Essen. Während der Corona-Krise wurde Star-Pianist Igor Levit für viele Fans zum „Botschafter der Hoffnung“. In Essen begeisterte er nun mit Beethoven.

Eigentlich sollte Igor Levit mit einem mehrteiligen Künstlerportrait in der Philharmonie geadelt werden. Nun konnte der gefeierte Starpianist coronabedingt wenigstens per Livestream zu einem Klavierabend nach Essen kommen. Sehr zur Freude seiner vielen Fans, die der Musiker während der Pandemie immer wieder mit seinen Wohnzimmerkonzerten erreicht hat, wie in den Onlinekommentaren zu lesen war („Botschafter der Hoffnung“, „zu Herzen gehend“, „trägt sein Publikum durch die Pandemie“).

Vollkommen fokussiert auf Beethoven

Ein Saal ohne Publikum, ein Podium ohne Blumenschmuck: der 34-Jährige war ebenso wie die bis zu 1000 Zuschauer an den Bildschirmen vollkommen fokussiert auf Beethoven, der nach Levits eigenem Bekunden „die menschlichste Musik von allen“ geschrieben hat.

Und so war denn sein Programm weniger auf äußeren Kontrast angelegt als auf inneren Zusammenhang, werden seine letzten drei Sonaten Nr. 30-32 doch gern als Einheit gesehen, die nicht den stürmisch-wütenden, sondern den versöhnlichen Beethoven hervorkehrt. Gewiss, da prallen etwa in op. 109 wuchtige Akkordik und melodische Wärme aufeinander, da überwältigen am Schluss der As-Dur-Sonate die übereinander getürmten Klangmassen, die Igor Levit mit Kraft und unbändigem Temperament so souverän in den Raum stellt. Doch wenn er in op.110 „molto espressivo“ den Geist Mozarts und Schuberts gleichermaßen zum Singen bringt, zeigt er uns das Licht, das Glück, die Menschlichkeit Beethovens auf berührende Weise.

Levit vermag das Kaleidoskop der Gefühle zum Ganzen zu verschweißen

Levit vermag das Kaleidoskop der Gefühle zum Ganzen zu verschweißen, gestützt von der perlenden Brillanz seines Spiels, der leuchtenden Farbgebung dank subtiler Anschlagsnuancierung, seines entrückten und doch kontrolliert-geerdeten Ausdrucksvermögens. War schon die glasklare Fuge der Nr. 31 ein kleines Universum in sich, entschwebte der lange Variationensatz der letzten Sonate nach poetischer, liebevoller Ausgestaltung im verklärenden C-Dur.