Essen. Essens Ordnungsdezernent ist alarmiert: Verstöße gegen Corona-Regeln nähmen klar zu. Und: Die Essener reagierten zunehmend gereizt und aggressiv.

Die Ängste in der dritten Corona-Welle, die niedrige Impfquote und ständig neue Pandemie-Regeln lassen auch die Menschen in Essen zunehmend gereizt erscheinen. Ordnungsdezernent Christian Kromberg beobachtet nach mehr als einem Jahr Corona-Krise eine besorgniserregende Entwicklung: „Die Verstöße gegen die Corona-Schutzmaßnahmen nehmen zu, das ist deutlich zu sehen.“ Und er fügt hinzu: „Die Menschen, auch in unserer Stadt, werden der vielen Regelungen müde.“

Für die zunehmende Gereiztheit der Menschen macht der Essener Spitzenbeamte auch die Verantwortlichen in Berlin und in den Ländern verantwortlich. „Das viele Hin und Her zwischen Lockdown und vorsichtigen Öffnungsschritten ist dabei nicht sehr hilfreich.“

Ein Jahr Corona: Stadt hat in 6.767 Fällen Bußgelder über 846.057 Euro verhängt

Seit Ausbruch der Corona-Krise in Essen vor 13 Monaten hat die Stadt Essen in 5.964 Fällen (Stand 31. März) Ordnungswidrigkeiten-Verfahren eingeleitet. Hinzu kämen 803 Verfahren in den Sparten Gaststätten, Prostitutionsschutz und Gewerbe. Das mache unterm Strich 6.767 Ordnungswidrigkeiten-Verfahren. Seit Einführung der Corona-Schutzmaßnahmen in Essen hat die Stadt Bußgelder über insgesamt 846.057 Euro verhängt. Zum Vergleich: Mitte Januar 2021 sprach die Stadt noch von 3500 Verfahren und zusammen 605.000 Euro Bußgeld.

Spektakuläre Einzelfälle haben Essen zum Teil auch bundesweit in die Schlagzeilen gebracht – wie etwa der Fall des Bundesliga-Stars Breel Embolo, den die Essener Polizei bei einer unerlaubten Party in einem Lokal am Baldeneysee erwischte. Erst vor kurzem ist die illegale Fete in der Drehscheibe von Essens „Schlagergott“ René Pascal aufgeflogen, kurz vor Weihnachten lief die Party in einer Essener Zahnarztpraxis aus dem Ruder. Eine Polizistin wurde dabei durch einen Biss in den Finger verletzt, die Feiernden landeten vorübergehend im Polizeigewahrsam.

Das Ordnungsdezernat macht deutlich, dass Verstöße überall im Stadtgebiet und in jeder Altersgruppe festgestellt würden. „Ob illegale Partys, fehlende Hygienemaßnahmen beim Gottesdienst oder nicht eingehaltene Abstände in Warteschlangen beim Takeaway in der Gastronomie – wir sprechen die Leute an und ermahnen, wo es möglich ist, und zeigen Ordnungswidrigkeiten an, wo es nötig ist.“ Egal ob Promi oder einfacher Bürger: Vor dem Gesetz seien alle gleich zu behandeln, betont Kromberg.

Dezernent: Akzeptanz in der Bevölkerung schwindet, die Leute werden dünnhäutiger

Nach mehr als einem Jahr Pandemie bereitet den Verantwortlichen im Rathaus die jüngste Entwicklung zunehmend Kopfzerbrechen. „Die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Corona-Schutzmaßnahmen schwindet und die Leute werden dünnhäutiger.“ Bedauerlicherweise komme es immer wieder vor, dass die Menschen aggressiv auf die Ansprachen der Ordnungskräfte reagierten. Kromberg: „Glücklicherweise gab es noch keine tätlichen Angriffe.“

Ebenfalls an vorderster Corona-Front im Einsatz sind die Kräfte der Einsatzhundertschaft der Essener Polizei. Eine erhöhte Aggressivität sei nicht festzustellen, bilanziert Polizeisprecher Marco Ueberbach. „Aber besonders bei jungen Menschen, die schwer an der Pandemie zu knacken haben, liegen die Nerven inzwischen blank.“

Polizeisprecher: „Partygeschehen verlagert sich zunehmend in die eigenen vier Wände“

Zwar halte sich der Großteil der Essener brav an die Corona-Regeln, doch immer häufiger zeige sich, dass sich das „nicht-Corona-konforme“ Partygeschehen nun in die eigenen vier Wände verlagere. Nach Hinweisen und Beschwerden von genervten Nachbarn würden die Einsatzkräfte in den Wohnungen dann auf größere Gruppen treffen. „Die Leute treten den Beamten sehr gereizt und zum Teil aggressiv entgegen, die Emotionen kochen regelrecht über.“

Anders als bei der klassischen Ruhestörung noch vor der Pandemie müssten Zusammenkünfte und Feten, die gegen die Corona-Regeln verstießen, nun umgehend aufgelöst werden. Ueberbach: „Um die Lage zu deeskalieren, benötigen die Einsatzkräfte viel Fingerspitzengefühl.“