Essen. Die „Jedermann-Sportanlage“ an der Schillerwiese soll zwei Vereine aufnehmen. Warum das für Schwarz-Grün im Essener Rat zur Belastungsprobe wird.

Ein Umbau der „Jedermann-Sportanlage“ an der Schillerwiese in Stadtwald rückt abermals auf die politische Tagesordnung. Die städtischen Sport- und Bäderbetriebe schlagen vor, die in die Jahre gekommene Sportanlage so umzubauen, dass dort zwei Fußballvereine – die Sportfreunde 07 und der Rüttenscheider SC – eine neue Heimat finden. Freizeitsportler sollen die verbliebenden Flächen nach wie vor jederzeit nutzen können. Die Idee ist nicht neu. Der Vorschlag könnte allerdings zu einer ernsten Belastungsprobe für die neue schwarz-grüne Mehrheit im Rat der Stadt werden.

Zur Erinnerung: Die Sportverwaltung sucht seit Jahren eine Lösung, die den Interessen der beiden Fußballvereine gerecht wird. Dabei geht es allen voran um die Sportfreunde 07. Diese würden zwar gerne an der Veronikastraße in Rüttenscheid bleiben. Der Ascheplatz auf dem Areal des ehemaligen Güterbahnhofes befindet sich im Besitz der Stadt Essen. Aufgrund der zentralen Lage im prosperierenden Rüttenscheid ist die Fläche für den Wohnungsbau interessant, weshalb die Verwaltung nach Ersatz sucht.

Eine Erweiterung der Sportanlage am Uhlenkrug würde deren Bestandsschutz gefährden

Als favorisierte Lösung galt bislang ein Umzug der Sportfreunde an den Uhlenkrug. Das Fußballstadion des ETB Schwarz-Weiß Essen sollte dafür modernisiert und erweitert werden. Profitieren sollte auch der kleinere Rüttenscheider SC im Walpurgistal – durch einen Kunstrasenplatz, den auch die beiden anderen Vereine nutzen könnten.

Die Sport- und Bäderbetriebe suchten eine Lösung für die beiden Rüttenscheider Vereine und den ETB, dessen Jugendmannschaften derzeit Am Krausen Bäumchen spielen.
Die Sport- und Bäderbetriebe suchten eine Lösung für die beiden Rüttenscheider Vereine und den ETB, dessen Jugendmannschaften derzeit Am Krausen Bäumchen spielen. © funkegrafik nrw | Anda SinnPascal Behning

Doch der vermeintliche Königsweg führt, wie nun mit Vorlage eines Lärmgutachtens feststeht, in eine Sackgasse. Denn die avisierte Erweiterung der Sportanlage am Uhlenkrug würde deren Bestandsschutz gefährden. Erforderlich wäre eine neue Baugenehmigung. Eine solche würde Anwohnern, die sich durch Lärm gestört fühlen, den Weg für eine Klage vor dem Verwaltungsgericht eröffnen – und das durchaus mit Aussicht auf Erfolg. Denn die gesetzlichen Anforderungen an den Lärmschutz sind bei einer neuen Anlage ungleich höher.

Erinnerungen an den Rechtsstreit um den Platz an der Buderusstraße werden wach

Erinnerungen werden wach an den jahrelangen Rechtsstreit, der den Umbau der städtischen Sportanlage an der Buderusstraße in Kray begleitete. Eine Nachbarin hatte dort erfolgreich gegen die Baugenehmigung geklagt. So etwas soll sich aus Sicht der Stadt am Uhlenkrug nicht wiederholen.

Die Sport- und Bäderbetriebe haben deshalb ihren alten Vorschlag aus der Schublade hervorgeholt: den Umbau der Jedermann-Sportanlage an der Schillerwiese. Vor drei Jahren legte die Sportverwaltung damit eine Bauchlandung hin. Allen voran die Grünen drängten seinerzeit darauf, dass die Freizeit-Anlage unangetastet bleibt. Nun, da der Lärmschutz gegen den favorisierten Ausbau am Uhlenkrug spricht, nimmt die Verwaltung an der Schillerweise einen neuen Anlauf.

