Essen-Bredeney. Coronabedingt gibt es nur eine kleine Feier zum 100-Jährigen. Der Bredeneyer Ruderklub am Baldeneysee entstand als Kruppscher Wassersportverein.

Sein 100-jähriges Bestehen feiert der Ruderklub am Baldeneysee (RaB) am 3. Juli mit Ausfahrten, Bootstaufen und Umtrunk auf dem Vereinsgelände an der Freiherr-vom-Stein-Straße in Essen-Bredeney – pandemiebedingt im kleinen Rahmen und mit einem Jahr Verspätung. Der Verein blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück.

Gegründet wurde der RaB, heute nach eigenen Angaben größter Ruderclub am Baldeneysee, 1920 als Kruppscher Wassersportverein (Kruwa). „In der Zeit des politischen Umbruchs nach dem Ersten Weltkrieg wollte eine kleine Gruppe sportlich Interessierter um die Gründerväter Paul Gleixner und Harry Keil den teils chaotischen Verhältnissen etwas Positives entgegensetzen“, zitiert der heutige Vorsitzende Horst-Werner Wollenweber aus der Chronik des Vereins, die zur aktuellen Feier neu aufgelegt wurde.

Sie führen heute den Ruderklub am Baldeneysee: Horst-Werner Wollenweber (l.), erster Vorsitzender, und Horst Singer, zweiter Vorsitzender.
Sie führen heute den Ruderklub am Baldeneysee: Horst-Werner Wollenweber (l.), erster Vorsitzender, und Horst Singer, zweiter Vorsitzender. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Während die Führungselite der Firma Krupp längst beim benachbarten Etuf ruderte und sich anderswo in Essen Vereine für die Arbeiterschicht gründeten, übernahmen ruderbegeisterte leitende Krupp-Angestellte einen Bootsschuppen des Etuf, um dort ihren eigenen Verein anzusiedeln, berichtet der RaB-Vorsitzende. Gerudert wurde damals auf der Ruhr, den Baldeneysee gab es noch nicht. „Den Gründern waren damals Freiheit und Naturverbundenheit wichtig“, so Wollenweber.

In den ersten Jahren zog der Verein in Essen-Bredeney mehrfach um

Das erste Bootshaus lag einige hundert Meter vom heutigen Sitz des Vereins entfernt. „In den ersten zwölf Jahren standen zwei Umzüge an, weil in den 1930er Jahren der Baldeneysee geplant und angelegt wurde und man am damaligen Standort im neuen See versunken wäre“, berichtet Wollenweber. Deshalb wählte man den heutigen, erhöhten Standort, wo Bootshaus und Vereinsheim neu aufgebaut wurden.

Die Nachwuchsruderer lassen vom Steg in Essen-Bredeney das Boot zu Wasser.
Die Nachwuchsruderer lassen vom Steg in Essen-Bredeney das Boot zu Wasser. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Im Zweiten Weltkrieg wurden die kompletten Anlagen und Boote des Vereins zerstört. „Um nach dem Krieg wieder neu starten zu können, musste sich der Verein umbenennen, um den Namen Krupp loszuwerden“, so der Vorsitzende. Der Ruderklub am Baldeneysee habe seitdem zwar nicht die Stadt, aber dafür das heimatliche Gewässer im Namen.

In den 1970er Jahren sei die Mitgliederzahl des RaB auf zeitweise rund 650 gestiegen. Heute habe der Verein, der neben Rudern auch Segeln anbietet, rund 500 Mitglieder und biete eine Vielzahl von Aktivitäten wie Kinder-, Renn-, Masters- und Wanderrudern für verschiedene Leistungs- und Altersgruppen an. Auch Kraft-, Fitness- und Ergometertraining gehöre zum Angebot. „90 Prozent der Mitglieder sind Ruderer, die meisten davon im Breitensportbereich, etwa zehn Prozent sind Segler“, erklärt Pressesprecher Olaf Koch.

In Corona-Zeiten hat der Verein großen Zulauf erfahren

Die jährliche Fluktuation bei den Mitgliedern liege bei rund zehn Prozent, berichtet der zweite Vorsitzende Horst Singer. Das liege unter anderem daran, dass junge Mitglieder durch Beruf oder Studium wegzögen. Nachwuchssorgen kenne der Verein aber nicht, es gebe sogar eine Warteliste. Gerade jetzt zu Corona-Zeiten sei das Interesse am RaB groß, kontaktarme Sportarten im Freien wie Rudern seien derzeit sehr gefragt. „Vielen Menschen ist es gerade jetzt wichtig, etwas für die Gesundheit zu tun, und Rudern verbessert ja Kraft und Ausdauer“, so Olaf Koch.

Verein kooperiert mit zwei Essener Schulen

Der Ruderklub am Baldeneysee kooperiert mit der BMV-Schule und dem Helmholtz-Gymnasium, informiert dort regelmäßig über seine Angebote und bietet Schnuppertraining an.

Neben sportlichen und gesundheitlichen Aspekten geht es nach Aussage der Vereinsverantwortlichen beim Rudern auch um Persönlichkeitsbildung, um Disziplin, Teamgeist und Spaß an der Bewegung.

Anfangs sei das Rudern ein reiner Männersport gewesen, in den 1930er Jahren seien dann erste Frauen dazugekommen, die sich bis in die 1950er Jahre vorwiegend dem Stilrudern, also bestimmten besonders eleganten Übungen, widmeten. Heute liege der Frauenanteil bei rund 40 Prozent. „Einige der Frauen, die in den 1950er Jahren bei uns aktiv waren, sind heute noch im Verein und kommen auch zum Jubiläum“, sagt Horst Singer. Insgesamt gebe es viele sehr alte, teils auch noch aktive Mitglieder, die dem RaB über viele Jahrzehnte verbunden seien.

Im Anzug mit Hut: Eine Bootstaufe 1920 beim Kruppschen Wassersportverein an der Ruhr.   
Im Anzug mit Hut: Eine Bootstaufe 1920 beim Kruppschen Wassersportverein an der Ruhr.    © RaB

Gerudert werde in 90 vereinseigenen Booten vom schmalen Renn-Einer bis zum breiten Gig-Achter. „Am Wochenende sind oft 20, 30 Boote von uns auf dem See“, erklärt Olaf Koch. Gerudert werde auch im Winter. „Die Vereinsmitglieder rudern rund 130.000 Kilometer im Jahr, meist hier auf dem Baldeneysee, teils aber auch im Rahmen von Wanderfahrten in ganz Europa.“

Stolz sei der Verein auf die Erfolge der Rennruderer und -ruderinnen, wie Gabi Mehl, die 1992 in Barcelona eine olympische Bronzemedaille im Vierer ohne Steuerfrau gewann. Aktuell gehörten Jakob Schneider, der dreimal Weltmeister im Deutschlandachter wurde und im Sommer bei den Olympischen Spielen in Tokio an den Start gehen wird, und Tassilo von Müller im deutschen U23-Achter zu den erfolgreichsten RaB-Sportlern.