Essen. Erstmals kooperieren Folkwang Universität und Schauspiel Essen im Regiefach. Wie Absolvent Damian Popp nun trotz Corona den Arbeitsalltag erprobt
Frischgebackene Regisseure gucken in Corona-Zeiten erstmal in die Röhre. Da arrivierte Kollegen schon angesichts abgesagter Premieren sehen müssen, wo sie bleiben, gibt es für Anfänger schlechte Aussichten. Rund 300 Bewerbungen hat Damian Popp, Folkwang-Absolvent im Fach Regie, geschrieben. Ohne Erfolg. Die neue Kooperation mit dem Schauspiel Essen macht ihm zum Ende des Studiums eine Inszenierung unter den Bedingungen einer städtischen Bühne möglich.
Die Zusammenarbeit zwischen Schauspiel und Folkwang Universität schien auf Eis zu liegen seit der Ansiedlung des Schauspielstudiengangs in Bochum, denn die Abschlussproduktionen sind fest am dortigen Schauspielhaus verankert. „Der Kontakt ist nie ganz eingeschlafen“, versichert Carola Hannusch, Dramaturgin am Schauspiel Essen. „Es gab zuletzt den Einsatz von zwei Physical-Studierenden bei einem Projekt der Theaterpädagogik, das noch nicht gezeigt werden konnte. Die Regie ist ein neuer Ansatz.“
Folkwang-Professorin initiiert neue Kooperation
Folkwang-Professorin Lisa Nielebock, die ihr eigenes Examen 2004 in Werden mit „Elektra“ vergleichsweise unbeschwert machen konnte, hat ihn an der hessischen Theaterakademie entdeckt und vorgeschlagen. Seit sieben Jahren leitet sie den Regie-Studiengang und möchte den Studierenden den Übergang in das Berufsleben erleichtern. Ein geeigneter Kandidat kann nun seine Abschlussarbeit am Schauspiel Essen zeigen. „Die Produktion wird von der Uni finanziell mitgetragen. Wir bringen Schauspieler und Werkstätten mit ein“, so Carola Hannusch. Eine Win-win-Situation. Zumal sie sich einen besonderen Nachwuchskünstler ausgesucht haben.
Damian Popp bringt „einen Haufen Potenzial“ mit: Vom linken Niederrhein aus startete er zunächst nach Mainz zum Studium der Musik- und Theaterwissenschaften, sammelte Erfahrungen als Regieassistent vom Berliner Ensemble bis zum Ohnsorg-Theater und realisierte Stücke vor allem in der freien Theaterszene. Davon zeugt seine Homepage. Selbst von Corona-bedingten Beschränkungen lässt er sich nicht die Kreativität nehmen. Unter anderem entstanden ein mobiles Kinderstück und mit „Nina“ ein erfolgversprechender Theaterfilm nach Tschechows „Die Möwe“.
Anspielungsreicher Monolog zum Thema Pandemie
„Ein Kampf“, sagt die Dramaturgin, war die Stückauswahl für das Schauspiel Essen. Sollte es doch ein Text zur Pandemie sein. „Das allein war schwierig. An Schauspielern waren bis zu drei Herren, aber keine Frauen frei.“ Die Wahl fiel auf Falk Richters Monolog „Fünf gelöschte Nachrichten“, der im vergangenen Jahr beim Kunstfest Weimar nach dem ersten Lockdown uraufgeführt wurde. Es ist der kafkaeske Alptraum eines Schauspielers, der eigentlich Faust spielen sollte und jetzt isoliert in seinem Studierzimmer über sich und die Missstände in der Gesellschaft nachdenkt.
Die kritische Haltung des Autors und der anspielungsreiche wie poetische Text haben Damian Popp ebenso begeistert wie die Voraussetzungen an der Bühne: „In so einem strukturierten, reglementierten Betrieb muss man nur Ideen liefern. Ich bin total zufrieden mit den Gewerken. Die hatten so richtig Lust zu arbeiten und haben mich mit offenen Armen aufgenommen.“ Das Bühnenbild von Marlene Lücker hat seine Vorstellungen weit übertroffen.
Einzig das Proben unter Corona-Bedingungen war anstrengend. Jede Stunde musste eine Pause gemacht werden. Das hat Schauspieler Dennis Bodenbinder immer wieder ausgebremst. „Ich fühle mich sehr verbunden mit dem Schauspieler. Von daher war es auch für mich schwer.“ Die Inszenierung ist fertig geprobt, der Termin für die Premiere in weite Ferne gerückt. Doch Damian Popp bleibt Optimist: „Es wird irgendwann gespielt werden.“ Auf seiner Homepage hat er den 21. Mai eingeplant.