Essen. Das Umweltbundesamt hat den Sinn von Luftfiltern in Schulen stets angezweifelt. Darauf berief sich Essen immer. Nun gibt’s eine neue Erkenntnis.
In die Diskussion um Luftfilter-Geräte für Schulklassen könnte neue Bewegung kommen, nachdem das Umweltbundesamt am Freitagnachmittag eine neue Empfehlung zu deren Einsatz veröffentlicht hat. Die Stadt Essen will „schnellstmöglich“ mit allen zuständigen Ämtern die neue Lage beraten, kündigte Stadt-Sprecherin Jasmin Trilling an.
Nachdem die Behörde im Winter letzten Jahres zunächst zu der Auffassung gelangt war, dass die Wirksamkeit von Luftfilter-Geräten nicht bewiesen ist und ihr Einsatz somit fragwürdig, hat das Umweltbundesamt mittlerweile etwas differenzierte Erkenntnisse gewonnen: Demnach sei der Einsatz von Luftreinigungsgeräten durchaus „sinnvoll“ in Klassenräumen, die nur schlecht zu lüften seien – also zum Beispiel dort, wo Fenster nur auf Kipp gestellt werden können. „Fachgerecht positioniert und betrieben ist ihr Einsatz wirkungsvoll, um während der Dauer der Pandemie die Wahrscheinlichkeit indirekter Infektionen zu minimieren“, heißt es. In Klassenräumen, die normal belüftet werden können, sei der Einsatz von Luftfilter-Geräten weiter nicht notwendig. Klassen, die gar nicht belüftet werden können, sollten während der Pandemie auch weiter nicht benutzt werden.
Förderprogramm des Landes fand nur wenig Anklang
Im Oktober war die Diskussion um Luftfiltergeräte in Gang gekommen, weil das Land angeordnet hatte, dass in Klassenzimmern alle 20 Minuten stoßgelüftet werden müsse. Die Zahl der Klassenzimmer in Essen, die nicht richtig zu lüften sind, bezifferte die Verwaltung damals auf 66 Räume an sechs städtischen Schulen. An einem Förderprogramm des Landes, das kurzfristig rund 50 Millionen Euro für die Anschaffung solcher Geräte zur Verfügung stellte, beteiligten sich nur wenige Kommunen. Auch Essen zählte nicht dazu.
Aufwand, Kosten und Ertrag stünden in keinem Verhältnis, hieß es damals seitens der Stadt; ganz abgesehen von den noch nicht kalkulierten Störfaktoren, die eine mobile Luftfilter-Anlage ausmache – die Geräusche und mögliche Luftströme. Die Verwaltung war damals der kritischen Haltung des Umweltbundesamtes gefolgt, das „einem generellen Einsatz mobiler Luftreinigungsgeräte kritisch gegenüber (steht) und ihn lediglich in Ausnahmefällen als zusätzliche Maßnahme für gerechtfertigt (hält).“
Schafft Essen Luftfilter für die schlecht zu lüftenden Räume an?
Ob die neue Empfehlung des Umweltbundesamts jetzt zu der Anschaffung von Luftfiltergeräten für die 66 schlecht zu lüftenden Klassenzimmer im Stadtgebiet führt, bleibt abzuwarten. Angesichts der gefürchteten Delta-Variante, die sich zurzeit ausbreitet, gibt es landesweit immer mehr Eltern, die Luftfiltergeräte für alle Klassenzimmer fordern. Die Kölner Lokalpolitik beabsichtigt - gegen den Rat der Verwaltung -, alle Schulräume entsprechend auszustatten – für rund 15 Millionen Euro. Dabei stellt das Umweltamt jetzt erneut fest, was der beste Schutz vor einer Infektion im Klassenzimmer ist: die Maske.
Unterdessen beklagt sich die Ratsfraktion der „Linken“, dass das Thema „Luftfilter“ in der letzten Ratssitzung von der Mehrheit von der Tagesordnung genommen wurde – unter anderem, weil die FDP noch „Beratungsbedarf“ angekündigt hatte. Die Stadt verschlafe den Sommer, statt die Schulen auszurüsten, hieß es.