Essen. Die bundesweit bekannte Essener Notärztin Carola Holzner lud den Schauspieler Jan Josef Liefers zu einer Schicht ein. Warum daraus nichts wird.

Widersprüchliche öffentliche Signale sendet das Universitätsklinikum Essen im Nachgang der umstrittenen Schauspieler-Videoaktion „#allesdichtmachen“, die die Corona-Maßnahmen ironisch kritisiert. Während die mittlerweile überregional bekannte Essener Klinikum-Ärztin Carola Holzner („Doc Caro“) die Schauspieler aufforderte, einen Tag auf der Intensivstation zu verbringen, um sich dort eines Besseren belehren zu lassen, hat ihr oberster Chef das Angebot einkassiert: „Für uns definitiv kein Thema“, sagte Prof. Jochen Werner, Direktor des Uniklinikums, in einem Podcast-Beitrag.

Das Problem: Der Schauspieler Jan Josef Liefers, einer der Köpfe der Videoaktion, hatte das Angebot von „Doc Caro“ nach eigenen Angaben zwischenzeitlich angenommen, offenbar im Vertrauen darauf, dass diese Prokura habe, um ein solche Aufforderung auch in die Tat umzusetzen. In einem Interview mit der „Zeit“ ließ Liefers verlauten, er habe sich „schon angemeldet“ bei der Gegenaktion „#allemalneschichtmachen“.

„Hey, Jan Josef Liefers und alle anderen: ihr seid herzlich eingeladen“

Carola Holzner, die als Notärztin im Uniklinikum arbeitet, hatte auf ihrer Seite im Netzwerk Facebook davon gesprochen, dass die Schauspieler eine Grenze überschritten hätten. Zynismus, Sarkasmus und Ironie seien ein Schlag ins Gesicht all jener, die seit über einem Jahr alles täten. um Corona-Kranken zu helfen. Ihre Aktion bewarb sie so: „Hey, Jan Josef Liefers und alle anderen: ihr seid herzlich eingeladen #allemalneschichtmachen. Und danach reden wir noch mal. Und zwar ohne Ironie. In einem konstruktivem Austausch.“

Erst faktisch eingeladen, dann offiziell wieder ausgeladen: Jan Josef Liefers wird trotz bekundeter Bereitschaft keine Schicht im Essener Uniklinikum absolvieren.
Erst faktisch eingeladen, dann offiziell wieder ausgeladen: Jan Josef Liefers wird trotz bekundeter Bereitschaft keine Schicht im Essener Uniklinikum absolvieren. © picture alliance/dpa | Oliver Berg

Dem schob Jochen Werner nun einen Riegel vor, jedenfalls soweit es sich um das Uniklinikum Essen handelt. „Wer bis heute nicht begriffen hat, was in Krankenhäusern geleistet wird, der begreift es auch in einer Schicht nicht“, so Werner. Liefers Bereitschaft sei zwar eine „löbliche Geste“, dennoch sei eine solche Inszenierung für ihn „undenkbar“, auch weil er nicht dulden könne, dass schwerkranke Patienten mit in die Diskussion hineingezogen würden.

Klinikum-Kreise: Holzner hat das Angebot „privat“ unterbreitet

Wie konnte es zu dieser Situation kommen, bei der Liefers faktisch erst ein-, dann wieder ausgeladen wurde? Thorsten Schabelon, Sprecher des Uniklinikums, will dazu offiziell nichts sagen. Aus Kreisen des Uniklinikums heißt es aber, Holzner habe ihr Angebot „als Privatperson“ unterbreitet, nicht als Angestellte des Universitätsklinikums Essen. Sie habe auch nicht gesagt, die Schauspieler könnten in Essen mitarbeiten, sondern allgemein von Intensivstationen gesprochen.

Nun hat Holzner ihr Renommee bei Teilen des Publikums, ihre Glaubwürdigkeit und ihre bundesweite Bekanntheit aber in erster Linie der Tatsache zu verdanken, dass sie längst als Gesicht des Essener Uniklinikums gilt, wozu auch Talkshow-Auftritte vor einem Millionenpublikum beitrugen. War es da nicht naheliegend, dass alle dachten, sie könne in die Essener Intensivstationen einladen? Und seit wann können Privatpersonen anderen Zugang auf Intensivstationen verschaffen?

Im Essener Uniklinikum gilt die Art von „Doc Caro“ mittlerweile manchem als Problem

Schabelon wollte auch diese Nachfrage nicht weiter kommentieren, räumte aber ein, dass er zahlreiche Medienanfragen erhalten habe, wann Jan Josef Liefers denn nun in Essen seine Schicht absolviere. Auch viele Journalisten hatten Holzner also so verstanden wie es Liefers getan hatte. In den sozialen Medien gab es ebenfalls viel Unverständnis über das Hin und Her.

Inoffiziell ist im Essener Uniklinikum zu hören, dass „Doc Caro“ vor allem in den Führungsetagen mittlerweile mehr als Problem, denn als positiver Imagefaktor gilt. Die Ärztin habe anfangs durch ihre unverblümte Art deutlich gemacht, welche Gefahr das Coronavirus darstelle und wie sehr das Krankenhauspersonal unter Verharmlosungen leide. Immer mehr gelte sie aber wegen ihrer lauten und disruptiven Art als unbeherrschbarer Risikofaktor für das Renommee des Uniklinikums. „Wir können ihr die Auftritte nicht verbieten“, heißt es spitz.

Generell rät Uniklinikum-Direktor Jochen Werner zu mehr Gelassenheit im Umgang mit den Künstler-Videos. Diese hätten „keinen Arzt und keine Pflegekraft brüskieren“ wollen. Man möge sich durch solche Debatten nicht von der Arbeit an der Sache ablenken lassen.