Essen. Die Arbeit in den sechs Beratungsstellen des LVR in Essen hat sich in der Pandemie verändert. Menschen mit Behinderung sind derzeit oft einsam.

In Coronazeiten leiden viele Menschen unter den Kontaktbeschränkungen und weggebrochenen Strukturen. Besonders hart trifft die aktuelle Situation Menschen mit Behinderung, die oft weniger mobil und auf einen möglichst geregelten Alltag angewiesen sind. In diesen Zeiten ist die Arbeit in den Essener Beratungsstellen noch wichtiger als sonst, allerdings auch komplizierter.

Allein in Essen unterhält der Landschaftsverband Rheinland (LVR) sechs solcher Büros. Das Angebot existiert seit 16 Jahren. In den Anlaufpunkten gibt es Informationen und Beratung für Behinderte und ihre Angehörigen zu Freizeit- und Berufsangeboten, Wohnmöglichkeiten, Hilfsmitteln, Zuschüssen sowie Kontakten zu anderen Dienstleistern.

Beratungsstellen kümmern sich zum Beispiel um Wohnmöglichkeiten

„Wir vermitteln zum Beispiel Plätze im Betreuten Wohnen oder in Wohnheimen, jedoch keine privaten Wohnungen, verweisen aber zum Beispiel auf Wohnungsgesellschaften“, beschreibt Barbara Kohlmann von der Beratungsstelle Huttrop die Arbeit, die im Prinzip gut angenommen werde. Die Koordinierungs-, Kontakt- und Beratungsstellen, kurz Kokobe genannt, haben die persönlichen Gespräche wegen Corona stark eingeschränkt, sind aber telefonisch oder per Mail weiter erreichbar.

Aktuell seien nicht nur Auskünfte gefragt, sondern verstärkt auch seelischer Beistand. „Die Menschen sind oft einsam, kommen mit der Situation nicht gut klar und brauchen manchmal einfach jemanden, der mal zuhört. Wir treffen uns dann bei Bedarf zu einem Spaziergang oder machen Hausbesuche im Garten“, sagt Barbara Kohlmann.

Fehlende Kontakte belasten Menschen mit Behinderung oft sehr

„Präsenzveranstaltungen oder die Wohnungsbörse für Menschen mit Behinderung fallen derzeit weg“, sagt die Sozialarbeiterin. Das gelte auch für Angebote von Behinderten für Behinderte. Die Bedingungen, unter denen die Werkstätten – wenn überhaupt – öffnen könnten, änderten sich dauernd. Oft befänden sich Mitarbeiter im Homeoffice, was aber aufgrund fehlender Betreuungsmöglichkeiten nicht wirklich gut funktioniere.

Viele Menschen mit Behinderung hätten zudem Probleme, ihre Freizeit allein zu gestalten, und Treffen seien ja nur stark eingeschränkt möglich. „Wir müssen gerade ständig schauen, dass nicht zu viele Menschen oder Haushalte zusammenkommen“, sagt Barbara Kohlmann, die sich die Arbeit in Huttrop mit einer Kollegin teilt. In 2019 habe es 162 Anfragen gegeben, in Coronazeiten im Jahr 2020 seien es nur noch 136 gewesen.

Sechs Anlaufstellen in Essen

Es gibt drei Beratungsstellen (Kokobe) des Landschaftsverbandes Rheinland in Essen, in Huttrop/Steele, Mitte und dem Nordviertel, dazu drei Nebenstellen in Frohnhausen, Haarzopf und Schonnebeck. Weitere Infos: 0201/860 72 77 oder auf www.kokobe-essen.de

Viele Klienten leiden unter der Situation, zum Beispiel Stefanie Müsch. Die junge Frau hat eine leichte geistige Behinderung und ihr Leben eigentlich gut im Griff. Aber die coronabedingten Einschränkungen machen ihr trotzdem sehr zu schaffen. Normalerweise fährt sie morgens in die Schneiderei der Franz-Sales-Werkstätten: „Im letzten Jahr haben wir 10.000 Stoffmasken für das Franz-Sales-Haus genäht“, berichtet sie. Nun ist sie schon seit Wochen im Homeoffice, denn in den Werkstätten sind jetzt medizinische Masken vorgeschrieben. „Den ganzen Tag mit dieser Maske arbeiten, das geht nicht“, erklärt sie.

Stefanie Müsch lebt allein in einer kleinen Wohnung, der Kontakt zu Familie, Freunden und Arbeitskollegen fehlt ihr sehr, es gibt nur wenig Abwechslung. „Sonst habe ich manchmal ehrenamtlich bei Veranstaltungen der Kokobe geholfen“, berichtet sie und hofft, dass das möglichst schnell wieder möglich sein wird.