Essen. Überfüllte Müllcontainer sind oft ein Ärgernis. Politiker fordern die Leerung nach Füllstandsmessungen. Entsorgungsbetriebe planen Pilotprojekt.
Die Abfallbehälter sind vollgestopft bis oben, drumherum türmen sich Müllberge: Überfüllte Containerstandorte sind immer wieder ein Ärgernis. Daher fordern Politiker, Altglas- und Altpapierstandorte mit Hilfe einer Füllstandsmessung bei Bedarf anzusteuern und nicht wie bislang zu festgelegten Terminen. Dem Antrag von FDP/EBB hat die Bezirksvertretung der Ruhrhalbinsel nun zugestimmt. Die Entsorgungsbetriebe Essen haben genau dieses System bereits im Blick.
In den Startlöchern für ein Pilotprojekt
Geht es nach den Politikern, soll das Smart-City-Pilotprojekt in Freisenbruch starten und die Stadt ein entsprechendes Konzept dafür erstellen. Der aktuelle Turnus der Leerung der Altglas- und Altpapiercontainer nach festen zeitlichen Intervallen anstatt nach Bedarf, entspricht in den heutigen Zeiten nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik, heißt es im Antrag dazu. Die Liberalen empfehlen einen Blick in die Nachbarstadt Bochum, die bereits mit einem Unternehmen eine moderne Lösung gefunden habe.
„Wir sind bereits in den Startlöchern für ein Pilotprojekt“, sagt indes Stefanie Bersin, Sprecherin der Entsorgungsbetriebe Essen. Sie hätten sich bereits mit dem Thema Füllstandsmessungen beschäftigt, um die Abfuhr von Altpapier zu verbessern und zu modernisieren. Weitere Details gibt es noch nicht, auch der Zeitpunkt für den Start ist noch offen. Dieser solle aber nicht stadtteilscharf erfolgen. „Wir probieren es mit mehreren Standorten aus“, sagt Stefanie Bersin. Die sollen sich im gesamten Stadtgebiet befinden.
Unterschiede zwischen Altglas und Altpapier
1300 Papiercontainer an 400 Standorten gebe es. Werde an einigen die Füllstandsmessung ausprobiert, müsse jedoch bedacht werden, dass es große Unterschiede zwischen Altpapier und Altglas gebe. Glas falle schnell hinein und zerschellt, während Kartons sich verkeilen oder nicht zerkleinert den Container voll erscheinen lassen, der es noch gar nicht ist.
An dieser Stelle könne jeder helfen, Kartons vor dem Entsorgen klein zu machen und dann in den Container hineinzudrücken. Die EBE ihrerseits hätte ihre Intervalle bereits mit der Zweitschicht erhöht und rückten seit dem vergangenen Winter vor- und nachmittags aus. Ein- bis zweimal in der Woche werde zudem der Bereich um die Container gereinigt.
8800 Tonnen Altglas in Essen
Remondis plant wiederum für das Altglas derzeit keine Füllstandsmessungen. „Aufgrund der Weitläufigkeit des Stadtgebietes wäre das auch eher nicht so zielführend“, erklärt Unternehmenssprecher Michael Schneider. Im Vorjahr machte das Altglas in Essen knapp 8800 Tonnen aus (2019: 8150). Dafür böten sich vielmehr die bestens etablierten, regulären Abfuhrzeiten an. Gleichwohl habe man in einem Pilotprojekt in Stuttgart bereits Erfahrung mit solchen Sensoren sammeln können. Die Technologien immerhin funktionieren im Grundsatz recht gut.
Online-Handel treibt Müllberge in die Höhe
Nach Angaben der EBE werden die Container in der Regel mindestens einmal pro Woche geleert. An manchen, besonders zentral gelegenen Standorten erfolge die Leerung der Altpapiercontainer zwei- bis maximal dreimal pro Woche.Ein wesentlicher Grund, weshalb Müllcontainer aus allen Nähten platzen, liegt nach der Einschätzung von EBE vor allem am Onlinehandel, derin Corona-Zeiten weiter stark zugenommen habe. Dadurch seien auch die Mengen an Kartonage, Pappe und Altpapier enorm angewachsen.Die Entsorgungsbetriebe stehen häufig wegen der überquellenden Container in der Kritik. Bürger bemängeln, dass dadurch Orte und Plätze verschandelt werden.
Darauf setzen auch die Christdemokraten, die die Idee begrüßen: „Alles, was gegen Vermüllung hilft, soll uns recht sein“, sagt Bezirksvertreter Klaus-Dieter Feige. Mit einer Einschränkung: Es sollte kein Stadtteil bevorzugt werden. Sollte das System auf Füllstandsmessungen umgestellt werden, ergänzt er zur Position der CDU, „dann müsste es großflächig umgesetzt werden, um mittelfristig Erfolg zu haben.“
Vermeidung von Fahrten zu halb leeren Containern
Die Grünen können mit Freisenbruch als Pilotstadtteil gut leben, um zu schauen, wie groß der Aufwand sein wird und wie gut es funktioniert. „Sollte es erfolgreich sein, wäre es natürlich ideal, das System auf die gesamte Stadt zu übertragen“, sagt Yilmaz Günes, Bezirksvertreter und zweiter stellvertretender Bürgermeister. Die Hoffnung: Wenn durch die Messung erkannt wird, welcher Container voll ist und man nach Bedarf reagiert, dann vermeidet das nicht nur die Müllberge, sondern bestenfalls auch unnötige Fahrten zu halb leeren Containern.
Auch die SPD hofft, bei einer Umstellung auf das neue Prinzip flexibel reagieren zu können und Container zu leeren, bevor alles daneben landet. Die Vermüllung sei ein Riesenproblem, sagt SPD-Ratsfrau Michaela Heuser. Dass die Füllstandsmessungen funktionieren könnten, hätten andere Städte vorgemacht: „Warum sollte man das nicht übernehmen?“