und man findet sie auch in unserer Stadt“. Der gelernte Bauschlosser gab seinerzeit den Anstoß für eine Awo-Konferenz, die ein Papier mit klaren Positionen und Forderungen verabschiedete. An vorderster Stelle stand darin zu lesen, dass Kindes- und Altersarmut bekämpft werden müssten, mehr sozialer Wohnungsbau gebraucht werde, ein höherer Mindestlohn notwendig und sowohl in Kitas als auch der Pflege ein besserer Personalschlüssel angesagt sei. Da die Awo selbst 20 Kindergärten betreibt und in der ambulanten Pflege eine wichtige Größe darstellt, weiß Johannknecht, dass die Einrichtungen immer wieder mit Engpässen und Problemen zu kämpfen haben, die auch von gesetzlichen Rahmenbedingungen abhängen.

Als der Sohn eines Bäckermeisters selbst vor 40 Jahren der Awo beitrat, wollte er seinem eigenem sozialen Engagement einen neuen Schub geben. Die Wahl auf gerade diesen Wohlfahrtsverband sei gefallen, weil eine große Nähe zur SPD bestehe, sagt der Essener. Den Sozialdemokraten ist der Steeler schon in jungen Jahren beigetreten, als Politiker drückte er später der SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung VII seinen Stempel auf, gab allerdings aus Altersgründen zur Kommunalwahl 2020 sein Mandat auf.

Die Altersgruppe der 30- bis 50-Jährigen als Mitglieder gewinnen

Wenn Klaus Johannknecht nach prägenden Erlebnissen gefragt wird, die seinen Werdegang beeinflusst haben, erzählt er gern die Geschichte von dem Major, den er bei der Bundeswehr erlebt hat. Der habe auch der SPD angehört, sich für die „kleinen Leute“ eingesetzt und vor allem ein offenes Ohr für Fragen der Soldaten gezeigt.

Sich Diskussionen zu stellen, Meinungen und Positionen zu vertreten, macht auch einen wesentlichen Teil des Engagements von Klaus Johannknecht aus. Überzeugungsarbeit musste er bei einer Reihe von Awo-Mitgliedern leisten, als der Umzug vom Pferdemarkt in die Holsterhauser Cranachhöfe anstand. „Es war ein notwendiger Schritt, den alten Standort zugunsten moderner, zeitgemäßer Büroräume zu verlassen. Und die bisherige Resonanz zeigt, dass die Entscheidung richtig war“.

Modern und aufgeschlossen soll auch die Awo sein und bleiben, betont der scheidende Vorsitzende. Ein besonderes Augenmerk sollte auf die Altersgruppe der 30- bis 50-Jährigen gerichtet werden, um sie für die Arbeiterwohlfahrt zu gewinnen. Auf diese Weise sollten auch die Ortsvereine gestärkt werden.

Nachfolgerin begann als Kassiererin im Altenessener Ortsverein

Im Altenessener Ortsverein hat Nachfolgerin Claudia Osterholt ihre Awo-Laufbahn begonnen. Zunächst war sie Kassierin, organisierte Sommerfeste oder Tanztee für Senioren. 2016 kam sie in den Kreisvorstand, rückte dann im Mai 2019 in das Amt als stellvertretende Vorsitzende auf. Wie ihr Vorgänger betont auch sie, den Menschen helfen zu wollen, die Hilfe benötigen. Osterholt hofft sehr darauf, dass sich die Corona-Zeit ihrem Ende entgegen neigt und sie mit allen Beteiligten wieder neu durchstarten kann. Die Awo für die Zukunft aufstellen, hat sie sich zum Ziel gesetzt. Dabei blickt sie vor allem auch die finanzielle Seite. Bund und Land müssten Wohlfahrtsverbände generell noch mehr stärken und besser ausstatten, fordert sie. Die neue Vorsitzende ist studierte Diplom-Ökonomin, arbeitete als Wirtschaftsprüferin in einem großen Essener Unternehmen und ist heute im Controlling beim Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW in Düsseldorf tätig.