Die Sportanlage an der Schillerwiese ist bei Läufern beliebt.
Die Sportanlage an der Schillerwiese ist bei Läufern beliebt. © Oliver Müller NRZ | Oliver Müller

Hinter den Kulissen sorgt dies bereits für Diskussionsstoff. Haben CDU und Grüne in ihrer Kooperationsvereinbarung doch ausdrücklich festgeschrieben, dass die Jedermann-Sportanlage „in ihrer jetzigen Form bestehen bleiben“ soll. Lediglich die nicht mehr zeitgemäßen Umkleidekabinen sollen nach dem Willen der neuen Ratsmehrheit modernisiert werden.

Grünen in Rüttenscheid ist eine Bebauung des ehemaligen Güterbahnhofs suspekt

Ist die Vereinbarung in Stein gemeißelt?

„Uns ist es wichtig, dass es in Essen ein Jedermann-Sportangebot gibt“, sagt CDU-Fraktionschef Fabian Schrumpf. Eine ausdrückliche Absage an den Vorschlag der Verwaltung ist das nicht. Wie zu hören ist, würde die CDU das Thema gerne abräumen, und das möglichst schnell. Auch der Essener Sportbund (Espo) drängt im Sinne der betroffenen Vereine auf eine Lösung.

Derweil ringen die Grünen miteinander. Insbesondere deren Vertreter aus Rüttenscheid beharren auf dem Vereinbarten: „Koalitionsvertrag ist Koalitionsvertrag“, sagt Ratsfrau Elke Zeeb, die sich sehr wohl mit einem Verbleib der Sportfreunde 07 in Rüttenscheid anfreunden könnte. Eine weitere Bebauung des ehemaligen Güterbahnhofes ist den Grünen suspekt. Vielmehr sei es zu begrüßen, wenn Kinder zum Sportverein möglichst kurze Wege zurücklegen müssten. „Wir sind noch nicht am Krausen Bäumchen“, sagt Fraktionssprecherin Hiltrud Schmutzler-Jäger und meint auch die Meinungsfindung in der eigenen Fraktion.

Das Lärmgutachten

Planungsrechtlich grenzt das Stadion am Uhlenkrug gleich an mehrere Wohngebiete. Als so genannte Altanlage – das Stadion wurde 1922 errichtet – genießt es Bestandsschutz. Das heißt: Der Lärmpegel darf das sonst zulässige Maß um maximal fünf Dezibel überschreiten. Zu berücksichtigen sind unter anderem die Zuschauerzahlen, die An- und Abreise und die Parkplätze. Im Falle eine baulichen Erweiterung würde dieser „Altanlagen-Bonus“ wegfallen, das Stadion unterläge damit strengeren Lärmgrenzen. Als besonders kritisch gelten dabei Sonntage in der Zeit von 13 bis 15 Uhr.

Der von der Stadt beauftragte Gutachter 101 verschiedene Varianten mit drei Spielfeldern durchgerechnet. Das Ergebnis: Man könne es drehen und wenden, wie man wolle. Die Vorgaben des Immissionsschutzes ließen sich am Uhlenkrug nicht einhalten.

Läuft es auf einen Kompromiss hinaus? Die Sportverwaltung macht einen Umbau der Sportanlage an der Schillerwiese mit weiteren Angeboten für Jedermann schmackhaft. Auch wäre ein solcher mit 5,8 Millionen Euro vergleichsweise günstig zu haben. Eine Erweiterung am Uhlenkrug schlüge mit 12,9 Millionen Euro zu Buche.

Dort soll nun aber (fast) alles beim Alten bleiben. Dabei hatte der Sportausschuss mit den Stimmen von CDU und Grünen schon 2009 beschlossen, das traditionsreiche ETB-Stadion für rund sechs Millionen Euro zu modernisieren, allerdings ohne dass die dafür erforderlichen finanziellen Mittel in den städtischen Haushalt eingestellt worden wären. Nun soll neben dem Stadion ein Ascheplatz, der für den Spielbetrieb viel zu klein ist, durch Kunstrasen ersetzt werden. Aus Sicht von Schwarz-Weiß Essen wäre das nicht einmal ein Trostpflaster.