Welche Essener Schulen haben die meisten Coronafälle? Wie klappt das Lüften der Räume, das jetzt nötig ist? So verlief der Start nach den Ferien.

Wegen defekter oder dauerhaft verschlossener Fenster klappt das vorgeschriebene Stoßlüften im Unterricht nicht an allen Essener Schulen reibungslos. Das berichten Pädagogen. Seit Montag, dem ersten Tag nach dem Ende der Herbstferien, müssen in den Klassenzimmern alle 20 Minuten und während der Pausen die Fenster aufgerissen werden. Das schreibt die Landesregierung vor.

Elf gemeldete Erkrankungen –bei 1300 Schülern

Räume, die Fenster haben, die sich nicht öffnen lassen, sollen nach einer Empfehlung des Schulministeriums nicht mehr benutzt werden. So soll das Infektionsrisiko im Klassenzimmer minimiert werden – doch längst nicht alle Praktiker glauben an den Nutzen dieser Maßnahme.

„Das Risiko einer Ansteckung in Schulen bleibt einfach sehr hoch“, sagt Berthold Kuhl, Leiter der Frida-Levy-Gesamtschule (Innenstadt). „Es sind einfach zu viele Menschen für zu lange Zeit in zu kleinen Räumen.“ Seit Beginn des Schuljahres im August verzeichnet die Frida-Levy-Schule die stadtweit höchste Zahl an Infektionsfällen unter Lehrern und Schülern – elf bestätigte Corona-Fälle wurden zwischenzeitlich gemeldet. Sämtliche Betroffene seien mittlerweile wieder genesen, betont der Schulleiter.

Nicht immer reichte es bei akuten Corona-Fällen aus, nur die Sitznachbarn der betroffenen Schüler in Quarantäne zu schicken: Vor den Herbstferien musste an der Frida-Levy-Schule eine ganze Klasse für eine Woche per Internet zu Hause unterrichtet werden – die Anzahl der Quarantäne-Fälle war so groß, dass ein Präsenzunterricht für die verbliebenen Schüler nicht sinnvoll gewesen wäre, heißt es.

Längst nicht alle Fenster an der Frida-Levy-Schule, die als marode gilt und einen Neubau erhalten soll, lassen sich so öffnen, so dass ein effektives Stoßlüften möglich wäre. Einige Rahmen sind baufällig und wurden sicherheitshalber zugeschraubt; andere Fenster sind sowieso nur „auf Kipp“ zu stellen.

Diskussion um Luftfilter-Gerätefür Klassen

Dieses Problem haben viele Schulen: „Die Beschwerden über Fenster, die nicht oder nur teilweise zu öffnen sind, höre ich jetzt sehr häufig“, sagt Berthold Urch, Leiter der Alfred-Krupp-Schule (Frohnhausen) und Sprecher der Essener Gymnasien. Auch in seinem Haus sind die Fenster der oberen Stockwerke seit Jahren dauerhaft verschlossen – aus Sicherheitsgründen.

In der Regel ist in vielen Schulklassen immer nur jenes Fenster zu öffnen, das in der Höhe des Lehrerpults liegt – dass es wenig effektiv ist, mit 30 Schülern im Raum Stoßlüften zu betreiben mit nur einem Fenster, liegt auf der Hand.

Und wenn sich dann noch defekte Außenjalousien, wie am alten Gebäude der Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Schonnebeck, gar nicht mehr hochziehen lassen, dann kann von Luft-Austausch wohl kaum die Rede sein. Immerhin: „Wir stehen gerade in Verhandlungen mit der Stadt, ob in unserem Neubau nicht noch Luftfilter in die Räume eingebaut werden können“, berichtet Julia Klewin, Lehrerin an der Gustav-Heinemann-Gesamtschule. Sie erhält derzeit einen Neubau, der im März 2021 bezogen werden soll.

Stoßlüften und Maskenpflicht an den Schulen

Mit dem Stoßlüften, das an den Schulen seit Montag Pflicht ist, geht auch eine Maskenpflicht für alle Schüler ab Jahrgang fünf einher. Vorher war das Tragen einer Maske im Unterricht am Sitzplatz eine Sache der Freiwilligkeit gewesen.

Die Maskenpflicht am Sitzplatz gilt ausdrücklich nicht für Grundschüler. Besonders die jungen Jahrgänge in Klasse eins und zwei, die Lesen lernen, würden durch das Tragen einer Gesichtsmaske zu sehr behindert, heißt es bislang.

Über Sinn und Zweck von Luftfiltern in Klassenräumen hat sich in den vergangenen Wochen eine lebhafte Diskussion entwickelt, denn das Land NRW will es mit einem Förderprogramm über 50 Millionen Euro ermöglichen, dass sich Schulen mobile Luftfilter-Geräte zulegen können.

Am 25. Oktober hat sich Essens Gesundheitsdezernent Peter Renzel in einem Eintrag im Netzwerk Facebook ausführlich mit den entsprechenden Leitlinien des Bundesumweltamtes beschäftigt: „Am Konzept des Quer- oder Stoßlüftens der Klassenräume“, bilanziert Renzel, „geht aus meiner Sicht kein Weg vorbei.“ Mobile Luftfiltergeräte seien teuer, ihr Betrieb unpraktikabel und ihre Wirkung nicht nachgewiesen.

Absolute Zahlen an Schulen sindniedrig und kaum aussagekräftig

Noch kann die Stadt weiter ihre These vertreten, dass Schulen derzeit keine Orte sind, an denen sich das Coronavirus ausbreitet. Auch wenn seit August mittlerweile knapp 30 Grundschulen bestätigte Fälle unter Kindern und Lehrern gemeldet haben, außerdem 13 Gymnasien, acht Real- und sechs Gesamtschulen sowie sechs Berufskollegs und vier Förderschulen: Die absoluten Zahlen der bestätigten Fälle sind, gemessen an den jeweiligen Schülerzahlen, gering und deshalb kaum aussagekräftig.

Nach den elf Fällen der Frida-Levy-Gesamtschule (1300 Schüler) steht auf Platz zwei das BMV-Gymnasium in Holsterhausen (1400 Schüler) mit zwischenzeitlich acht Fällen unter Erwachsenen und Schülern. Die Erich Kästner-Gesamtschule (Freisenbruch) hat bislang sieben Fälle, die Gustav-Heinemann-Gesamtschule (Schonnebeck) fünf, das Berufskolleg im Bildungspark (Altenessen) ebenfalls fünf Fälle.

In allen anderen Essener Schulen, die während des laufenden Schuljahres bestätigte Fälle gemeldet haben, liegt die derzeitige Zahl der zwischenzeitlich Erkrankten jeweils unter fünf.