Essen-Katernberg. Eine neue Pfarrei löst die Essener Gemeinden St. Johann Baptist und St. Nikolaus ab. Die Art, wie Menschen Kirche leben, wird sich verändern.

Die Gremien der Pfarreien St. Johann Baptist und St. Nikolaus haben einer Fusion zugestimmt - auch der Bischof ist einverstanden. Als Pfarrkirche wird ab Juni St. Joseph in Katernberg fungieren, der Name der neuen Pfarrei soll Hl. Cosmas und Damian sein. Mit gut 31.700 Katholiken wird das die größte Pfarrei der Stadt sein.

Klassische Pfarreigrenzen spielen heute weniger eine Rolle

Michael Dörnemann, Pfarradministrator von St. Johann Baptist betont, dass es sich um eine Neugründung handelt, in der beide Pfarreien aufgehen sollen: „Der Begriff Fusion hat immer einen etwas merkwürdigen Beigeschmack, als ob der Größere den Kleineren schlucken würde.“ Er spürt keine Kater- sondern vielmehr Aufbruchsstimmung in den Gremien und den Engagierten aus Altenessen, Stoppenberg, Katernberg, Schonnebeck, Frillendorf und Kray: „Wir wollen etwas bewegen.“

Trotz der Neugründung werde das entscheidende kirchliche Leben weiter vor Ort stattfinden, es gelte jetzt jedoch stadtteilübergreifende Angebote zu schaffen. Noch vor 20 Jahren sei es normal gewesen, dass Babys in einer bestimmten Gemeinde getauft wurden, dort auch in den Kindergarten gegangen sind, sich als Messdiener engagiert haben, in der gleichen Kirche zur Firmung gingen und später dort auch geheiratet haben.

„Im Zuge der Digitalisierung schauen die Menschen jetzt viel eher danach, was zu ihnen passt, die klassischen Pfarreigrenzen spielen da weniger eine Rolle“, weiß Dörnemann und meint damit beispielsweise welches Kindergartenkonzept den Familien entgegenkommt und wo das Ambiente für die Hochzeit besonders passend ist.

10.000 Mitglieder weniger als noch vor 15 Jahren

Hinzu käme der unaufhaltsame Mitgliederschwund. Zählten die beiden Gemeinden im Jahr 2005 noch rund 40.000 Mitglieder sind es jetzt knapp 10.000 weniger. „Das hängt auch mit den sozialen Veränderungen im Nordosten zusammen“, so Dörnemann. Die Zahl anderer Religionen wachse außerdem, ebenso die Zahl der Ungetauften. Gleichzeitig gehe die Zahl der Ehren- und auch Hauptamtlichen zurück. Ein Trend, dessen Ende noch nicht absehbar ist.

Alle Mitarbeiter und Angestellte werden aber zunächst in die neue Pfarrei übernommen, Ingo Mattauch wird als neuer Pfarrer am 1. Juni seinen Dienst antreten. „In den kommenden fünf bis sechs Jahren stehen dann zahlreiche Pensionierungen an“, erklärt Dörnemann. Der Pfarrentwicklungsprozess sehe schließlich Einsparungen bei Gebäuden und Mitarbeitern vor.

Zusammenschluss bietet mehr Möglichkeiten

Das alles sei jedoch kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Es gelte jetzt vielmehr den Mehrwert zu erkennen, die Gemeinde sei „bunter und breiter“ geworden und durch den Zusammenschluss bieten sich mehr Möglichkeiten. So könnten Engagierte aus Stoppenberg problemlos beim Gabenzaun in Altenessen helfen, Ehrenamtliche aus Katernberg auch Teil der Kolpingfamilie in Frillendorf werden, Kommuniongruppen könnten sich zusammenschließen und trotzdem könne jeder zunächst weiter die Gottesdienste vor Ort besuchen. „Es wird eine Pfarrei neuen Typs“, erklärt Dörnemann. Um darin mitwirken zu können „müssen aber nicht alle nach Katernberg pilgern, nur weil dort die Pfarrkirche steht“.

Es gelte jetzt zunächst die Mitglieder auf diesem Weg mitzunehmen: „Wir müssen emotionale Erfahrungsräume öffnen, damit sie den Mehrwert erkennen und auch bereit sind, mobil zu werden“, erklärt Dörnemann. Wenn die Corona-Einschränkungen es zulassen, soll es dafür an Fronleichnam, 3. Juni, ein Neugründungs-Fest entweder auf der Zeche Zollverein oder am Hallo in Stoppenberg geben, die Detailplanungen laufen noch. „Wir suchen dafür einen Ort in der Mitte“, so Dörnemann, der auch damit ein Zeichen setzen will: „Das Gemeindeleben wird dezentraler sein.“

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Ingo Mattauch wird neuer Pfarrer

Ingo Mattauch ist seit Januar Pfarradministrator der Pfarrei St. Nikolaus und wird mit der Neugründung in Katernberg im Juni erster Pfarrer in Hl. Cosmas und Damian. Zuvor vor Mattauch Pfarrer in Gelsenkirchen, wo er auch wohnt. Zusätzlich ist der 56-Jährige auf Ebene des Bistums Essen als geistlicher Beirat des Kreuzbundes Diözesanverband im Einsatz. Der Kreuzbund Deutschland ist mit über 11.000 Mitgliedern der größte Verband zur Suchtselbsthilfe; er ist die katholische Helfergemeinschaft für Suchtkranke und Angehörige.

Mattauch sieht die Kirche in einem gewaltigen Umbruch, Ressourcen nehmen finanziell und personell ab. Im Zuge des Pfarreientwicklungsprozesses sieht er eine seiner Aufgaben in der Trauerbegleitung, die mit dem Pfarrentwicklungsprozess aufgrund des Verlustes der Kirchengebäude bei vielen Gemeindemitgliedern zu leisten sei.

„Ich konnte schon viele kennenlernen und habe großes Engagement gesehen“, so Mattauch, der in der Katernberger Neugründung auch eine Aufbruchsstimmung verspürt. „Ich sehe viele kreative und konstruktive Ideen.“ Das Ehrenamt müsse in Zukunft noch viel mehr gestärkt werden. Die Aufgabe werde sein, das christliche Leben in die Stadtteile zu tragen und dort umzusetzen.