Essen. Die Awo hat ihre alte Geschäftsstelle am Pferdemarkt an einen Projektentwickler aus Aachen verkauft. Der will dort Studentenwohnungen schaffen.
Pferdemarkt 5 bis 7: Hinter dieser Adresse verbirgt sich ein traditionsreicher Ort am nördlichen Rand der Essener Innenstadt. Jetzt hat das markante Gebäude seinen Eigentümer gewechselt. Der bisherige Besitzer, die Arbeiterwohlfahrt (Awo) Essen, hat die Immobilie an eine Tochter der Landmarken AG in Aachen verkauft. Der Projektentwickler will in dem denkmalgeschützten Komplex in erster Linie Wohnungen für Studenten schaffen.
Der Kaufvertrag ist am vergangenen Freitag unterzeichnet worden, wie Landmarken-Sprecher Kolja Linden auf Anfrage bestätigte. Die Aachener sind schon seit geraumer Zeit dabei, im Ruhrgebiet Fuß zu fassen. Der Kauf der alten Awo-Zentrale ist das erste Projekt in Essen.
Investor setzt aufs „Co-Living“-Konzept und will vor allem an Studenten vermieten
Das Gebäude habe eine Nutzfläche von 3400 Quadratmetern. „Wir wollen hier ein neuartiges Wohnkonzept unter dem Stichwort Co-Living verwirklichen“, fügt der Sprecher hinzu. Co-Living bedeutet in diesem Fall: Es werden Dutzende Appartements geschaffen, die an Studenten oder „Young Professionals“ vermietet werden - Einzelpersonen also, die wenig Platz zum Wohnen benötigen, aber gerne Gemeinschaftseinrichtungen im Haus in Anspruch nehmen möchten. So sei ein „Co-Working Space“ geplant, der von Studenten oder berufstätigen Kreativen gemeinsam genutzt werde. In anderen Gemeinschaftsräumen - mit Bar, Kaffeemaschine und TV-Ecke - können die Bewohner zusammen ihre Freizeit verbringen.
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Ins Erdgeschoss, in dem lange Zeit eine Filiale der Sparkasse Essen zuhause war, soll ein Nahversorger einziehen. Das könne ein Supermarkt sein oder Gastronomie bzw. eine Bäckerei. Die Landmarken AG gehört der Aachener Unternehmerfamilie Hermanns. An der Spitze des Vorstandes steht Norbert Hermanns. Käufer der alten Awo-Zentrale ist laut Vertrag die „Poha House Pferdemarkt GbR“.
„Hier können wir einen lebenswerten und lebendigen Standort kreieren“
Anke Hermanns, Mitgründerin von Poha House und Mitglied der Landmarken-Geschäftsleitung, begründet die Investition so: „Uns gefällt die Lage in einem spannenden Stadtteil mit einer jungen, kreativen Szene, sehr innenstadtnah mit einer U-Bahnstation direkt vor der Tür. Hier können wir für junge Leute einen lebenswerten und lebendigen Standort kreieren.“
Die Geschichte des Hauses
Das Haus am Pferdemarkt 5-7 ist 1930 errichtet worden. Bauherr war damals der Allbau, weshalb das Gebäude auch unter dem Begriff „Allbau-Haus“ bekannt ist.
Architekt war der Essener Baumeister Ernst Knoblauch (1868-1955), der in seiner Heimatstadt viele Spuren hinterlassen hat. Zwischen 1900 und 1930 hat er in Essen eine Reihe markanter Wohn- und Geschäftshäuser, Villen, Restaurants und Fabriken errichtet.
Das Haus am Pferdemarkt steht seit 1997 unter Denkmalschutz. An der Fassade befanden sich ursprünglich Plastiken des Bildhauers Will Lammert (1892-1957), der 1959 posthum mit dem Nationalpreis der DDR ausgezeichnet worden ist. Die Plastiken sind von den Nazis zerstört worden. Lammert gehörte in der Weimarer Republik der KPD an, sein Atelier hatte er in der Künstlerkolonie auf der Margarethenhöhe.
Der Aachener Investor will von der Nähe zur Hochschule profitieren und von der Aufbruchstimmung in der Nördlichen Innenstadt. Nur einen Steinwurf entfernt - an der Rottstraße - hat der Allbau, Essens größtes Wohnungsunternehmen, mit seiner neuen Zentrale einen städtebaulichen Akzent gesetzt. Hinzu kommt das Engagement des Unternehmers Reinhard Wiesemann, der mit verschiedenen Projekten (Unperfekthaus, Mehr-Generationen-Haus, Vielrespektzentrum) die Aufwertung des Viertels zu einem Kreativquartier beschleunigen möchte.
Die Awo war auch mit Kauf-Interessenten aus Essen im Gespräch
Über den neuen Besitz in Essen sagt Anke Hermanns: „Es ist ein sehr schöner, zum Platz hin gelegener Sandsteinbau mit einer flexiblen Gebäudestruktur, die sehr gut in unser Co-Living-Konzept passt.
Die Immobilie am Pferdemarkt 5-7 stand zum Verkauf, weil die Awo-Zentrale Ende letztes Jahres in die neuen Cranachhöfe in Holsterhausen umgezogen ist. Seitdem steht das Haus leer.
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Zwar sei auch mit Interessenten aus Essen verhandelt worden, aber am Ende habe der Meistbietende den Zuschlag bekommen, sagt Awo-Geschäftsführer Oliver Kern zu dem Verkauf. „Es ging für die Arbeiterwohlfahrt darum, den höchstmöglichen Preis zu erzielen.“ Über die Höhe des Kaufpreises haben Awo und die Landmarken AG jedoch Stillschweigen vereinbart.